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Extra-Tour: Internationales Cricket-Team der Freien Universität erobert Herzen in Cambridge

Cricket wird traditionell im Vereinigten Königreich und im Commonwealth gespielt wird – und auf dem Campus der Freien Universität Berlin. Campus.leben sprach mit einem Mitglied der „Lankwitz Extras“

06.09.2024

Die Zusammensetzung der Mannschaft spiegelt auch die Vielfalt der Extras wider: Fünf Teammitglieder kommen aus Deutschland, drei aus Indien, drei aus Australien, zwei aus England, eines aus Neusseeland und eines aus Kanada.

Die Zusammensetzung der Mannschaft spiegelt auch die Vielfalt der Extras wider: Fünf Teammitglieder kommen aus Deutschland, drei aus Indien, drei aus Australien, zwei aus England, eines aus Neusseeland und eines aus Kanada.
Bildquelle: Lankwitz Extras

Die „Lankwitz Extras“ wurden von den Teilnehmenden eines hochschulübergreifenden Cricket-Kurses gegründet. Zum Team gehören Frauen und Männer aus verschiedenen Nationen, die aus purer Freude am Spiel gemeinsam antreten und den Sport allen Interessierten zugänglich machen wollen.

Im August waren die Lankwitz Extras auf Tour in Cambridge und maßen sich dort mit vier lokalen Teams. Obwohl sie keines der Spiele gewinnen konnten, erwarben sie auf und neben dem Spielfeld viel Respekt und Sympathie und wurden von allen Gegnern eingeladen, den sportlichen Austausch im nächsten Jahr fortzusetzen.

campus.leben sprach mit Milind Pania, Systemadministrator am Institut für Philosophie und Geisteswissenschaften und Cricket-Trainer für die Zentraleinrichtung Hochschulsport.

Der Systemadministrator Milind Pania arbeitet auch als Cricket-Trainer für die Zentraleinrichtung Hochschulsport.

Der Systemadministrator Milind Pania arbeitet auch als Cricket-Trainer für die Zentraleinrichtung Hochschulsport.
Bildquelle: Lorenz Brandtner

Herr Pania, warum heißt das Team der Freien Universität „Lankwitz Extras“?

Die Mannschaft hat sich den Namen ausgesucht, weil er eine lustige Doppelbedeutung hat: „Extras“ sind im Cricket zusätzliche Runs, die durch Fehler der Spieler erzielt werden, nicht durch besondere Leistungen. Das spiegelt unseren Humor wider, aber auch, dass wir uns ständig verbessern wollen. Außerdem betont der Name, dass wir außerhalb der etablierten Cricket-Strukturen stehen. Und Lankwitz, weil wir dort trainieren.

Wie entstand die Idee für die Tour?

Seit dem Sommersemester 2021 bietet der Hochschulsport der Freien Universität kontinuierlich einen Cricket-Kurs an, der sehr gut angenommen wird. Das Training findet in der FU-Sporthalle und auf dem Außengelände des Geocampus in Lankwitz statt. Viele Spielerinnen und Spieler sind schon länger dabei, haben sich in punkto Technik und Taktik enorm gesteigert und waren bereit für den nächsten Schritt: echte Spiele auf einem richtigen Cricket-Platz.

In Berlin gibt es zwei solcher Plätze auf dem Maifeld neben dem Olympiastadion. Wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen den zuständigen Behörden haben wir jedoch im Moment keinen Zugang zu diesen Plätzen.

Damit fehlt in Berlin ein Ort für das inklusive und entwicklungsoffene Cricket, das die Lankwitz Extras repräsentieren. Männer, die das Spiel nicht bereits beherrschen, haben bei den lokalen Vereinen kaum eine Chance. Bei den Frauen mangelt es an Spielerinnen, sodass Begegnungen oft abgesagt werden und Herausforderungen und Trainingsmöglichkeiten fehlen.

Die Idee, nach England und speziell nach Cambridge zu reisen, kam im Oktober 2022 von zwei Teammitgliedern, die persönliche Beziehungen dorthin haben: Jamie Carson ist als Austauschstudent vom Robinson College der Cambridge University in Berlin, und Nathan Walk arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Physik und war selbst länger in Cambridge.

In England ist es völlig normal ist, dass Frauen und Männer zusammen in Amateur-Cricket-Teams spielen, mit und ohne Erfahrung, jung und alt. Das gilt besonders für Formate wie Freundschaftsspiele unter der Woche und die Sonntagsliga.

Wie haben Sie die Tour organisiert?

Die Termine wurden auf August gelegt, weil der Cricket-Kalender in England dann flexibel und das Wetter recht verlässlich ist. Mit ihren Kontakten zum NCI (New Chesterton Institute) Cricket Club konnten Jamie Carson und Nathan Walk vier Spiele gegen vier unterschiedliche Gegner für uns organisieren.

