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“Stimmen sehen”

Internationales Forscherteam erhält Förderung für Forschungsvorhaben zur Rolle von multimodalen Signalen beim Erlernen von Lauten

Nr. 107/2016 vom 15.04.2016

Die Biologinnen Prof. Constance Scharff, Ph.D. von der Freien Universität, Prof. Dr. Katharina Riebel von der Leiden University und Prof. Dr. Wouter Halfwerk von der Vrije Universiteit Amsterdam haben für ihr Forschungsvorhaben „Stimmen sehen: Die Rolle multimodaler Signale beim Erlernen von Lauten“ gemeinsam ein Forschungsstipendium des „Human Science Frontier Program“ (HSFP) erhalten. Das Team um Constance Scharff erreichte bei der Bewertung durch eine Jury Platz 7 unter 600 Antragstellern; das Projekt gehört damit zu den insgesamt 25 geförderten Anträgen. Die drei Wissenschaftlerinnen erhalten für ihre Forschung rund 900.000 Dollar für die Dauer von drei Jahren.

„Formen multimodaler Kommunikation sind in der Biologie allgegenwärtig“, erklärt Constance Scharff, Professorin für Verhaltensbiologie an der Freien Universität. „Pflanzen locken Bestäuber mit Farben und Düften an, Tiere werben mit auffälligen Demonstrationen und Geräuschen, und Menschen sprechen und begleiten dies mit Gesten.“ Während es bei Menschen längst anerkannt sei, wie wichtig die Integration verschiedener Sinne für die Kommunikation ist, habe dieser Umstand bei Tieren bislang weniger Aufmerksamkeit erfahren. „Da viele von Tieren genutzte Signalsysteme durch Erfahrung modifizierbar oder gänzlich erlernbar sind, könnte es sein, dass erfahrungsabhängige Veränderungen multimodaler Kommunikation prä-linguistisch sind, das heißt allgemeine Merkmale menschlicher und nicht-menschlicher Kommunikation“, erklärt die Wissenschaftlerin.

In ihrer Forschung bedienen sich die Wissenschaftlerinnen der Tatsache, dass Menschen und Singvögel auf vergleichbare Weise zu sprechen beziehungsweise zu singen lernen. „Menschen lernen Sprache und Singvögel lernen Gesang indem sie Artgenossen nachahmen,“ erklärt Constance Scharff. Dabei sei der Klang besonders wichtig, aber auch visuelle Signale wie sich bewegende Lippen beziehungsweise Schnäbel spielten eine wichtige Rolle. „Junge Singvögel lernen das Singen besser, wenn sie hören und sehen, als wenn sie beispielsweise nur hören“, sagt Constance Scharff. Vor diesem Hintergrund wollen die Wissenschaftlerinnen nach dem Warum suchen. In dem gemeinsamen Projekt erforscht sie, wie Hören und Sehen beim Gesangslernen zusammenspielt. Hierfür werden verhaltensbiologische und neuro-molekulare Methoden verwendet und ein Zebrafinkenroboter entwickelt, der den jungen Singvögeln das Singen beibringen soll. „Ein solcher Roboter wird es uns erlauben, die visuellen und akustischen Signale unabhängig voneinander zu kontrollieren und nach neuro-molekularen Zusammenhängen für audio-visuelle Lautverarbeitung in den neuralen Netzwerken der Probanden zu suchen“, erklärt Constance Scharff. Wo genau diese Verschaltung im Gehirn kontrolliert wird und welche Gene hierbei eine Rolle spielen ließe möglicherweise auch Rückschlüsse auf das menschliche Gehirn zu, da die grundlegenden neuralen Schaltkreise, die Sprache beim Menschen und Gesang beim Vogel verarbeiten durchaus vergleichbar sind.

Das Human Frontier Science Program (HFSP) fördert innovative Forschungsprojekte und internationale länderübergreifende Projekte im Sinne einer „Wissenschaft ohne Grenzen“. In diesem Jahr haben 25 Forscherteams eine Förderung von insgesamt 34 Millionen Dollar erhalten.

Weitere Informationen

Prof. Constance Scharff, PhD Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berlin, Telefon: 030 / 838-53869, E-Mail: constance.scharff@fu-berlin.de

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