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Job Shadowing in Krakau, Paris und Berlin – drei Erfahrungsberichte

Bewerben bis 30. Juni: Beschäftigte der Freien Universität können über das UNA-Europa-Austauschprogramm „Live my Life“ eine Arbeitswoche an den Universitäten in Bologna, Paris, Edinburgh, Helsinki, Krakau, Leuven oder Madrid verbringen

16.06.2022

Arbeitender Tourist: Matheo Mareski-Iffländer (hinten, 4. v. l.), Bibliotheksangestellter an der Freien Universität, bei seinem Aufenthalt in Paris. Links neben ihm: sein Austauschpartner Denis Pasziere.

Arbeitender Tourist: Matheo Mareski-Iffländer (hinten, 4. v. l.), Bibliotheksangestellter an der Freien Universität, bei seinem Aufenthalt in Paris. Links neben ihm: sein Austauschpartner Denis Pasziere.
Bildquelle: Privat

Grit Rother, Matheo Mareski-Iffländer und Julianna Karaszkiewicz-Kobierzynska haben den Schulterblick gewagt: Die Koordinatorin am Fachbereich Rechtswissenschaft und der Mitarbeiter in der Universitätsbibliothek – beide von der Freien Universität – sowie die Koordinatorin für Internationales an der Jura-Fakultät in Krakau haben Kolleginnen und Kollegen an der Uniwersytet Jagielloński in Krakau, an der Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne und der Freien Universität Berlin besucht, die ähnliche Aufgabenfelder haben wie sie selbst. Ermöglicht wurde der Austausch durch das UNA-Europa-Programm „Live my Life“. Dessen Ziel: Beschäftigte ähnlicher Aufgabenbereiche an europäischen Universitäten besser zu vernetzen. Wir wollten von Grit Rother und Matheo Mareski-Iffländer wissen, was sie in Polen und Frankreich erlebt haben. Julianna Karaszkiewicz-Kobierzynska aus Krakau, Grit Rothers Austauschpartnerin, war zu Gast an der Freien Universität. Auch sie erzählt, wie es ihr ergangen ist.

Wie sah Ihr Programm an Ihrer Partneruni aus?

Grit Rother von der Freien Universität und Julianna Karaszkiewicz-Kobierzynska von der Uniwersytet Jagielloński in Krakau.

Grit Rother von der Freien Universität und Julianna Karaszkiewicz-Kobierzynska von der Uniwersytet Jagielloński in Krakau.
Bildquelle: Privat

Grit Rother: Meine Krakauer Austauschpartnerin Julianna und ich haben uns während meines dreitägigen Aufenthalts intensiv über die Arbeitsprozesse zur Verwaltung unserer internationalen Programme ausgetauscht. Dabei ging es um neue digitalisierte Verfahren, beispielsweise die elektronische Erstellung fälschungssicherer Zeugnisse, um die Organisation von Anerkennungsvorgängen und um die Konvertierung ausländischer Noten. Auch mit dem E-Learning-Experten der Krakauer Juristischen Fakultät ergab sich ein interessanter Erfahrungsaustausch.

Beim Europa-Tag der Krakauer Jura-Fakultät am 10. Mai habe ich eine Präsentation über den Studierendenaustausch im Erasmus-Programm gehalten, Interessentinnen und Interessenten persönlich beraten und mit Professorinnen und Professoren erörtert, wie man den Studierendenaustausch stärker mit Lehraufenthalten polnischer Dozentinnen und Dozenten in Berlin verschränken könnte.

Die Faszination für Bücher verbindet Bibliotheksmitarbeitende überall auf der Welt. Das Bild zeigt Matheo Mareski-Iffländer vor der Bibliothèque Cuzin.

Die Faszination für Bücher verbindet Bibliotheksmitarbeitende überall auf der Welt. Das Bild zeigt Matheo Mareski-Iffländer vor der Bibliothèque Cuzin.
Bildquelle: Privat

Matheo Mareski-Iffländer: Mein Austausch mit der Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne hat mich an die Bibliothèque Pierre Mendès France geführt. Ich durfte in Paris einige Bibliotheken, unter anderem die Bibliothèque nationale de France, die Bibliothèque Sainte-Geneviève und die Bibliothèque Sainte-Barbe, besuchen – sehr eindrucksvolle Orte!

Es gab viele Begegnungen und Gespräche mit Kolleg*innen aus den Abteilungen Erwerbung & Öffentlichkeitsarbeit in der Bibliothèque Pierre Mendès France. Besonders beeindruckt hat mich die Bibliothèque Lavisse – eine wunderbare geschichtswissenschaftliche Bibliothek. Und ihr 29-jähriger Leiter Thomas Chauveau, der viele spannende Ideen für die Zukunft der Bibliothek hat!

