16220 Vorlesung

WiSe 23/24: Vorlesung: Ovid, Metamorphosen

Melanie Möller

Kommentar

„Die europäische Phantasie ist ein weitgehend auf Ovid zentriertes Beziehungsgeflecht“ (Hans Blumenberg, Arbeit am Mythos).
Im Mittelpunkt der lateinischen Vorlesung sollen diesmal Ovids Metamorphosen stehen. Nicht nur ist dies der von Hans Blumenberg beobachteten wesentlichen Prägung der „europäischen Phantasie“ geschuldet: Es handelt sich bei diesem Werk „(neben der Bibel) um [das] Grundbuch der abendländischen Ikonologie und literarischen Motivik“ (Hartmut Böhme). Mehr noch: Dieses exzeptionelle Werk bietet uns geradezu ein (in den Worten Jürgen Paul Schwindts) „Labor der Moderne“. Wir haben ein ästhetisches Experimentierfeld vor uns: Ovid wählt aus den vorhandenen Beständen, (de)kontextualisiert, setzt neue Akzente, erfindet und lotet das künstlerische Potential einer jeden Mythe einzeln aus.
Die Metamorphosen umfassen 15 Bücher von je 700 bis 900 Versen (insgesamt etwa 12.000 Verse) und sind wohl zwischen 1 und 8 n. Chr. entstanden; da sie nicht vollendet zu sein scheinen, liegt der Verdacht nahe, dass Ovid die Arbeit daran aufgrund seiner (äußeren oder inneren) Exilierung irgendwann eingestellt hat. Ovid nimmt den Anfang von der Entstehung der Welt und schlägt den Bogen über die griechisch-römische Mythenwelt bis zur augusteischen Jetzt-Zeit, der Zeit des Erzählers. Auf diesem Wege verarbeitet er rund 250 Mythen, wovon nicht jede im strengen Sinne eine Metamorphose bietet (z.B. Phaethon, Icarus, Pygmalion u.a.). Die Zusammenstellung wirkt bisweilen arbiträr, entpuppt sich auf den zweiten oder dritten Blick aber als ausgeklügelte Komposition, vor allem dahingehend, dass populäre mit entlegenen Stoffen durchmischt sind. Dabei entzieht sich der ‚Komponist‘, der Autor, seiner Fixierung, so wie das Werk ja auch herkömmliche Gattungsgrenzen (Epos, Lehrgedicht/Katalog) überschreitet: Während manche Forscher einen homogenen auktorialen Erzähler identifizieren wollen, verweisen andere auf das Prinzip der Vielstimmigkeit. Festmachen kann man jedenfalls gut 40 interne Erzähler, die 60 Episoden zur Darstellung bringen. Es sind die großen Themen der Literatur, die Ovid, der poeta doctissimus, zu einem gewaltigen Kunstwerk verfugt: Liebe, Gewalt, Krieg, Romantik, Kultur und Natur, Kunst und Wirklichkeit, Wahrheit und Täuschung, Mythos und Geschichte, Statik und Dynamik, Spiegelung und Verdopplung, Wiederholung und Unumkehrbarkeit. Im Mittelpunkt steht in der Regel ein Mensch oder eine halbgöttliche Gestalt, die in eine Pflanze, ein Tier oder ein Sternbild (Katasterismos) verwandelt wird. Die Metamorphose veranschaulicht eine grundlegende Spannung zwischen einer äußerlichen, körperlichen und einer innerseelischen Disposition und tritt oftmals als Vollzug einer Strafe oder Erlösung in Kraft. Es ist häufiger zu beobachten, dass in der Metamorphose eine im Verwandelten ursprünglich angelegte Qualität äußere Gestalt gewinnt, sich also gleichsam aktualisiert und sichtbar wird.
In der Vorlesung werden wir uns den Höhe- und Tiefpunkten jedes der 15 Bücher zu widmen versuchen. Schließen

Literaturhinweise

Text zur Vorbereitung:
Jürgen Paul Schwindt, „Ovid und die Moderne“, in: Melanie Möller (Hrsg.), Ovid-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart 2021, Sp. 484-493

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