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Die Klimawende moderieren

Drei Teams der Freien Universität wurden im Wettbewerb Research to Market Challenge für ihre forschungsbasierten Geschäftsideen ausgezeichnet. campus.leben stellt sie vor. Teil 2: Planeteers

28.09.2023

Mit ihrem Konzept für „Planeteers“ hat die Umweltpsychologin Sophie Apel den ersten Platz in der Kategorie „Sustainability x Society“ belegt.

Mit ihrem Konzept für „Planeteers“ hat die Umweltpsychologin Sophie Apel den ersten Platz in der Kategorie „Sustainability x Society“ belegt.
Bildquelle: Berliner Sparkasse

In der Start-up-Welt sind Einhörner vor einem Verkauf oder Börsengang mindestens eine Milliarde US-Dollar wert. Auch in Deutschland gab es schon einige davon, etwa der Web-Übersetzer DeepL oder der Lieferdienst Flink. Aber wie sehen die Wundertiere aus, wenn sie noch klein sind? Vielleicht wie die Geschäftsideen der drei Teams aus der Freien Universität, die im Wettbewerb Research to Market Challenge prämiiert wurden?

Ausgeschrieben wird der Wettbewerb jedes Jahr von Science & Startups, dem Verbund der Start-up-Services von Freier Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, Technischer Universität Berlin und in Kooperation mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin. In drei Kategorien gibt es Preisgelder von insgesamt 9.000 Euro zu gewinnen. Teilnehmen können Studierende, Absolvent*innen, Promovierende und wissenschaftliche Mitarbeitende. Mehr Informationen

Planeteers: Platz 1 in der Kategorie „Sustainability x Society“

Mit ihrem Konzept für „Planeteers“ hat Sophie Apel den ersten Platz in der Kategorie „Sustainability x Society“ belegt. Die Umweltpsychologin beschäftigt sich mit einem drängenden Problem: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz möchte bis 2030 die Energieleistung aus Windkraftanlagen etwa verdoppeln und die aus Solaranlagen vervierfachen. Planung und Umsetzung solcher Projekte kommen aber oft nur schleppend voran, unter anderem auch deswegen, weil Anwohner*innen sich nicht gehört fühlen oder schlicht dagegen sind.

Wie kann die Energiewende gelingen, wenn für konkrete Bauprojekte häufig die Akzeptanz fehlt? „An vielen Universitäten wird erforscht, wie Bürger*innen an der Planung von Energieanlagen beteiligt werden können und sollten, was gut funktioniert und was dabei schiefgehen kann“, sagt Sophie Apel. Nach einem Psychologiestudium an der Freien Universität hat sie ihren Master in Umweltpsychologie im niederländischen Groningen absolviert. Ehrenamtlich engagiert sie sich bei „GermanZero“, einer Nichtregierungsorganisation, die Deutschland bis 2035 klimaneutral machen will.

Energiewende? Ja, aber nicht vor der eigenen Haustür. Oft spaltet ein Plan für einen neuen Windpark die Anwohner*innen in der Nachbarschaft.

Energiewende? Ja, aber nicht vor der eigenen Haustür. Oft spaltet ein Plan für einen neuen Windpark die Anwohner*innen in der Nachbarschaft.
Bildquelle: Pixabay

Effektive Kommunikation und spielerische Formate

Wie Bürger*innenbeteiligung auf Augenhöhe, akzeptanzfördernd und effektiv organisiert werden könne, hätten Arbeiten des Forschungszentrums für Nachhaltigkeit der Freien Universität, der Universitäten in Magdeburg und Halle-Wittenberg oder der Universität Groningen gezeigt, sagt die Umweltpsychologin. Für den Wettbewerb hat sie ein Konzept entwickelt, wie private Bauträger, Kommunen und Länder von diesen Erkenntnissen profitieren können: Dos und Don’ts, effektive Kommunikation und Formate mit spielerischen Elementen gehören dazu. „Wichtig ist etwa, von Anfang an mit einer repräsentativen Gruppe von Anwohner*innen zusammenzuarbeiten“, erläutert sie. Andernfalls seien die Gegner*innen häufig überproportional in der Diskussion vertreten.

Ein interaktives Tool soll Projektträger unterstützen

Planeteers hat Sophie Apel ihre Unternehmensidee genannt, aber: „Den Namen muss ich wahrscheinlich noch ändern, weil in Hamburg kürzlich ein Start-up gegründet wurde, das genauso heißt“, schränkt sie ein. Anfangs sollen die Mitarbeiter*innen Beratung und Organisation der Partizipationsformate persönlich übernehmen. Später will sie ihren Kund*innen in Workshops und Seminaren vermitteln, wie diese selbst erfolgreiche Beteiligungsprozesse organisieren können.

Ein interaktives Tool in Form einer App oder Software soll Projektträger dabei unterstützen, etwa Veranstaltungsformate und Checklisten für den Ablauf liefern sowie Moderator*innen und Expert*innen vermitteln. Vorgesehen ist auch ein Instrument zur Evaluation der Beteiligungsprozesse, damit die Erkenntnisse aus der Praxis in die Forschung zurückfließen können.

„Mehr Professionalität, Transparenz, Mitbestimmung und Kooperation kann allen Seiten helfen“, sagt Sophie Apel. „Die Positionen der Anwohner*innen werden ausgewogen repräsentiert, Bauträger*innen können Probleme klären und potenziellen Klagen vorbeugen, die Kommunen erreichen ihre Klimaziele schneller.“

Sie brennt für die Idee und möchte gern Vollzeit an der Gründung arbeiten

Sophie Apel engagiert sich auch ehrenamtlich bei „GermanZero“, einer Nichtregierungsorganisation, die Deutschland bis 2035 klimaneutral machen will.

Sophie Apel engagiert sich auch ehrenamtlich bei „GermanZero“, einer Nichtregierungsorganisation, die Deutschland bis 2035 klimaneutral machen will.
Bildquelle: Carl Leonhard Zimmer

Nach der Abschlussveranstaltung der Research to Market Challenge war sie überwältigt: „Ich hatte nicht damit gerechnet zu gewinnen. Das positive Feedback hat mich bestärkt, die Gespräche im Anschluss an die Preisverleihung haben mir viel Selbstbewusstsein und Mut gegeben.“ Sie brenne für ihre Idee und möchte gerne Vollzeit an einer Gründung arbeiten, sagt die Psychologin. Dazu muss sie jedoch ihren festen Job in einer Unternehmensberatung aufgeben.

Im Austausch mit Gründungsberaterin Anna Figoluschka prüft sie daher gerade, welche Stipendien für das Projekt in Frage kommen. Eine ehemalige Kommilitonin sei interessiert, in das Abenteuer Unternehmensgründung einzusteigen, berichtet sie. Vielleicht würde auch ihr Lebenspartner mitmachen, sie müsse aber noch genau überlegen, ob das wirklich passt.

Einen Milliarden-Exit hat Sophie Apel dabei nicht im Kopf. Wichtiger ist ihr, dass die Energiewende schneller vorankommt und unser Planet für Menschen bewohnbar bleibt.

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