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„Im Kampf für Geschlechtergerechtigkeit gibt es viel zu tun“

Das Amt der dezentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten bringt vielfältige Aufgaben mit – Gisela Romain im Porträt

04.12.2023

Gisela Romain engagiert sich. Bei der anstehenden Wahl zur dezentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten tritt sie erneut an.

Gisela Romain engagiert sich. Bei der anstehenden Wahl zur dezentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten tritt sie erneut an.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Am 16. Januar sind alle weiblichen Mitglieder der Freien Universität Berlin zur Wahl des zentralen Frauen- und Gleichstellungsrates aufgerufen. Ebenfalls werden an den Fachbereichen, den meisten Zentralinstituten, einigen Zentraleinrichtungen sowie in der Zentralen Universitätsverwaltung und in der Universitätsbibliothek dezentrale Frauen- und Gleichstellungsräte gewählt. Diese sind zuständig für die Wahl der jeweiligen dezentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten sowie ihrer Stellvertreterinnen. In loser Folge stellen wir Amt, Aufgaben und Amtsträgerinnen vor.

Eine von ihnen ist Gisela Romain, seit fast vier Jahren Stellvertreterin der dezentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie. Seit anderthalb Jahren übernimmt sie faktisch die gesamten Amtsaufgaben, da das Amt der dezentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten vakant ist.

Die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Sachunterricht ist überzeugt: Im Kampf für Geschlechtergerechtigkeit gibt es viel zu tun – immer noch und sogar noch mehr als vor einigen Jahren. Dabei betont sie, dass Gleichstellung an ihrem Fachbereich einen hohen Stellenwert genieße. Sieben Frauen haben seit 2022 am Fachbe-reich eine Professur angetreten. Der Anteil weiblicher Professor*innen ist in der Erziehungswissenschaft mit 70 Prozent besonders hoch.

Doch die Frauenquote unterschreite selbst in der Erziehungswissenschaft schon auf Ebene der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen jene der Studierenden. Männer haben immer noch häufiger die besseren Stellen. „Wie schnell es zu Rückschritten kommen kann, hat die Pandemie gezeigt“, sagt Gisela Romain. Frauen hätten oft Betreuung und Homeschooling der Kinder übernommen, was sich, wie Studien belegen, nachteilig auf ihre Publikationsleistung ausgewirkt habe. Hier gelte es einerseits, Fördermaßnahmen zu konzipieren, um Benachteiligungen auszugleichen, und andererseits, etwa in Berufungsverfahren, Benachteiligungen zu berücksichtigen.

Gleichstellung beginnt für Gisela Romain schon früher, nämlich bei Stellenausschreibungen. Oft seien es unscheinbare Worte, die bei Einstellungsverfahren wirkmächtig sein können. „Hohe Flexibilität erwünscht“, sei so ein Beispiel. Bei dem Satz denke man sich vielleicht erst nichts weiter. „Aber Menschen mit Care-Verantwortung können das häufig nicht erfüllen, und das sind erfahrungsgemäß eher Frauen.“ Für solche Barrieren zu sensibilisieren sieht sie als wichtige Aufgabe. Gleichstellung sollte dabei aus ihrer Sicht immer aus intersektionaler Perspektive betrachtet werden, denn Benachteiligungen potenzieren sich bei Personengruppen, die von Mehrfachdiskriminierung betroffen sind.

Ein Rollenverständnis, wonach vor allem Frauen für Kinder zuständig sind, spiegelt sich auch in dem hohen Anteil weiblicher Studierender in der Grundschulpädagogik. Aus diesem Grund hat Gisela Romain in ihrem Fachbereich im vergangenen Jahr keinen Girls‘Day, sondern einen Boys‘Day mitinitiiert. An dem Programm stört sie allerdings die binäre Trennung in Jungen und Mädchen. „Es geht darum, geschlechtliche Vielfalt auch unter der Lehrerschaft abzubilden.“

Das Amt biete Gestaltungsspielraum, betont die Wissenschaftlerin. Auch durch kleine Dinge könne man etwas bewegen, wie man an dem Beispiel der Stellenausschreibungen sehe. Natürlich müsse eine Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte auch Widerstand aushalten können. Allerdings gilt: „Man kämpft nicht allein.“ Wichtig sei der Austausch mit den anderen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten beim monatlichen Plenum und auch die Unterstützung durch das Team Zentrale Frauenbeauftragte.

Sehr hilfreich sei auch die Teilnahme an dem speziell für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte konzipierten Weiterbildungsprogramm der Freien Universität FUTURA gewesen, denn das Aufgabenspektrum sei groß: Es reicht von individueller Beratung über die Begleitung von Einstellungs- und Berufungsverfahren und Mitarbeit in Gremien bis zur Mitarbeit an der Erstellung des Frauenförderplans und Konzeption von Veranstaltungen.

Mithin erfordert das Amt der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Kompetenzen in vielen Bereichen: Personalpolitik, Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit und Beratungstätigkeit. Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, werden dezentrale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte im Umfang einer halben Stelle für das Amt freigestellt, ihre Stellvertreterinnen zukünftig im Umfang einer Viertelstelle.

Für die kommende Amtsperiode wird Gisela Romain sich erneut zur Wahl stellen, diesmal kandidiert sie allerdings nicht mehr als Stellvertreterin, sondern für das Amt der dezentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten ihres Fachbereichs.