„Potenziell wird die ganze Welt zur Leserschaft“
23. bis 29. Oktober: International Open Access Week / World Café am 25. Oktober / Beiträge für Posterausstellung des Open-Access-Büro Berlin können bis zum 1. Oktober eingereicht werden
25.09.2017
2020 sollen nach der Open-Access-Strategie des Berliner Senats 60 Prozent der wissenschaftlichen Publikationen, die in Berlin veröffentlicht werden, online frei zugänglich sein. Auch die Freie Universität engagiert sich seit vielen Jahren für die Idee, wissenschaftliches Wissen für jedermann zugänglich und nutzbar zu machen: Universitätsangehörige haben die Möglichkeit, ihre Forschungsergebnisse und wissenschaftlichen Arbeiten auf universitätseigenen Open-Access-Dokumentenservern zu archivieren oder in Open-Access-Zeitschriften zu publizieren. Campus.leben im Gespräch mit der Open-Access-Beauftragten der Freien Universität Christina Riesenweber und Agnieszka Wenninger vom Center für Digitale Systeme (CeDiS) über die Vorteile von Open Access und die Unterstützungsangebote für Forschende an der Freien Universität.
Frau Riesenweber, was genau versteht man unter Open Access? Und was bedeutet „frei“ in diesem Zusammenhang?
Open Access bezeichnet den freien Zugang zu wissenschaftlichen Forschungsergebnissen, vor allem zu Zeitschriftenartikeln, aber auch zu Büchern. Frei heißt es einerseits, weil der Zugang tatsächlich kostenfrei ist, man muss nicht bezahlen, um diese Publikationen zu lesen. Es bedeutet aber auch, dass in der Regel mit freien Lizenzen gearbeitet wird, sodass die Leserinnen und Leser die Inhalte herunterladen, kopieren und nachnutzen dürfen.
Welche Formen des Open-Access-Publizierens gibt es?
In der Praxis funktioniert Open Access auf zwei Wegen: Entweder veröffentlichen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler direkt in Open-Access-Publikationen, also zum Beispiel in Online-Zeitschriften. Oder, und das ist zweite Weg, sie veröffentlichen Artikel, die sie bereits publiziert haben, zu einem späteren Zeitpunkt über ein Repositorium, also einen von der Universität betriebenen Dokumentenserver.
Beide Wege werden an der Freien Universität praktisch gefördert: Einmal erstattet sie Forschenden durch eine Refinanzierung die Gebühren, die für die Publikation anfallen. Die Freie Universität hat seit 2012 einen Publikationsfonds, der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft kofinanziert wird. Darüber hinaus betreibt die Universität einen Dokumentenserver, auf dem Forschende ihre wissenschaftlichen Arbeiten frei zugänglich veröffentlichen können.
Frau Wenninger, welche Unterstützungsangebote gibt es darüber hinaus für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Freien Universität?
Wir bieten Herausgeberinnen und Herausgebern wissenschaftlicher Zeitschriften den Service, diese auf Servern der Universität kostenfrei zu hosten. Am Center für Digitale Systeme (CeDiS) werden mit der Open Source Software Open Journal Systems aktuell mehr als 30 Open-Access-Zeitschriften gehostet, darunter z.B. FQS, die erfolgreichste und größte Online-Zeitschrift für qualitative Sozialforschung die seit 2000 besteht, oder e-topoi Journal for Ancient Studies, eine Zeitschrift des Exzellenzclusters Topoi. Auch weitere Publikationsformate werden unterstützt, zum Beispiel die offene internationale Enzyklopädie 1914-1918-online, ein Online-Nachschlagewerk zum Ersten Weltkrieg mit über 1200 Artikeln von Autoren aus 50 Ländern.
Neben der Beratung zu möglichen Publikationswegen und Erstattungsmöglichkeiten unterstützen wir auch bei Fragen der Budgetierung von Open Access im Rahmen von Drittmittelvorhaben. Hier arbeiten wir eng mit der Forschungsabteilung zusammen. Außerdem bieten wir regelmäßig Informationsveranstaltungen und Workshops für alle Mitglieder der Freien Universität an.
Frau Riesenweber, welche Vorteile eröffnen sich für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch diese Art der Publikation?
Am wichtigsten sind die höhere Sichtbarkeit und der weitere Wirkungsradius: Die wissenschaftlichen Publikationen sind nicht mehr in Journals versteckt, die käuflich erworben werden müssen. Durch die Veröffentlichung in Open-Access-Zeitschriften wird potenziell die ganze Welt zur Leserschaft. Und das ist gut, insbesondere für die interdisziplinäre Zusammenarbeit, weil man fächerübergreifend Materialien findet, unabhängig davon, was die eigene Bibliothek abonniert hat. Aber auch die internationale Zusammenarbeit wird vereinfacht, weil ökonomische Hürden wegfallen. Der offene Zugang kommt direkt den Wirkungsweisen der Wissenschaft zugute: Ideen können sich schneller verbreiten, es kann schneller kommuniziert werden, Kollaborationen werden vereinfacht. Viele Studien weisen darauf hin, dass Open-Access-Publikationen häufiger zitiert werden – auch das ist ein wichtiges Argument für viele Forschende.
Frau Wenninger, vom 23. bis 29. Oktober 2017 findet die International Open Access Week statt. Wie beteiligt sich die Freie Universität an dieser Woche?
In dieser Oktober-Woche sind weltweit alle Open-Access-Akteure dazu aufgerufen, ihre Aktivitäten bekannt zu machen und lokale Events zu organisieren. An der Freien Universität veranstalten wir am 25. Oktober ein World Café zum Thema Open Access. Wir wollen gemeinsam mit Interessierten an der Universität diskutieren – nicht nur mit den Befürwortern, gern auch mit den Skeptikern, die das Ganze noch als Herausforderung sehen und Vorbehalte haben.
Außerdem bieten wir am 24. Oktober 2017 gemeinsam mit der Dahlem Research School einen Open Door Talk für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler an, die darüber nachdenken, ob und wie sie ihre Dissertation Open Access publizieren können.
Frau Riesenweber, Sie betreiben gemeinsam mit Ihrem Kollegen Andreas Hübner das Open-Access-Büro Berlin, das für die berlinweiten Aktivitäten in dem Bereich zuständig ist. Was ist hier geplant?
Berlin hat als einziges Bundesland eine landesweite Koordinationsstelle für Open Access, das Open-Access-Büro Berlin – das an der Freien Universität angesiedelt ist. Das Büro organisiert im Rahmen der internationalen Woche eine virtuelle Posterausstellung, in der alle Open-Access-Projekte aus Berlin und Brandenburg präsentiert werden sollen. Eine Auswahl der Beiträge wird zusätzlich im Rahmen der FORCE2017 (www.force2017.org), einer internationalen Fachtagung zum Thema „offene Wissenschaft“, gezeigt. Poster können noch bis zum 1. Oktober eingereicht werden. Selbstverständlich sind auch alle Interessierten an der Freien Universität herzlich dazu eingeladen, sich mit einem Beitrag zu beteiligen.
Die Fragen stellte Katrin Plank-Sabha