Springe direkt zu Inhalt

Traumwandelnde Bücherwürmer

Am 8. Juni fand die erste Lange Nacht der Bibliotheken an der Freien Universität in der Philologischen Bibliothek und der Bibliothek des Fachbereichs Erziehungswissenschaft statt

16.06.2011

Als Wladimir Kaminer, Schriftsteller mit russisch-jüdischer Herkunft, aus seinen Kurzgeschichten las, ...

Als Wladimir Kaminer, Schriftsteller mit russisch-jüdischer Herkunft, aus seinen Kurzgeschichten las, ...
Bildquelle: Juliane Bartsch

... war die Erziehungswissenschaftliche Bibliothek der Freien Universität bestens besucht.

... war die Erziehungswissenschaftliche Bibliothek der Freien Universität bestens besucht.
Bildquelle: Juliane Bartsch

„So einen schönen Abend in einer Uni-Bibliothek hätte ich mir zu meiner Studienzeit nicht träumen lassen, ich bin begeistert!“, schwärmte eine Besucherin. Die erste Lange Nacht der Bibliotheken an der Freien Universität verzauberte mit Jazzkonzerten, Performances und Lesungen: neben anderen mit Katharina Hacker, Rafael Horzon und Wladimir Kaminer.

Wladimir Kaminer, der beliebte Schriftsteller russisch-jüdischer Herkunft, las mehrere seiner noch unveröffentlichten humorvoll-melancholischen Kurzgeschichten. Eigentlich las er nicht nur, er ließ skurrile Begegnungen mit wodkatrinkenden Jugendfreunden, wortkargen Brandenburgern und feierwütigen Dresdner Kirchentagsbesuchern bildlich aufleben. Die Besucher der Langen Nacht, die Wladimir Kaminer erleben wollten, mussten sich drängen: auf Sitzen, Treppen und in allen Etagen der Bereichsbibliothek Erziehungswissenschaft.

Ein abwechslungsreiches Programm

Schon ab 19.00 Uhr waren die Besucher der Langen Nacht für das Eröffnungskonzert in die Rost- und Silberlaube der Freien Universität Berlin geströmt: Die Jazzformation Kathrin-Lemke-Trio spielte in der Philologischen Bibliothek auf – und auch diejenigen Studierenden, die zunächst verdutzt auf das Treiben im Foyer geschaut hatten, schlossen sich kurzentschieden den Besuchern an, um das ungewöhnliche Bibliotheksprogramm zu genießen. In einer ersten Lesung setzte sich der Shootingstar der Branche, Rafael Horzon, in Szene. Die aberwitzigen Episoden aus seinem modernen Schelmenroman „Das weiße Buch“ quittierten die Zuhörer mit lautem Lachen. Was pure Phantasie ist oder wahre Geschichte aus dem Leben des Autors, konnte jeder für sich erraten.

Auch Katharina Hacker, die Gewinnerin des Deutschen Buchpreises 2006, war nach Dahlem gekommen: Sie las aus ihrer  Novelle „Die Erdbeeren von Antons Mutter“.

Nicht nur Lesung, sondern auch Action

Ab 23.00 Uhr traten „Die Gorillas“ auf, Berlins bekanntestes Improvisationstheater. Die Schauspieler brachten das Thema „Buch“ in spontanen Szenen auf die Bühne. Auch die amerikanische Künstlerin mp Warming beschäftigte sich in einer Performance mit dem Thema des Abends und des Ortes: Sie vergrub zu den Klängen eines Schmetterlings-Gedichtes von Vladimir Nabokov wissenschaftliche Bücher im Vorhof der Philologischen Bibliothek – was die „Befreiung des Geistes von physischen Strukturen symbolisieren“ sollte. Die Künstlerin erklärte: „Nach Lektüre eines Buches kann sich der Geist vom Medium lösen und zu Höherem aufschwingen.“

Die Architektur und Atmosphäre der von dem britischen Architekten Norman Foster erbauten Philologischen Bibliothek hatte mp Warming auch zu den 33 transparenten Drucken inspiriert, die derzeit in der Rostlaube ausgestellt sind. Zur Freien Universität Berlin hat die Amerikanerin eine besondere Beziehung: „Besonders die Gründungsgeschichte, der unbedingte Wille zur Freiheit der Gedanken, hat mich berührt und begeistert. Die Freie Universität Berlin ist der perfekte Ort, um mit meiner Kunst die Erhebung des Geistes darzustellen.“