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Die Marke Freie Universität Berlin

Interview mit Karin Bauer-Leppin zum Markenbildungsprozess / Workshop für Uni-Mitglieder am 21. Oktober

04.10.2022

Hier wird gelernt, gelehrt, geforscht, gearbeitet: die Freie Universität mit der Rostlaube auf dem Dahlemer Campus.

Hier wird gelernt, gelehrt, geforscht, gearbeitet: die Freie Universität mit der Rostlaube auf dem Dahlemer Campus.
Bildquelle: Katrin Plank-Sabha

Mal einen Schritt neben sich treten, um sich selbst besser zu sehen. Was Menschen von Zeit zu Zeit tun, tun auch Unternehmen, Einrichtungen, Universitäten. Die Freie Universität Berlin macht da keine Ausnahme. Auch mit Blick auf das nächste Jahr, wenn sie ihr 75-jähriges Bestehen feiert, stellen sich wichtige Fragen: Wo stehen wir in der Wissenschaftslandschaft? Wie werden wir wahrgenommen? Welche Universität wollen wir sein? Antworten dazu sollen im Rahmen eines Markenbildungsprozesses entwickelt werden, in den die Uni-Mitglieder einbezogen werden. Koordiniert wird das Projekt von Susanne Fuchs und Karin Bauer-Leppin in der Stabsstelle Kommunikation und Marketing. Ein Gespräch mit Karin Bauer-Leppin, Leiterin der Stabsstelle.

Frau Bauer-Leppin, worum geht es in dem Markenbildungsprozess?

Am Anfang eines solchen Prozesses stehen erst einmal viele Fragen: Wie sehen wir uns selbst, wie beschreiben wir uns? Welche Geschichte erzählt die Freie Universität Berlin über sich, wie tritt sie auf – bei Veranstaltungen, auf ihren Webseiten, innerhalb ihres Netzwerkes? Wie wird die Uni wahrgenommen – von ihren Studierenden, von Lehrenden und Forschenden, den Beschäftigten in der Verwaltung? Wie wird sie von der Öffentlichkeit gesehen, wie in den Medien abgebildet? Wissen die Menschen, was wir tun? Und wenn ja, warum wir es tun? Wie stehen wir im Vergleich mit anderen Institutionen und Einrichtungen da?

Die Antworten auf diese Fragen helfen uns, Werte und Besonderheiten der Freien Universität zu identifizieren und diese letztlich besser sichtbar zu machen.

Karin Bauer-Leppin leitet die Stabsstelle Kommunikation und Marketing.

Karin Bauer-Leppin leitet die Stabsstelle Kommunikation und Marketing.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Warum braucht es einen solchen Markenprozess – und warum braucht es ihn jetzt?

Es sind für Universitäten und Wissenschaftseinrichtungen in ganz Deutschland ungewisse Zeiten. Vieles, was in den vergangenen Jahrzehnten selbstverständlich war, ist es nicht mehr – dabei geht es um Finanzierungsfragen, um Karrierewege, aber auch um die Bedeutung und die Wahrnehmung von Wissenschaft an sich. Hinzu kommt, dass Universitäten in einem immer stärkeren Wettbewerb stehen – innerhalb Deutschlands und international.

Für eine Universität ist es deshalb wichtig, sich zu behaupten und das eigene Profil gut erkennbar zu machen. Dafür zu sorgen, dass die Menschen wissen, wofür sie steht. Gerade jetzt. Zum Profil der Freien Universität gehören ihre 170 Studiengänge, darunter zahlreiche sogenannte Kleine Fächer, ihre breit aufgestellte Forschung, ihr Handeln und ihre Haltung etwa in Bezug auf Nachhaltigkeit, Diversität, gute wissenschaftliche Praxis. Dazu gehört auch, welche Karrierewege die Freie Universität eröffnet. Und natürlich gehört auch die einzigartige Gründungsgeschichte zu ihrem Profil.

Der Markenbildungsprozess soll dabei helfen, all diese Besonderheiten der Freien Universität Berlin, ihre Alleinstellungsmerkmale, herauszuarbeiten und gut zu erzählen. Dafür sorgen, dass diese noch besser als bisher gesehen und bekannt werden. Erste Interviews, die wir mit Außenstehenden und auch Mitgliedern der Universitätgeführt haben, haben deutlich gemacht, dass vieles, was die Freie Universität tut und wofür sie steht, nicht ausreichend bekannt ist.

Aber kann man in Bezug auf eine Universität überhaupt von „Marke“ sprechen?

Marke und Marketing sind Begriffe, die oft falsch verstanden werden – viele denken gleich an Werbung, Konzerne, Konsumgüter. Darum geht es hier nicht. Der Definition nach geht es bei einer Marke um die Idee oder die Vorstellungen, die Menschen – bei Unternehmen wären es Kunden – von einer Institution haben.

