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Zitronenduft in der Atemluft

Drei Teams der Freien Universität wurden im Wettbewerb Research to Market Challenge für ihre forschungsbasierten Geschäftsideen ausgezeichnet. campus.leben stellt sie vor. Teil 3: Hepatec

11.10.2023

Mit dem Konzept für „Hepatec“ hat Physikstudent Sven Schneider mit seinem Team den dritten Platz in der Kategorie „Healthcare & Prevention“ belegt.

Mit dem Konzept für „Hepatec“ hat Physikstudent Sven Schneider mit seinem Team den dritten Platz in der Kategorie „Healthcare & Prevention“ belegt.
Bildquelle: Berliner Sparkasse

Vielleicht das nächste Einhorn? In der Start-up-Welt sind Einhörner junge Unternehmen, die vor einem Verkauf oder Börsengang mindestens eine Milliarde US-Dollar wert sind. Aber wie sehen diese Wundertiere aus, wenn sie gerade erst das Licht der Welt erblicken? Vielleicht wie die Geschäftsideen, die im Wettbewerb Research to Market Challenge prämiiert wurden? Ausgeschrieben wird der Wettbewerb jedes Jahr von Science & Startups, dem Verbund der Start-up-Services von Freier Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, Technischer Universität Berlin und Charité – Universitätsmedizin Berlin. In drei Kategorien gibt es Preisgelder von insgesamt 9.000 Euro zu gewinnen. Teilnehmen können Studierende, Absolvent*innen, Promovierende und wissenschaftliche Mitarbeitende. Mehr Informationen

Platz 3 für Hepatech – ein Screening-Verfahren für die Leberfunktion

Mitgemacht hat auch Physikstudent Sven Schneider. Zusammen mit Fabian Grünberg, der Elektrotechnik an der TU Berlin studiert, mit Physikprofessor Karsten Heyne und dem Physiker Gerome Weiland von der Freien Universität hat er das Konzept für Hepatec eingereicht – und den dritten Platz in der Kategorie „Healthcare & Prevention“ belegt.

Im Konzept geht es um die Weiterentwicklung eines Leberfunktionstests, an dem Karsten Heyne bereits vor einigen Jahren mitgearbeitet hat: Beim sogenannten LiMAx-Test nehmen die Patient*innen ein Medikament ein, danach wird anhand der Rückstände in ihrer Ausatemluft gemessen, wie gut ihre Leber diese Substanz verarbeitet hat, wie gut sie also ihre Funktion erfüllt.

„Das Verfahren ist sehr präzise und wird in Krankenhäusern vor allem vor und nach Operationen an der Leber eingesetzt“, erläutert Sven Schneider. Vermarktet werden die Testgeräte von der Humedics GmbH, die 2009 mit Starthilfe von Profund Innovation gegründet wurde. Für den Einsatz in Arztpraxen oder zur Vorsorge sei der LiMAx-Test jedoch zu aufwendig und zu teuer.

Eine kranke Leber verarbeitet die chemische Verbindung Limonen langsamer

Die chemische Verbindung Limonen ist in der Schale von Zitrusfrüchten wie Zitronen, Limetten und Orangen enthalten und wird von der Leber abgebaut.

Die chemische Verbindung Limonen ist in der Schale von Zitrusfrüchten wie Zitronen, Limetten und Orangen enthalten und wird von der Leber abgebaut.
Bildquelle: Pixabay

Als in einer Versuchsreihe im Rahmen einer Doktorarbeit mit der Charité festgestellt wurde, dass eine verringerte Leberfunktion mit einem Anstieg der Limonenkonzentration in der Ausatemluft zusammenhängt, war eine mögliche Anwendung offensichtlich. Die chemische Verbindung Limonen ist in der Schale von Zitrusfrüchten wie Zitronen, Limetten und Orangen enthalten und wird für Lebensmittel oder Duftstoffe verwendet. Aus diesem Ergebnis ist ein Patent angemeldet worden, das bereits in den USA erteilt wurde.

Die Leber benötigt einige Stunden, um aufgenommenes Limonen vollständig abzubauen – je besser das Organ funktioniert, desto schneller geht es. Ein langsamer Abbau kann somit auf eine Leberkrankung hinweisen, das wurde auch durch die Doktorarbeit bestätigt, die Physikprofessor Karsten Heyne betreut hat.

Sven Schneider untersucht nun in seiner Bachelorarbeit, ob es Faktoren gibt, die diesen Zusammenhang stören können. Wenn wenig Störungen auftreten und es gelingt, ein günstiges Messgerät zu entwickeln, könnten Apotheken einen Leber-Check in Zukunft für etwa 15 Euro anbieten, hat sein Team ausgerechnet. Damit wäre das Verfahren auch zur Vorsorge geeignet: Fällt das Ergebnis des Schnelltests alarmierend aus, wird ein Arztbesuch empfohlen.

Messungen mit dem Prototyp

Physikprofessor Karsten Heyne hat bereits an der Gründung der Humedics GmbH mitgewirkt. Das Unternehmen wurde mit dem Berliner Innovationspreis ausgezeichnet.

Physikprofessor Karsten Heyne hat bereits an der Gründung der Humedics GmbH mitgewirkt. Das Unternehmen wurde mit dem Berliner Innovationspreis ausgezeichnet.
Bildquelle: privat

Für das nächste Jahr sind erste Messungen mit einem Prototyp geplant, gleichzeitig will das Team eine Zulassung des Geräts als Medizinprodukt der Klasse I anschieben. Außerdem gelte es zu klären, ob Limonen als Arzneimittel zugelassen werden muss. Die für den Test benötigte Menge sei aber deutlich geringer als die empfohlene Obergrenze für die Exposition am Arbeitsplatz, sagt Sven Schneider.

„Im Laufe der Research to Market Challenge haben wir im Team die Kernfragen der Geschäftsidee bearbeitet und uns darauf konzentriert, wie wir zu einem einfachen, preiswerten und für alle Menschen zugänglichen Leber-Screening kommen“, sagt Karsten Heyne. Der Physikprofessor kann sich gut vorstellen, das Projekt im Rahmen einer Ausgründung voranzutreiben.

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