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Physik-Erfolg unter Zeitdruck

Beim International Physicists‘ Tournament in Kolumbien hat das deutsche Team den fünften Platz erreicht. Mit dabei: Physikstudent Florian Hirsch

13.06.2022

Porträtfoto von Florian Hirsch im Grünen

Beim Turnier habe er gelernt, wie man in sehr kurzer Zeit eine Geschichte spannend erzählt, sagt Florian Hirsch. Eine Erfahrung, die ihm bei einer wissenschaftlichen Karriere nur helfen kann.
Bildquelle: Olga Jarugski

Die Vortragszeit beim International Physicists‘ Tournament (IPT) ist streng begrenzt: Zehn Minuten, mehr bleiben den Wettbewerbsteilnehmenden nicht, um ihre Lösungswege zu erläutern – also Theorie, Experiment und Simulation. „Und dann“, erzählt Florian Hirsch von der Freien Universität Berlin, „muss man noch zur Auswertung kommen. Die ist schließlich das Wichtigste.“

Beste deutsche Platzierung aller Zeiten

Ihre knappe Zeit haben Hirsch und seine Teamkolleginnen und -kollegen hervorragend genutzt: Mit Platz fünf erreichte das Team beim diesjährigen IPT in Kolumbien die beste deutsche Platzierung aller Zeiten – ein ebenso großer wie unerwarteter Erfolg für Florian Hirsch, Christian Schäfer und Justus Heß von der Freien Universität Berlin sowie Nils Müller und Lisanne Löher von der Universität Hamburg und Luca Beetz von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Spontane Idee im Auslandssemester

Denn die sechs Studierenden hatten sich erst kurz vor knapp zusammengefunden: „Als ich Lisanne in Dänemark im Auslandssemester besuchte, kamen wir auf Wettbewerbe wie die Mathe-Olympiade zu sprechen, an denen wir in unserer Schulzeit teilgenommen hatten. Diese tolle Erfahrung wollten wir als Studierende unbedingt wiederholen“, erzählt Florian Hirsch über den Moment, in dem der Plan zur Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb entstand.

Hirsch und Löher recherchierten umgehend im Internet und stießen auf das International Physicists‘ Tournament. Weil das deutsche Vorausscheidungsturnier nur eine Woche später stattfinden sollte, musste es schnell gehen: Löher und Hirsch riefen vier befreundete Studienkollegen an, um sie für ihr Projekt zu begeistern. Trotz kurzer Vorbereitungszeit siegten die Sechs beim Vorentscheid und qualifizierten sich für das Finalturnier in Kolumbien.

Gruppenbild vom deutschen Team beim Physik-Turnier in Kolumbien

Gemeinsam erfolgreich: Nils Müller, Lisanne Löher, Christian Schäfer, Justus Heß, Luca Beetz und Florian Hirsch (v.l.n.r.) traten für Deutschland beim International Physicists‘ Tournament IPT in Kolumbien an.
Bildquelle: privat

Organisationstalent gefragt

„Was dann zu tun war, war klar“, erzählt Hirsch: „Zur Vorbereitung erhielten wir im September letzten Jahres einen Pool von 17 Aufgaben, die beim Finalturnier in Kolumbien gestellt werden konnten.“ Die Aufgaben teilten sie untereinander auf. Teil der Arbeit: die Suche nach geeigneten Laboren für Experimente zur Lösung der Aufgaben.

Um zu untersuchen, wie Tafelkreide zu Boden fällt und bricht, plante das Team etwa Videoaufnahmen mit einer High-Speed-Kamera. Doch das für den eigentlichen Versuch nötige Stativmaterial fehlte zunächst – es zählt nicht zur Grundausstattung optischer Labore. Als sie für eine andere Aufgabe mithilfe eines Roboters mit Greifarm simulieren wollten, wie Schüttelbewegungen Gegenstände in Sand nach oben gelangen lassen, ging der Roboter kaputt, noch ehe die sechs Studierenden im Labor eintrafen.

Einige der Aufgaben erwiesen sich für das Team als unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht lösbar, in anderen Fällen führten die probierten Ansätze nicht zum Erfolg oder die Theorie ließ sich nicht mit den experimentellen Ergebnissen vereinen.

Am Ende lösten sie etwa neun von 17 Aufgaben. Für Florian Hirsch aber kein Grund zur Panik. Denn die Turnierregeln sahen vor, dass jedes Team für jede Wettbewerbsrunde drei Aufgaben zurückweisen durfte, eine sogar für das gesamte Turnier. „Das“, sagt Florian Hirsch, „machte es in jeder Wettbewerbsrunde zu über 90 Prozent wahrscheinlich, dass wir eine Aufgabe präsentieren können, die wir auch gelöst hatten.“

Die Freie Universität unterstützt

Bei all den wissenschaftlichen und organisatorischen Herausforderungen bekamen Florian Hirsch, Justus Heß, Christian Schäfer und die übrigen Teammitglieder auch Unterstützung von ihren Hochschulen: Die Freie Universität sowie die Universitäten Erlangen und Hamburg erstatteten den Studierenden etwa die Kosten für Flüge zum Turnier in Kolumbien, Teilnahmegebühren und teilweise Materialkosten für Experimente, außerdem stellten sie Räume zur Verfügung.

Die Unterstützung wurde mit der besten deutschen Platzierung aller Zeiten belohnt und soll nun für künftige Turnierteilnahmen womöglich noch ausgebaut werden. Florian Hirsch würde das begrüßen: „Im International Physicists‘ Tournament haben wir gelernt, Inhalt für 60 Minuten in zehn Minuten unterzubringen, ohne die Zuhörenden zu überfordern. Anders als sonst oft im Studium muss man genau überlegen: Wie erzähle ich eine Geschichte, die spannend ist?“, fasst Florian Hirsch den Lerneffekt aus der Turnierteilnahme zusammen. Dem Studenten, der nach seinem Master in Oxford eine wissenschaftliche Karriere anstrebt, können diese Erfahrungen nur helfen.


Der Artikel ist am 17. Juni 2022 in der Rubrik Featured Stories der Freien Univerisität Berlin auch auf Englisch erschienen.