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Uni auf Probe

Ob das Fach Chemie wirklich die richtige Wahl ist, konnten Schülerinnen und Schüler in Vorlesungen für Erstsemesterstudierende testen

21.12.2016

Masterchemiestudentin Clara von Randow hatte die Idee, eine Woche „Uni auf Probe“ zu veranstalten.

Masterchemiestudentin Clara von Randow hatte die Idee, eine Woche „Uni auf Probe“ zu veranstalten.
Bildquelle: Marina Kosmalla

Schülerinnen bei der Versuchsplanung.

Schülerinnen bei der Versuchsplanung.
Bildquelle: Marina Kosmalla

Die Schüler hatten die Möglichkeit, Experimente aus dem Uni-Alltag relativ selbstständig durchzuführen.

Die Schüler hatten die Möglichkeit, Experimente aus dem Uni-Alltag relativ selbstständig durchzuführen.
Bildquelle: Marina Kosmalla

Die studentischen Hilfskräfte, wie Julius Frotscher (l.), gaben Hilfestellung, wenn nötig.

Die studentischen Hilfskräfte, wie Julius Frotscher (l.), gaben Hilfestellung, wenn nötig.
Bildquelle: Marina Kosmalla

Vormittags Vorlesungen, nachmittags Laborarbeit, zwischendurch Mittagessen in der Mensa – eine Woche lang konnten Oberstufenschülerinnen und -schüler Dahlemer Uniluft schnuppern und herausfinden, ob das Chemiestudium tatsächlich ihren Vorstellungen entspricht. Die „Uni auf Probe“ wurde organisiert und durchgeführt vom Mitmach- und Experimentierlabor NatLab in Zusammenarbeit mit den Lehrenden des Instituts für Chemie und Biochemie der Freien Universität.

„Uns ging es darum, den Schülerinnen und Schülern den typischen Alltag im Chemiestudium zu zeigen“, sagt Petra Skiebe-Corrette, Professorin am Institut für Chemie und Biochemie der Freien Universität. Glücklicher Zufall war, dass der Start der Vorlesungszeit in diesem Semester in die Berliner Herbstferien fiel. So konnten die Oberstufenschüler gemeinsam mit den Uni-Anfängern Erstsemestervorlesungen besuchen.

Eine der 20 Chemie-Interessierten war die Zwölftklässlerin Kailey. Sie geht auf die Zehlendorfer John-F.-Kennedy-Schule und ist sich sicher, dass sie Chemie studieren will – die Frage ist nur noch, an welcher Universität. Das Angebot der „Uni auf Probe“ fand sie sehr hilfreich, denn vom Chemiestudium habe sie vorher tatsächlich andere Vorstellungen gehabt: „Es ist viel aktiver als ich dachte. Die Studenten können mitreden, was ich gut finde.“ Da Kailey leidenschaftlich gern experimentiert, waren die Versuche am Nachmittag das Highlight ihres Tages.

Jannek hingegen haben die Vorlesungen am meisten Spaß gemacht. Er ist in der 12. Klasse des Zehlendorfer Dreilinden-Gymnasiums und sich ebenfalls sicher, nach dem Abitur Chemie zu studieren: „In die echten Vorlesung gehen zu können, um so einen Einblick in das Studium zu gewinnen, ist eine tolle Idee.“

Mehr Selbstständigkeit

Das große Interesse der Jugendlichen, sich in den Ferien mit Chemie zu befassen, hat Petra Skiebe-Corrette überrascht: „Ich war mir vorher nicht sicher, ob wir alle Plätze vergeben können werden. Aber wir mussten sogar eine Nachrückerliste aufsetzen.“

Was die „Uni auf Probe – Chemie Studium live“ von den anderen Workshops des NatLab unterscheidet, wie beispielsweise der „Schüleruni“, ist vor allem die größere Selbstständigkeit. Die Schüler werden nicht an die Hand genommen, nicht vom Hörsaal zur Mensa gebracht und müssen auch im Labor relativ eigenständig Versuche bearbeiten. Das Angebot sei nicht wie bei anderen Veranstaltungen extra auf Schüler zugeschnitten. „Aber genau das wollten die Jugendlichen“, sagt Petra Skiebe-Corrette erleichtert. „Meine Befürchtung, dass wir zu viel von den Schülern erwarten, hat sich absolut nicht erfüllt.“

Die größere Selbständigkeit und der höhere Anspruch der Experimente kam bei Lina und Katharina sehr gut an. Beide haben schon an der „Sommeruni“ der Freien Universität teilgenommen und können daher gut vergleichen. Die beiden Elftklässlerinnen der Katholische Theresienschule in Berlin-Weißensee haben sich noch nicht auf eine spätere Studienrichtung festgelegt, aber es soll auf jeden Fall in Richtung Chemie gehen: „ Vielleicht Pharmazie oder pharmazeutische Chemie.“ Die „Uni auf Probe“ haben sie auch genutzt, um die Freie Universität ganz allgemein besser kennenzulernen.

Ein realer Eindruck von der Uni

Anlass der gut angenommenen Veranstaltung ist die relativ hohe Abbrecherquote im Chemiestudium. Im Dekanat des Fachbereichs hatte man überlegt, was sich dagegen tun lässt. „Offenbar ist das Studium anders, als es sich Abiturienten vorstellen“, sagt Ulrich Abram, Professor am Institut für Chemie und Biochemie der Freien Universität und Prodekan für Studium und Lehre: „Für die Schüler ist es deshalb wichtig, vor dem Studium einen Eindruck von der echten Uni zu gewinnen. Wir wollten den Alltag im Chemiestudium zeigen, das normale Tempo und den Verständnisgrad in den Vorlesungen und Experimenten,“ sagt Abram.

Viel Präsenzzeit

Die Idee zur „Uni auf Probe“ stammt von Clara von Randow. Die Masterstudentin und Hilfskraft am Institut für Chemie und Biochemie der Freien Universität arbeitet seit vier Jahren im NatLab. Als Schülerin hat sie selbst an einer Art Chemie-Schnupperstudium an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg teilgenommen, das habe ihr damals geholfen: „Viele Schüler wissen vor der Uni sicherlich nicht, wie viel Arbeitsaufwand ein Chemiestudium ist“, sagt Clara von Randow. „Es gibt bei uns sehr viel mehr Präsenzzeiten als in anderen Studiengängen – unter anderem durch die Laborpraktika. Wir sind oft von 8 oder 10 Uhr morgens durchgehend bis 19 Uhr in der Uni.“

Mit den Labor-Nachmittagen während der „Uni auf Probe“ sind Clara von Randow und ihre Kommilitonen, die die Experimente betreut haben, sehr zufrieden. „Die Schüler sind nicht nur motiviert, sie haben auch ein gutes Vorwissen“, sagt Julius Frotscher, der sich mit seiner Gruppe unter anderem angeschaut hat, wie effektiv eine Brennstoffzelle funktioniert. Einen kleinen Verbesserungsvorschlag hat der Chemiestudent trotzdem: „Die Schüler mussten zu jedem Experiment nebenher ein kurzes Protokoll schreiben. Beim nächsten Durchgang wäre es vielleicht sinnvoller, diese Protokolle als Hausaufgabe schreiben zu lassen.“