Julianna Karaszkiewicz-Kobierzynska: Mein Programm an der Freien Universität war sehr interessant. Ich habe Grits Arbeit kennengelernt, wir haben festgestellt, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es bei unseren Aufgaben gibt. Ich konnte mich auch mit dem Studiendekan des Fachbereichs Rechtswissenschaft austauschen.

Da ich Spanisch spreche und in Krakau die Schule zu spanischem Recht koordiniere, habe ich spanische Professorinnen und Professoren kennengelernt, die am Fachbereich Rechtswissenschaft unterrichten. Ich habe mich auch mit meinen Kolleginnen und Kollegen der Arbeitsgruppe Personalentwicklung bei Una Europa getroffen. Und natürlich gab es auch ein kulturelles Begleitprogramm.

Was hat Sie auf Ihrer Reise am meisten überrascht? Womit haben Sie nicht gerechnet?

Grit Rother: Ich habe die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Uniwersytet Jagielloński als weltoffene und innovationsfreudige Personen kennengelernt, die ihre Tätigkeiten mit viel Enthusiasmus und Freude ausführen. Neuerungen steht man dort sehr aufgeschlossen gegenüber. Die Krakauer Jura-Fakultät hat das erste mir bekannte Projekt der neuen Erasmus-Förderlinie Blended Intensive Programmes umgesetzt und dafür das Thema Nachhaltigkeit gewählt.

Trotz aktueller Medienberichte über die Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze durch die polnische Regierung haben mehrere Gesprächspartnerinnen und -partner bestätigt, dass die Wissenschaftsfreiheit in Polen weiterhin gewährleistet sei und dass beispielsweise das polnische Verfassungsrecht weiterhin in der liberalen Auslegung unterrichtet werde.

Ein Saal im Rektoratsgebäude an der Uniwersytet Jagielloński in Krakau.

Ein Saal im Rektoratsgebäude an der Uniwersytet Jagielloński in Krakau.
Bildquelle: Privat

Matheo Mareski-Iffländer: Spannend und überraschend waren einige Dinge: So haben wirklich alle Mitarbeitenden der Bibliothek Thekendienst, sogar die Leitung – auch wenn das dann nur zwei Stunden in der Woche sind. Außerdem werden fast alle Führungen von Leitungspersonen gemacht. Beides finde ich sehr klug, denn Feedback ist unglaublich wichtig und wertvoll – und so kommt es bei den richtigen Personen an, die mögliche Änderungen direkt umsetzen können.

Auch die Arbeitsbedingungen waren für mich überraschend: An der Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne haben die Kolleg*innen 52 Tage Urlaub im Jahr und eine 35-Stunden Woche.

Julianna Karaszkiewicz-Kobierzynska: Das Überraschendste für mich war, wie stark die Freie Universität ihre Aufmerksamkeit auf Ökologie und Nachhaltigkeit richtet.

Ich hatte auch nicht erwartet, dass Grit und ich uns so gut verstehen und uns so viel über unsere Arbeit und das Leben im Allgemeinen austauschen würden.

Was haben Sie durch Ihren Besuch gelernt? Was nehmen Sie mit?

Grit Rother: Es hat sich herausgestellt, dass Julianna und ich unterschiedliche Arbeitsstile haben: Sie ist ein Kommunikationstalent und reagiert situativ, während ich die Abläufe stark strukturiere und weit im Voraus plane. Dieser Unterscheid ist dabei keineswegs kultureller Natur, sondern liegt an unseren Persönlichkeiten. Interessanterweise haben diese unterschiedlichen Herangehensweisen am Ende zu gleich guten Ergebnissen geführt. Wahrscheinlich wären wir gerade aufgrund unserer unterschiedlichen Arbeitsweisen ein gutes Team. Sollten sich gemeinsame Projekte in der Zukunft ergeben, könnten wir auf einem starken Vertrauensverhältnis aufbauen, was gutes Gelingen ja fast schon garantiert.

Matheo Mareski-Iffländer: Ich habe sehr viel über das französische Bibliotheks- und Universitätswesen gelernt und tolle, interessante Menschen kennengelernt. Die Faszination für das Medium Buch zieht sich durch unser Berufsfeld, und es hat mich tief beeindruckt, mit welchem Respekt, mit welcher Anerkennung und ehrlichem Interesse man mir begegnet ist.

Julianna Karaszkiewicz-Kobierzynska: Ich habe gelernt, dass sich viele Probleme in unserer Arbeit ähneln und dass wir gemeinsam Antworten auf diese Probleme finden und sie an unseren Universitäten umsetzen können. Ich weiß auch, dass ich Grit immer um ihre Meinung und Hilfe bitten kann, wenn ich ein Problem bei meiner Arbeit habe.

