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Dabei sein ist (fast) alles

Die Ruderin Julia Richter und der Hockeyspieler Pilt Arnold studieren an der Freien Universität und trainieren für Olympia.

25.06.2012

Neben ihrem Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft trainiert Julia Richter jeden Tag, um sich bei den Olympischen Spielen in London einen Platz auf dem Treppchen zu erkämpfen.

Neben ihrem Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft trainiert Julia Richter jeden Tag, um sich bei den Olympischen Spielen in London einen Platz auf dem Treppchen zu erkämpfen.
Bildquelle: Olympischer Sportbund

Bereits mit vier Jahren begann Pilt Arnold mit dem Hockey, Jura studiert er seit 2008. Für den Spagat zwischen Hochschule und Hockeyfeld ist Jura eine gute Wahl, sagt der 23-Jährige.

Bereits mit vier Jahren begann Pilt Arnold mit dem Hockey, Jura studiert er seit 2008. Für den Spagat zwischen Hochschule und Hockeyfeld ist Jura eine gute Wahl, sagt der 23-Jährige.
Bildquelle: Olympischer Sportbund

Wer sich mit Julia Richter unterhält, hört immer wieder dieses eine Wort: Planung. Training, Lesen, Lernen, das ganze Leben – alles nach Plan. Wenn ihre Kommilitonen morgens aufstehen, um an die Universität zu fahren, hat Julia Richter meist schon die erste Trainingseinheit hinter sich gebracht: Ein bis zwei Stunden Laufen oder Krafttraining zwischen sechs und acht Uhr morgens gehören für die Top-Ruderin zum Alltag – auch, dass sie als Studentin nach dem Frühsport wie alle anderen das Seminar oder die Vorlesung besuchen muss. Nur am Abend merke sie manchmal, dass die Kombination aus Spitzensport und Studium trotz optimaler Planung sehr anstrengend ist: „Wenn ich um neun oder zehn Uhr zu Hause bin, weiß ich zwar, dass ich vielleicht noch einen Text lesen müsste“, sagt Julia Richter.

„Aber ich bin dann manchmal physisch gar nicht mehr dazu in der Lage.“

Julia Richter studiert an der Freien Universität Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Doch in diesem Semester muss sie in ihrem Studium etwas kürzer treten: Bald beginnen in London die Olympischen Spiele – seit Langem der große Traum der 23-Jährigen. Um für die Vorbereitung optimal trainieren zu können, hat sie ein Urlaubssemester genommen. „Mit den vielen gemeinsamen Trainingseinheiten und Wettkämpfen wäre das nicht mehr möglich gewesen“, sagt sie. Ihr erklärtes Ziel: sich bei den Spielen einen Platz auf dem Treppchen zu erkämpfen, wie sie es schon 2010 bei der Ruder-Weltmeisterschaft in Neuseeland mit dem Doppel-Vierer geschafft hat und 2011, als sie mit ihren Kolleginnen Gold gewann bei der Weltmeisterschaft im slowenischen Bled.

Auch Pilt Arnold hofft auf die Teilnahme bei den Olympischen Spielen. „Das wäre das Größte“, sagt er. Eigentlich würde der Jurastudent in diesem Semester auf sein Staatsexamen hinarbeiten. Stattdessen steht er mehrmals pro Woche auf dem Spielfeld des Berliner Hockey-Clubs. Für heute hat sein Trainer zusätzlich Sprints angeordnet – mit einem kleinen, zehn Kilo schweren Gewichteschlitten am Körper, um Kraft und Schnelligkeit des Verteidigers zu optimieren. Außerdem trainiert Pilt Arnold mit seiner Mannschaft für das nächste Bundesligaspiel.

Ist so viel Sport nicht auch Stress – zumal, wenn man nebenher auch noch lernen muss? „Für mich ist das normal“, sagt er. Schließlich kenne er es nicht anders: Bereits mit vier Jahren begann Pilt Arnold mit dem Hockey. Jura studiert er seit 2008. Für den Spagat zwischen Hochschule und Hockeyfeld ist Jura eine gute Wahl, sagt der 23-Jährige: „Bei Jura muss man viel in Eigenregie organisieren und entscheiden. Das Studium hat deshalb bisher sehr gut geklappt.“ Alles eine Frage der Planung – das sagt auch Hockeyspieler Pilt Arnold.

Für Jörg Förster, den Spitzensportbeauftragten und Leiter der Zentraleinrichtung Hochschulsport der Freien Universität Berlin, ist die Lebensplanung der beiden Olympiahoffnungen vorbildlich – aber eben auch typisch für Spitzensportler, wie er findet. „Spitzensportler sind bestens organisiert und zielstrebig“, sagt Jörg Förster, „das sind die besten Voraussetzungen, um auch im Studium erfolgreich zu sein.“ Selbstverständlich sei es jedoch nicht, dass eine solche „duale Karriere“ tatsächlich gelinge. Denn nicht immer reiche der Wille der Sportler allein, um diesen Kraftakt zu bewältigen. Oft müssten Prüfungen wegen Lehrgängen verschoben werden oder Klausurentermine umdisponiert.

Häufig fragen die Sportler ihn dabei um Unterstützung. Bisher seien Dozenten, Dekane sowie Professorinnen und Professoren immer sehr kooperativ und hilfsbereit gewesen. Wichtig sei, sagt Förster, in den Studienordnungen Wege zu finden, um die besonderen Belastungen der Sportlerinnen und Sportler mit den Studienanforderungen in Einklang zu bringen – zum Beispiel vor Großereignissen wie den Olympischen Spielen. Das gehe nicht ohne die Expertise der Ansprechpartner in den Fachbereichen, die sich mit den einzelnen Studienordnungen genau auskennen. Und auch nicht ohne ihre Hilfsbereitschaft.

Auch Pilt Arnold pausiert für Olympia in diesem Semester. Trotzdem ist der Druck auf Arnold und seine Kollegen im Kader der Nationalmannschaft hoch. Und das nicht nur, weil Hockey bei diesen Sommerspielen die einzige Teamsportart ist, in der eine deutsche Mannschaft antritt.

„Ob man in London wirklich dabei sein wird, das weiß bis kurz vor der Eröffnung kein Spieler mit Sicherheit“, sagt Pilt Arnold. Jeder in der Mannschaft wird also bis zum Schluss sein Bestes geben müssen. Für Arnold kein Problem – sondern Teil des Plans.