Cornelia Ortlieb (Freie Universität) im Gespräch mit Maren Jäger (Freie Universität)
Weiße Pfauen, Flügelschrift. Mallarmés poetische Papierkunst und die Vers de circonstance · Verse unter Umständen
Stéphane Mallarmé ist eine Zentralfigur der poetischen Avantgarden. Neben Gedichten wie „L’Après-midi d’un faune“ oder „Un coup de dés“, die als Klassiker des Symbolismus gelten, hinterließ er eine weniger bekannte Fülle von Gelegenheitsgedichten, Vers de circonstance – Miniaturen zu bestimmten Anlässen und auf ungewöhnlichen Objekten: Mallarmé nutzte die begrenzte Beschreibfläche von Fächern, Kieselsteinen, Visitenkarten, Photographien u.v.m.
Cornelia Ortlieb betrachtet Stéphane Mallarmés poetische Papierkunst und die Vers de circonstance · Verse unter Umständen in ihrer einmaligen materialen Einheit von Objekt, Schriftgebilde und Vers in Weiße Pfauen, Flügelschrift (2020) als (Buch-) Bastelarbeiten und Farbenkunst und untersucht sie mit Blick auf ihre Aneignung geselliger Praktiken, Rituale und Zirkulationsformen sowie als west-östliches Projekt im Zeichen von Mehrsprachigkeit und Hybridisierung. Nach ihrer Monografie hat sie im vergangenen Jahr gemeinsam mit Christin Krüger, Felicitas Pfuhl, Kristin Sauer, Katherina Scholz und Vera Vogel Mallarmés 184 Vers de circonstance – Verse unter Umständen aus dem Französischen übersetzt und herausgegeben.
Beide Bücher sind eine wunderbare Grundlage für ein Gespräch zwischen den Germanistinnen und Komparatistinnen Cornelia Ortlieb und Maren Jäger über die Poetik und die konstitutive Adressiertheit vieler Gedichte Mallarmés, über die Schwierigkeiten ihrer Übersetzung und Kommentierung, über das Wechselspiel von Form und Format, Okkasionalität und Überzeitlichkeit, Abstraktion und Konkretion – und über den poetischen Eigensinn, den diese Miniaturen als In- und Aufschriften entwickeln.
Cornelia Ortlieb
Professorin für Deutsche Philologie (Neuere deutsche Literatur mit Schwerpunkt Literatur der Klassischen Moderne) an der FU Berlin seit 2019. Stellvertretende Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Deutsche und Niederländische Philologie und PR im Exzellenzcluster Temporal Communities.
Promotion 1999 über Poetische Prosa. Beiträge zur modernen Poetik von Charles Baudelaire bis Georg Trakl, von 1999 bis 2007 wissenschaftliche Assistentin für Neuere Deutsche Philologie und Vergleichende Literaturwissenschaft am Institut für Literaturwissenschaft der TU Berlin. Nach der Habilitation 2006 mit einer Arbeit über Friedrich Heinrich Jacobi und die Philosophie als Schreibart (TU Berlin) Privatdozentin an der TU Berlin, Professurvertretungen in Bielefeld, an der TU Braunschweig, der TU Berlin und der LMU München. 2011 bis 2014 Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der LMU, 2014 bis 2019 Inhaberin des Lehrstuhls für Komparatistik an der FAU Erlangen-Nürnberg. Forschungsinteressen u. a.: europäische Literaturgeschichte (18.–20. Jh.), Popmusikliteratur, Literatur- und Kulturgeschichte des Wissens, Denken auf Papier, Theorie des Materials und der Materialität in den Künsten. Forschungsprojekte: Berliner Moderne, Berliner Theater; Literarische Mehrsprachigkeit und Übersetzung 1730-1830; negative Zirkulation, digitale Konstruktionen von Autorschaft.
Maren Jäger
Promotion 2006 über Die Joyce-Rezeption in der deutschsprachigen Erzählliteratur nach 1945. 2002-2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin an Universitäten in Mainz, Duisburg-Essen und Flensburg; 2017 bis 2021 Postdoktorandin im Graduiertenkolleg Literatur- und Wissensgeschichte kleiner Formen an der HU Berlin, Habilitation 2023 über brevitas – Kürze zwischen Ökonomie und Ästhetik. Nach Vertretungs- und Gastprofessuren an der HU Berlis seit Herbst 2023 akademische Direktorin von echo – Center for the Study of Rhetoric between Old and New Media an der FU Berlin. Forschungsinteressen: Gattungstheorie und Geschichte der Lyrik, Medialität und Aura der Stimme, Lyrikanthologie, Totenklage, Kalenderpoetik. Außerdem Lyrikkritikerin (u. a. für DLF/DLF Kultur), Moderatorin bes. v. Lyrikveranstaltungen und Mitglied in div. Literaturpreisjurys.
Wir bitten um Anmeldung bis zum 20. Mai.
Zeit & Ort
03.06.2024 | 18:15
Freie Universität Berlin
Seminarzentrum, Raum L 116
Otto-von-Simson-Straße 26
14195 Berlin