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Netzwerk der Helfenden

Über ihren Blog „Help Ukraine to find a shelter“ vermittelt die Studentin Krystyna Krupko Übernachtungsmöglichkeiten für Geflüchtete aus der Ukraine

20.04.2022

Krystyna Krupko stammt selbst aus der Ukraine, studiert Biowissenschaften in Potsdam und arbeitet in der Verwaltung des Fachbereichs Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berlin.

Krystyna Krupko stammt selbst aus der Ukraine, studiert Biowissenschaften in Potsdam und arbeitet in der Verwaltung des Fachbereichs Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

„Eine Familie mit sechs Kindern und einem Hund; ein älteres Ehepaar mit fünf Katzen, die Frau ist blind und braucht einmal pro Woche eine Dialyse; drei Frauen und ein neunjähriges Mädchen – sie kommen übermorgen an.“

So sieht ein typischer Eintrag im Blog „Help Ukraine to find a shelter“ aus. Krystyna Krupko hat den Blog gegründet. Die 25-Jährige stammt selbst aus der Ukraine, studiert seit 2019 Biowissenschaften an der Universität Potsdam und arbeitet in der Verwaltung des Fachbereichs Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berlin. Durch den Krieg in ihrer Heimat hat sich auch ihr Leben von heute auf morgen verändert.

„Viele tausend Menschen kommen nach Berlin und suchen eine Unterkunft – darunter auch Verwandte, Freunde und Bekannte von mir“, berichtet Krystyna Krupko. Die offiziellen Vermittlungsplattformen schafften es aber nicht mehr, alle Anfragen rechtzeitig zu bedienen. Daher habe sie sich entschieden, selbst Unterkünfte zu suchen und zu vermitteln. „Anfangs war es sehr stressig, ich konnte noch nicht einmal regelmäßig essen, weil ständig mein Telefon klingelte.“

Als es vor ein paar Wochen losging, habe sie noch nicht so viele Kontakte gehabt, doch inzwischen reiche ihr Netzwerk von Privatleuten und Organisationen sogar bis in andere Bundesländer.

Familien brauchen oft eine Unterkunft für vier oder fünf Personen

Viele Menschen könnten vorübergehend Platz für ein oder zwei Personen in ihrer Wohnung oder ihrem Haus schaffen, so die Erfahrung der Studentin. Die geflüchteten Familien seien aber häufig zu viert oder zu fünft und hätten manchmal noch Haustiere dabei. „Es war sehr kompliziert, für die Familie mit sechs Kindern samt Hund eine Unterkunft zu finden“, sagt Krystyna Krupko. In Potsdam habe es schließlich geklappt – eine Kette von privaten Kontakten führte zum Ziel. Nach zwei Wochen konnte die Gruppe in eine Sozialwohnung in der Nähe von Rostock umziehen.

Die meisten Vermittlungen laufen über Ehrenamtliche und über Freundschaftskreise. „Viele Menschen nehmen Geflüchtete auf und suchen in ihrem privaten Umfeld nach weiteren Übernachtungsmöglichkeiten.“ So gelang es Krystyna Krupko gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen, einer Familie mit zehn Personen eine Unterkunft in der Ferienanlage Holthof in Mecklenburg-Vorpommern zu vermitteln.

Der Blog erschließt neue Netzwerke von Gastgebenden

Weil die Kapazitäten ihrer persönlichen Netzwerke aber fast ausgeschöpft sind, kam die Ukrainerin auf die Idee, auf der Blog-Plattform der Freien Universität Berlin einen eigenen Blog zu gründen. Dort veröffentlicht sie fast täglich Anfragen von Ankommenden, die für kurze Zeit oder dauerhaft eine Unterkunft benötigen. Wer eine Übernachtungsmöglichkeit anbieten kann – und sei es auch nur für wenige Tage –, hinterlässt Kontaktdaten per Kommentar und wird schnellstmöglich angerufen. Die Kommentare sind nur für das Blog-Team sichtbar.

„Der Blog ist leider noch nicht so bekannt“, sagt Krystyna Krupko. Bisher seien erst wenige Angebote eingegangen, die Nachfrage sei dafür umso größer. Immerhin habe sie in den ersten Tagen nach dem Start des Blogs schon neun geflüchteten Menschen auf diesem Weg ein vorläufiges Dach über dem Kopf vermitteln können. „Die Gastgebenden haben die ukrainischen Familien oft auch bei Behördengängen begleitet und ihnen mit Formularen geholfen. Das hat mich sehr beeindruckt.“

Geflüchtete sollten vor der Ankunft wissen, wohin sie gehen können

Auch Martina Sick konnte helfen. Die Verwaltungsleiterin des Fachbereichs Biologie, Chemie, Pharmazie bot an, eine Mutter und ihre 25-jährige Tochter bei sich aufzunehmen. „Seit unsere Kinder ausgezogen sind, haben wir zwei freie Zimmer mit einem kleinen eigenen Bad“, berichtet sie.

Sie habe früher gern in Wohngemeinschaften gewohnt, und auch nun empfinde sie die Gäste als Bereicherung. „Wir haben den Kühlschrank geteilt und in der Küche Platz gemacht“, denn die neuen Mitbewohnerinnen würden gern so selbstständig wie möglich sein und ihre Mahlzeiten selbst zubereiten. Auch Freunde von ihr hätten den Blog bereits genutzt, um eine Unterkunft anzubieten.

„Ehrenamtliche begleiten die Geflüchteten zu den Unterkünften und prüfen die Bedingungen vor Ort. Damit wollen wir sichergehen, dass die Geflüchteten fair und sicher unterkommen“, betont Krystyna Krupko. „Vor und während des Aufenthalts telefonieren wir mit beiden Seiten, außerdem führen wir eine Liste über alle Unterbringungen.“

Wenn für beide Seiten alles optimal laufe, habe dieser Weg der Vermittlung einen unschätzbaren Vorteil: „Über unsere Netzwerke wissen wir schon ein paar Tage im Voraus, wer wann in Berlin ankommen wird“, sagt die Ukrainerin. „Wenn die Menschen schon vor ihrer Ankunft wissen, wohin sie gehen können, ist das eine große Erleichterung. Denn die meisten Flüchtenden fahren ins Ungewisse. Auf solch eine Reise sind sie nicht vorbereitet. Deshalb sind wir für sie da.“

Weitere Informationen

Über diesen Blog vermittelt Krystyna Krupko Unterkünfte für Geflüchtete aus der Ukraine:

Bitte hinterlassen Sie dort einen Kommentar, wenn Sie eine Unterkunft anbieten können.