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„Eine Stimme für alle Promovierenden der Freien Universität“

Im Mai wird erstmals eine Promovierendenvertretung an der Freien Universität gewählt – eine hochschulpolitische Vertretung für alle Doktorandinnen und Doktoranden.

12.04.2024

Die Vertretung wird in der Regel für zwei Jahre aus der Mitte der Promovierenden gewählt. Wahlberechtigt sind alle, die an der Freien Universität zur Promotion zugelassen und immatrikuliert oder angestellt sind.

Die Vertretung wird in der Regel für zwei Jahre aus der Mitte der Promovierenden gewählt. Wahlberechtigt sind alle, die an der Freien Universität zur Promotion zugelassen und immatrikuliert oder angestellt sind.
Bildquelle: Canva

Welche Aufgaben diese Vertretungen übernehmen kann und warum ihre Arbeit so wichtig ist, erklären Markus Edler, Geschäftsführer der Dahlem Research School der Freien Universität, und Benita Schmitz, Mitglied der Promovierendenvertretung der Universität Halle-Wittenberg und Co-Vorsitzende des Bundesverbands Promovierende.

 Herr Edler, die Freie Universität bekommt eine Promovierendenvertretung. Wie wird diese neue Institution aussehen?

Markus Edler: Die Promovierendenvertretung wird die Stimme aller Menschen sein, die an der Freien Universität eine Promotion absolvieren. Sie wird sich aus jeweils zwei stimmberechtigten Mitgliedern pro Fachbereich sowie jeweils deren Stellvertretenden zusammensetzen. Die Vertretung wird in der Regel für zwei Jahre aus der Mitte der Promovierenden gewählt. Wahlberechtigt sind alle, die an der Freien Universität zur Promotion zugelassen und immatrikuliert oder angestellt sind.

Welche Rechte und Pflichte wird sie haben?

Markus Edler ist Geschäftsführer der Dahlem Research School der Freien Universität Berlin.

Markus Edler ist Geschäftsführer der Dahlem Research School der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Markus Edler: Die Promovierendenvertretung hat ein echtes Mitspracherecht in den zentralen Organen der Hochschule. Und zwar sowohl in allen Angelegenheiten, die die Promovierenden direkt betreffen, als auch auf allen anderen hochschulpolitischen Feldern, die ihre Interessen berühren. Die Vertretung ist grundlegend mit zwei Rechten ausgestattet. Zum einen kann sie Stellungnahmen gegenüber allen Organen der Hochschule abgeben. Zum anderen besitzt sie Antrags- und Rederecht im Akademischen Senat. Zusätzlich haben wir in der Satzung der Promovierendenvertretung, die der Akademische Senat der Freien Universität im Februar verabschiedet hat, festgehalten, dass die in den einzelnen Fachbereichen gewählten Vertretungen auch in ihren jeweiligen Fachbereichsräten ein Antrags- und Rederecht erhalten. Darüber hinaus ist die Einrichtung einer Promovierendenvertretung eine riesige Chance und Bereicherung für die gesamte Universität.

Worin sehen Sie diese Chance?

Markus Edler: Zunächst einmal ist es ein großer Fortschritt, dass eine Gemeinschaft für Promovierende geschaffen wird. Promovierende haben institutionell gesehen vor allem zwei Schwierigkeiten. Zum einen sind sie bislang an den meisten Universitäten nicht als eigene Status- und Interessengruppe berücksichtigt. Sie werden entweder als Studierende oder als Mitarbeitende gezählt – da gehen ihre Anliegen viel zu oft unter.

Hinzukommt, dass viele Promovierende sich leider als Einzelkämpfer erleben. Gerade diejenigen, die keine strukturierten Promotionsprogramme absolvieren, haben oft wenig institutionelle Kontakte über das Umfeld ihrer Betreuerinnen und Betreuer hinaus. Die Promovierenden kennen sich nicht untereinander, können sich nicht über ihre Interessen verständigen und gemeinsam abstimmen. So können ihre Interessen übergangen werden, wie beispielsweise jüngst bei den Verhandlungen über das deutschlandweite Semesterticket. Dieses gilt nun leider nicht für Promovierende. Mit einer Promovierendenvertretung wird es solche Fälle künftig wohl nicht mehr geben.

Apropos deutschlandweites Semesterticket: Wie kann die Promovierendenvertretung, die im Mai gewählt wird, konkret Einfluss auf die bevorstehenden Verhandlungen dazu für das Wintersemester nehmen?