Ein weiteres konkretes Ergebnis meines Aufenthalts war die Erweiterung meines Kontaktnetzes: So kommt zum Beispiel einer der Professoren, die ich an der Freien Universität kennengelernt habe, im Juni zu einer Konferenz nach Krakau.

Würden Sie anderen empfehlen, am Live-my-Life-Austausch teilzunehmen? Wenn ja, warum?

Grit Rother: Der persönliche Austausch mit Kolleginnen und Kollegen ist immer eine Bereicherung. Wenn er dann auch noch grenzüberschreitend stattfindet, umso mehr: Man lernt andere Sicht- und Verfahrensweisen kennen. Das bedeutet nicht, dass ich nach meiner Rückkehr aus Krakau jahrelang erprobte Arbeitsabläufe plötzlich umgeworfen und neu organisiert hätte. Dennoch kann es bei neuen Programmen oder bei unerwarteten Problemen durchaus möglich sein, dass der entscheidende Gedanke zur Lösungsfindung von Beobachtungen in einem anderen Umfeld inspiriert wird.

Nicht zuletzt ist das Reisen zu unseren Partneruniversitäten an sich eine große Bereicherung. Man lernt eine Stadt auf eine ganz andere, nicht touristische Weise kennen. Man geht einem geregelten Ablauf nach, hat einen festen Schreibtisch, nimmt repräsentative Aufgaben wahr. Dennoch sieht man alle Sehenswürdigkeiten sozusagen im Vorbeigehen und saugt viel von der Atmosphäre der Stadt und der Universität auf.

Durch die Gespräche mit Julianna habe ich einen guten Eindruck bekommen, wie Einheimische ihren Alltag in Krakau erleben. Damit kann ich die Erfahrungen unserer Austauschstudierenden an dieser Partneruniversität nun noch besser nachvollziehen.

Matheo Mareski-Iffländer: Das empfehle ich auf jeden Fall. Eine solche Erfahrung zu machen, hat meinen Wissenshorizont ungemein erweitert. Es war ein sehr seltsames, aber auch super schönes Gefühl, ein arbeitender Tourist zu sein. Im Berufsverkehr morgens durch Paris zu „meiner“ Bibliothek zu fahren, hat das Erlebnis Reisen für mich nochmal verändert. Ich bin sehr dankbar für den Austausch: für die Kontakte die ich knüpfen konnte, und das Wissen, das ich mitnehmen durfte.

Julianna Karaszkiewicz-Kobierzynska: Ich kann „Live my Life“ nur weiterempfehlen. Es erweitert deinen Horizont, lässt dich deine Arbeit aus einem anderen Blickwinkel betrachten und ermöglicht dir, tolle Menschen kennenzulernen.


Grit Rother ist seit 2001 an der Freien Universität Berlin beschäftigt und arbeitet als Koordinatorin für Internationale Programme im Internationalen Büro des Fachbereichs Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin.

Matheo Mareski-Iffländer, 34 Jahre alt, ist seit 2004 im Bibliothekswesen unterwegs und seit Januar 2018 in der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin. Dort arbeitet er zu gleichen Teilen in den Bereichen Sacherschließung und Öffentlichkeitsarbeit. Seit November 2019 studiert er neben dem Beruf Bibliothekswissenschaft an der Fachhochschule Potsdam.

Julianna Karaszkiewicz-Kobierzynska ist seit 2000 an der Krakauer Uniwersytet Jagielloński an der Fakultät für Recht und Verwaltung für internationale Beziehungen zuständig und koordiniert die Schulen zum ausländischen Recht: Unterrichtet werden dort die Rechtssysteme der USA, Frankreichs, Spaniens, Deutschlands, Österreichs, der Slowakei, der Ukraine, Japans, Chinas sowie Polnisches und Europäisches Recht in Lviv und Ternopil (Ukraine).

Weitere Informationen

Beteiligt an „Live my Life“ sind die im Verbund UNA Europa zusammengeschlossenen Universitäten Freie Universität Berlin, Università di Bologna, Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne, University of Edinburgh, Helsingin Yliopisto, Uniwersytet Jagielloński, KU Leuven, Universidad Complutense de Madrid.

Während sich „Live my Life“ in der ersten Runde an Mitarbeitende aus Bibliotheken, Kommunikationsabteilungen, der Alumni-Arbeit und dem Bereich Internationales richtete, können sich für die zweite Kohorte Mitarbeitende aus allen Unterstützungsbereichen für Promovierende bewerben, aus den Bereichen „Open educational resources“, „Erasmus KA2 cooperation projects“ sowie der Studienberatung und Psychologischen Beratung.