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Wie neue Ideen ihren Markt finden

Ein Team der Freien Universität berät Forschende rund um Erfindungen, Patente und Unternehmensgründungen

15.02.2024

Was mache ich aus meiner Erfindung? Teresa Kollakowski (links) und Christine Reuter können helfen.

Was mache ich aus meiner Erfindung? Teresa Kollakowski (links) und Christine Reuter können helfen.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Wie oft wird an d e r Freien Universität Berlin eigentlich etwas erfunden? Christine Reuter kennt sich damit aus. Die promovierte Biochemikerin hat zwei Biotech- Unternehmen und eine freie Schule mitgegründet, als Innovationsmanagerin gearbeitet und leitet nun das Team Rechtsangelegenheiten bei Forschung und Transfer in der Abteilung Forschung der Freien Universität Berlin. Jedes Jahr bearbeitet sie 15 bis 20 Erfindungsmeldungen, vor allem aus den Fächern Biologie, Chemie, Pharmazie, Veterinärmedizin und Physik. Etwa 10 bis 15 dieser Erfindungen meldet die Freie Universität zum Patent an.

Auch Lars Mundhenk, Wissenschaftler am Fachbereich Veterinärmedizin, präsentierte ihr seine Idee für einen Schnelltest auf Pferdeasthma (siehe Seite 13). Während er sprach, ging Christine Reuter im Kopf die Kriterien für eine Erfindung durch: Ist die Idee völlig neu und unveröffentlicht? Ist sie erfinderisch, also überraschend für Fachleute? Und: Ist sie wirtschaftlich anwendbar? Im Fall von Lars Mundhenk gab es drei grüne Häkchen.

Lohnt sich die Patentierung?

Für die Patentberatung holte Christine Reuter spezialisierte Patentanwälte ins Boot. Gemeinsam prüften sie, welche Aspekte der Forschung und Entwicklung die besten Chancen auf Patentierung haben. Die Erstanmeldung kostet etwa 6000 Euro, ein umfassender Patentschutz für einzelne Länder und mehrere Jahre ist weitaus teurer. „Spätestens zweieinhalb Jahre nach der Erstanmeldung sollte man wissen, wie mit dem Patent Einnahmen erzielt werden können“, betont Christine Reuter. Dann könne die Universität nicht mehr in finanzielle Vorleistung gehen.

In der sogenannten Validierungsphase entwickeln die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Idee in Richtung eines marktfähigen Produkts weiter. Unterstützt werden sie unter anderem von Teresa Kollakowski. Sie ist Transfermanagerin bei Profund Innovation, der Service-Einrichtung für die Förderung von Unternehmensgründungen und Innovationen in der Abteilung Forschung der Freien Universität, und weiß, wie man für die finanziell herausfordernde Phase Fördermittel beantragt. „Ein Patent ist hilfreich, weil es einen Wettbewerbsvorteil sichert, aber keinesfalls notwendig“, betont sie. Tatsächlich sind Patente eher die Ausnahme als die Regel. „Das geschriebene Wort – etwa in den Geistes- und Sozialwissenschaften – fällt nicht unter das Patentrecht, sondern unter das Urheberrecht,“ erläutert Christine Reuter. Auch dazu berät sie Forschende, ebenso zum Schutz von Algorithmen und Software.

Lizenzieren oder gründen?

Innovation genutzt werden soll, ist in der frühen Phase meist noch offen. Vielleicht kauft ein Industriepartner eine Nutzungslizenz oder die Forschenden gründen ein Start-up und bringen ein Produkt auf den Markt. „Das hängt davon ab, wie sie ihre eigene Rolle sehen“, sagt Teresa Kollakowski. Manche fühlen sich in der Wissenschaft wohler, andere entdecken ihr unternehmerisches Talent. Für alle hat Profund Innovation passende Angebote: Workshops, Vernetzungstreffen, Weiterbildungen, Kontakte zu Branchenfachleuten, Industriepartnern und Investoren.

Um neue Ideen aufzustöbern, ziehen Teresa Kollakowski, Christine Reuter, ihre Kolleginnen und Kollegen mit einer Roadshow durch die Forschungsgruppen der Freien Universität. In 15 Minuten erklären sie die Grundbegriffe: Erfindung, Patent, Förderprogramme, Verwertung, Lizenz, Gründung. Manchmal zündet sofort ein kreativer Funke bei den Zuhörerinnen und Zuhörern. Oftmals braucht es jedoch Zeit, bis die Informationen verarbeitet sind und Früchte tragen.

Gute Aussichten

Kann ein Patent reich machen? Durchaus möglich, sagt Christine Reuter. Besonders in der Pharmaindustrie, wenn das Produkt klinische Tests besteht und schließlich Patienten hilft. Heißer Kandidat ist etwa ein Lebendimpfstoff gegen Corona-Viren, der durch die Nase verabreicht wird. In präklinischen Tests entfachte er eine beeindruckende Immunreaktion. Jakob Trimpert vom Institut für Virologie am Fachbereich Veterinärmedizin steuert das Projekt und kooperiert mit dem Schweizer Unternehmen RocketVax AG, um den Impfstoff auf den Markt zu bringen.

Ebenfalls aussichtsreich ist ein Projekt von Daniel Lauster. Der Professor für Biopharmazeutika hat ein Mittel erfunden, das den Schleim in Atemwegen verstärkt, damit Grippeviren dort schneller gebunden und unschädlich gemacht werden. Sein Vorhaben wird von der Bundesagentur für Sprunginnovationen gefördert, zusammen mit Partnern hat er ein Unternehmen gegründet. „Es ist faszinierend zu beobachten, wie eine Idee wächst und den perfekten Marktfit findet“, sagt Teresa Kollakowski. Die Freie Universität verfüge insgesamt über rund 100 Patentfamilien – eine gute Grundlage für weitere spannende Innovationen.