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„Man muss sich auf die Gegenwart konzentrieren“

Podiumsdiskussion an der Freien Universität zur Ausbildungssituation geflüchteter Syrer in Deutschland

17.06.2016

Teilnehmer aus aller Welt saßen im Publikum der vierten internationalen Jusoor-Konferenz.

Teilnehmer aus aller Welt saßen im Publikum der vierten internationalen Jusoor-Konferenz.
Bildquelle: DAAD

Diskutierten über die Ausbildungssituation geflüchteter Syrer in Deutschland: Christian Müller, Edgar Kaade, Esther Saoub, Bashar Diar Bakerly und Florian Kohstall (v.l.n.r).

Diskutierten über die Ausbildungssituation geflüchteter Syrer in Deutschland: Christian Müller, Edgar Kaade, Esther Saoub, Bashar Diar Bakerly und Florian Kohstall (v.l.n.r).
Bildquelle: Jusoor

Im Henry-Ford-Bau der Freien Universität herrschte reges Treiben: Teilnehmer aus aller Welt tummelten sich auf der vierten internationalen Jusoor-Konferenz. Die Nichtregierungsorganisation engagiert sich für junge Flüchtlinge aus Syrien, die ihr Studium in anderen Ländern fortsetzen müssen. Die Besucher der Konferenz, die in Kooperation mit der Freien Universität und dem DAAD organisiert wurde, kamen beispielsweise aus Portugal, England, der Türkei und Syrien. Der Tag startete mit einer Podiumsdiskussion über die Möglichkeiten für syrische Studierende in Deutschland. 

Den Anfang des von der Journalistin Esther Saoub moderierten Gesprächs machte Christian Müller, Direktor der Abteilung Strategie des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Er berichtete von dem 2014 gestarteten Programm „Leadership for Syria (LfS)“ des DAAD, das jährlich 200 syrischen Studierenden einen Studienplatz in Deutschland vermittelt. Bewerbungen hätte es dieses Jahr allerdings 5000 gegeben. „Da bekommen Sie einen Eindruck von dem großen Bedarf“, sagte Müller.

Entscheidend sind Sprache und Studienwahl

„Ich bin nach Deutschland gegangen, weil die Universitäten hier einen flexiblen Einstieg boten“, berichtete Edgar Kaade, der seit 2015 Biomedizin in Bonn studiert und an dem LfS-Programm teilnimmt. Begonnen hatte er sein Studium in Aleppo, ursprünglich wollte er es in Frankreich fortsetzen, aber damals fehlten ihm für die Bewerbung notwendige Formulare. „In Deutschland konnte ich die nachreichen“, sagte der Student.

Bashar Diar Bakerly, syrischer DAAD-Alumnus, ist schon 2002 nach Deutschland gekommen, lange vor Beginn des Bürgerkriegs – aus fachlichen Gründen. „Ich habe Chemie studiert, da war Deutschland die erste Wahl“, erzählte er.

Der vierte in der Podiumsrunde war Florian Kohstall, Koordinator der Initiative Welcome@FUBerlin, die geflüchteten Menschen den Zugang zum Studium an der Freien Universität erleichtern soll. Damit die Integration funktioniere, seien zwei Dinge wichtig, sagte Kohstall: Sprachkenntnisse und Studienorientierung. Um sich für ein Bachelorstudium an der Freien Universität bewerben zu können, müssten die Flüchtlinge zunächst Deutsch lernen. „Wir bieten an der Freien Universität verschiedene Sprachkurse an“, sagte der Politikwissenschaftler. „Die Nachfrage ist sehr groß. Orientierung spielt dabei eine wichtige Rolle, hier helfen wir. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen sich erst mit dem vielfältigen Studienangebot an der Freien Universität vertraut machen“, sagt Kohstall.  

Die Rückkehr ist ungewiss

Christian Müller forderte vor allem mehr Geld für die Universitäten, um Flüchtlingen den Zugang zu Hochschulen zu ermöglichen. Zum Abschluss der Diskussion warf Moderatorin Saoub eine schwierige Frage auf: Werden die syrischen Studierenden in ihre Heimat zurückkehren, wenn es einst wieder Frieden geben wird? Oder wollen sie sich hier eine Zukunft aufbauen? „Ich wollte hier eigentlich nur studieren“ antwortete Kaade. „Doch ob und wann ich zurückgehe, kann ich jetzt nicht sagen.“ Bakerly ist sich sicher, dass viele hier ausgebildete Syrer dauerhaft in Deutschland bleiben werden. „Egal, wie sie heute darüber denken: In ein paar Jahren werden sie sich verändert haben, vielleicht haben sie dann schon eine eigene Familie gegründet. Man muss sich auf die Gegenwart konzentrieren.“

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