Die Planungen begannen im April, und Ende des Monats hatten wir bereits Flüge und Unterkünfte gebucht. Eine große Herausforderung bestand darin, Touristenvisa für die indischen und südafrikanischen Mitglieder der Extras zu bekommen. Bei der Organisation haben uns Petra Salomon vom Institut für Philosophie und Geisteswissenschaften, Bertram Welker vom Zentrum für Internationale Zusammenarbeit und die Ernst-Reuter-Gesellschaft toll unterstützt. Dafür sind wir sehr dankbar.

Schließlich sind wir mit einem Kader aus sieben Männern und sechs Frauen aufgebrochen, Jamie Carson kam in Cambridge dazu. Die Zusammensetzung der Mannschaft spiegelt auch die Vielfalt der Extras wider: Fünf Teammitglieder kommen aus Deutschland, drei aus Indien, drei aus Australien, zwei aus England, eines aus Neusseeland und eines aus Kanada.

Wie liefen die vier Spiele der Tour ab?

Zuerst haben wir im Parker’s Piece, einem wunderschönen öffentlichen Park im Herzen von Cambridge, gegen das NCI Midweek-Team gespielt. Es war ein 40-Over-Spiel – das bedeutet, dass jedes Team 40 Overs bowlen durfte. Ein Over besteht aus sechs gültigen Würfen. Die Hälfte unserer Mannschaft hat zum ersten Mal auf einem gepflegten Rasen-Wicket gespielt.

Das Spiel endete in einem Unentschieden, was im Cricket besonders für die schwächere Mannschaft ein gutes Ergebnis ist. Obwohl NCI das erfahrenere und technisch versiertere Team war, waren die Extras enorm engagiert und konnten durch eine exzellente Schlagleistung eine Niederlage verhindern. Nach dem Spiel haben sich beide Teams, wie es Tradition ist, im örtlichen Pub zu einem Bier getroffen.

Der nächste Gegner, die Bustards CC, waren ein reines Männerteam, deren Spieler alle über sechzig Jahre alt sind. Vom Alter darf man sich jedoch nicht täuschen lassen, denn viele von ihnen waren in ihrer Jugend semiprofessionelle County-Spieler und haben Jahrzehnte an Erfahrung und Raffinesse auf ihrer Seite. Das Spiel war ein echter Krimi, den wir nur um einen Run im vorletzten Over verloren haben. Die Bustards haben uns versichert, dass sie lange nicht mehr so viel Spaß an einem Cricket-Spiel hatten. Wir haben also zwar wieder nicht gewonnen, aber die Herzen erobert und uns die Einladung zu einem Rückspiel gesichert.

Leider hatten sich im Laufe der ersten beiden Spiele einige Spielerinnen und Spieler verletzt, und wir gingen leicht geschwächt in das dritte Match, ein kurzes 20-Over-Abendspiel auswärts auf dem malerischen Platz von Grantchester CC, direkt neben einem englischen Dorfcafé. Die deutliche Niederlage betrachten wir positiv: Sie hat uns geholfen zu erkennen, wie viel wir noch aufholen müssen, um beim nächsten Mal zu gewinnen.

Zuletzt traten wir gegen Thriplow CC, einen Club aus einem kleinen Dorf außerhalb von Cambridge, an. Nach der Klatsche gegen Grantchester lieferten wir uns gegen Thriplow CC ein spannendes Match und verloren nur knapp mit achtzehn Runs. Die Sympathie unserer Gastgeber haben wir jedoch gewonnen: Wieder wurden wir zu einem Rückspiel eingeladen und haben ein Wappen überreicht bekommen, das wir irgendwann in unserem noch nicht existierenden Clubhaus aufhängen können.

Und wie geht es weiter mit den Extras?

Zunächst erholen wir uns von einer intensiven Woche voller Sport, Reisen und sozialer Kontakte. Und dann beginnen wir mit der Planung für die nächste Tour im kommenden Jahr, denn jetzt kennen wir unsere Gegner, und sie haben uns in ihrem Übermut wieder eingeladen. Außerdem werden wir versuchen, Zugang zum Maifeld am Olympiastadion zu bekommen. In Cambridge haben wir uns ganz gut geschlagen, obwohl wir als Team noch nie auf einem richtigen Cricket-Platz zusammengespielt haben. Aber wir brauchen unbedingt mehr Praxis auf dem Rasen, wenn wir besser werden und die Bekanntheit von Cricket in Berlin steigern wollen. Außerdem ist das Maifeld der einzige repräsentative Ort, an dem wir unsere Freunde aus Cambridge zu einem Rückspiel nach Berlin empfangen könnten.

Die Fragen stellte Marion Kuka

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