Markus Edler: Einen direkten Einfluss hätte die Promovierendenvertretung nicht nehmen können, da sie nicht Verhandlungspartner des Verkehrsverbunds war. Jedoch hätte eine solche Vertretung für die Promovierenden sprechen und sie als Gruppe sicht- und hörbar machen können. Der AStA der TU Berlin hat bereits angekündigt, im Sinne der Promovierenden Neuverhandlungen für ein mögliches deutschlandweites Semesterticket ab dem Wintersemester 2024/2025 aufzunehmen. Die neugewählte Promovierendenvertretung an der Freien Universität könnte ihre Position nutzen, um auch den AStA der Freien Universität in Richtung Neuverhandlungen zu bewegen und ihn gegebenenfalls zu unterstützen.

Benita Schmitz ist Mitglied der Promovierendenvertretung der Universität Halle-Wittenberg und Co-Vorsitzende des Bundesverbands Promovierende.

Benita Schmitz ist Mitglied der Promovierendenvertretung der Universität Halle-Wittenberg und Co-Vorsitzende des Bundesverbands Promovierende.
Bildquelle: privat

Frau Schmitz, an ihrer Universität gibt es bereits eine Promovierendenvertretung. Welche Themen beschäftigen Sie dort gerade?

Benita Schmitz: Die meisten Promovierendenvertretungen an deutschen Universitäten wurden erst in den vergangenen Jahren eingerichtet. Auch an der Universität Halle-Wittenberg sind wir noch in einer Selbstfindungsphase. Derzeit kämpfen wir etwa um einen eigenen Raum und ein Budget. Doch natürlich sind wir bereits in vollem Maße hochschulpolitisch aktiv. Wir setzen uns hier derzeit vor allem für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Promovierenden ein. Wir fordern, dass es eine konkrete Mindestlaufzeit für befristete Verträge sowie einen minimalen Stellenumfang in Höhe von 65 Prozent gibt.

Wie sieht es auf Ebene des Bundesverbandes aus? Sind es da ähnliche Anliegen?

Benita Schmitz: Absolut. Viele Promovierende fühlen sich mit ihren Problemen allein. Aber bei unserer Arbeit im Bundesverband sehen wir ganz deutlich: Meistens sind es keine Einzelfälle. Wenn jemand in Köln von Problemen berichtet, dann hat höchstwahrscheinlich jemand in Jena, Hamburg und Tübingen die gleichen Schwierigkeiten. Das ist es, was die Vernetzung im Bundesverband so lohnenswert macht: Wir können diese Themen bündeln, aufarbeiten und gemeinsam angehen. Kürzlich haben wir etwa als Bundesverband eine kritische Stellungnahme zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz ans Bundesministerium für Bildung und Forschung geschickt. Hier geht es unter anderem um Kettenverträge und Befristungszeiten. Außerdem setzen wir uns für eine Verbesserung der Situation von Stipendiat*innen ein. Die Sätze einiger Promotionsstipendien, wie etwa der Landesgraduiertenförderung in Sachsen-Anhalt, wurden seit Jahren nicht erhöht, gerade in Großstädten lässt sich davon oft nicht mehr leben. Wichtig sind für uns auch die Anliegen von Promovierenden aus dem Ausland. Diese Gruppe macht in Deutschland rund 20 Prozent der Promovierenden aus und erlebt oftmals Benachteiligung. Ein Anfang wäre es schon, wenn notwendige Dokumente für sie auf Englisch ausgestellt werden könnten, was bisher oftmals nicht der Fall ist.

Was können Sie der zukünftigen Promovierendenvertretung der Freien Universität mit auf den Weg geben?

Benita Schmitz: Das Engagement in einer Promovierendenvertretung bringt natürlich Arbeit mit sich, das muss einem bewusst sein. Aber es ist eine sehr wichtige und erfüllende Arbeit. Man kommt mit anderen Promovierenden in Austausch und kann ihnen konkret helfen, ihre Probleme anzugehen. Man bekommt einen Einblick ins Innere der Hochschulpolitik und kann dort selbst etwas verändern. Mich motiviert vor allem die Aussicht, dass man nachhaltig etwas verändern kann – nicht nur für sich selbst, sondern auch für kommende Generationen von Promovierenden.

Die Fragen stellte Dennis Yücel

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