In unserem Fall geht es auch darum, wie Menschen die Leistungen und Angebote der Freien Universität Berlin von denen anderer Einrichtungen und Universitäten unterscheiden. Oder vereinfacht: Wenn jemand „Freie Universität Berlin“ hört, das Logo sieht oder unsere Webseite besucht – welche Vorstellung macht sich diese Person von der Universität? Was löst das bei ihr aus? Was glaubt oder weiß sie über uns? Hat sie Vertrauen in die Freie Universität? Denkt sie, dass sich ein Studium an der Freien Universität Berlin lohnt? Vertraut sie den an der Uni gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnissen? Sieht sie die Freie Universität als wichtigen Teil der Stadt Berlin?

Entscheidend ist am Ende natürlich, dass Inhalt und Marke zusammenpassen. Wenn sich eine Universität beispielsweise als nachhaltig bezeichnet, muss sie das in ihrer Struktur und mit Aktionen glaubhaft machen. Kann sie das nicht, wird die Erzählung zu Recht als falsch empfunden werden. Um im Beispiel zu bleiben: Im Bereich Nachhaltigkeit ist die Freie Universität sehr stark und zwar seit Jahrzehnten, Inhalt und Marke passen zusammen. Aber das trifft auch auf andere Institutionen und Universitäten zu – wir können uns mit diesem Merkmal nicht gut von anderen unterscheiden. Es geht uns um mehr: Wir wollen Attribute und Besonderheiten der Freien Universität identifizieren, die sie einzigartig machen und von anderen unterscheiden.

Wie läuft der Prozess der Markenbildung konkret ab?

Aktuell befinden wir uns in der Phase der Analyse. Wir haben im Frühjahr begonnen, ausführliche Interviews mit sogenannten Stakeholdern zu führen – also mit Menschen aus allen Statusgruppen der Universität, aber auch von außerhalb: aus der Politik, von Stiftungen, anderen Forschungseinrichtungen, Drittmittelgebern, aus der Wirtschaft, den Medien. Mit Menschen, die in einer engen Beziehung zu uns stehen und wichtige Multiplikatoren für uns sind. Wir wollten wissen, wie sie die Freie Universität einschätzen, welche Begriffe und Werte sie mit ihr verbinden. Was sie von uns als Freie Universität Berlin erwarten. Und ob wir diese Erwartungen erfüllen.

Die wirklich interessanten Ergebnisse aus diesen ersten etwa 30 Interviews gleichen wir nun in einem zweiten Schritt ab mit der Einschätzung einer größeren Gruppe: In zwei Umfragen – einmal durch eine repräsentative Befragung der Berliner Stadtbevölkerung im Rahmen einer Masterarbeit und einmal durch eine Umfrage innerhalb der Universität unter allen Mitgliedern, also ihren Beschäftigten und Studierenden – wollen wir herausfinden, ob diese große Gruppe zu ähnlichen Aussagen kommt, wie die kleine, die wir zuvor interviewt haben.

Wir freuen uns sehr, dass bereits mehr als tausend Universitätsmitglieder an der internen Befragung teilgenommen haben, die Umfrage ist noch offen, wir freuen uns über alle, die noch mitmachen.

Das Wichtigste an der Universität sind die Menschen, die an ihr arbeiten, forschen, lehren, studieren. Sie müssen sich mit den Werten und der Marke identifizieren können und diese leben. Wie werden sie konkret in den Markenbildungsprozess einbezogen?

Es ist uns sehr wichtig, die Universitätsgemeinschaft einzubeziehen. Denn wenn die Uni-Mitglieder das Markenbild nicht kennen, unterstützen, verkörpern und nach außen tragen, hat es keine Chance, sich durchzusetzen.

Im nächsten Schritt gehen wir deshalb in den unmittelbaren Dialog mit den Mitgliedern der Universität und diskutieren in zwei Workshops – am 6. Oktober und am 21. Oktober – die Ergebnisse der Analyse. An der ersten Veranstaltung, am 6. Oktober, nehmen Vertreter*innen aller Statusgruppen teil. Ausgewählt wurden sie so, dass sie nicht nur Statusgruppen, sondern auch Fachbereiche, Verwaltung usw. repräsentieren. Für die zweite Veranstaltung am 21.10. – sie wird digital ablaufen – kann man sich noch anmelden.

Wir wollen in den Workshops herausfinden, was die Begriffe und Beschreibungen, die wir in den vorhergehenden Befragungen erarbeitet haben, für die Teilnehmenden bedeuten. Ein sogenanntes Sounding Board, ein Gremium aus Persönlichkeiten der Universität und von extern begleiten den Markenbildungsprozess beratend.

Im nächsten Jahr wird es darum gehen, die Ergebnisse in die Universität zu tragen, auch dabei soll die Uni-Gemeinschaft immer wieder einbezogen werden. Wir sind aktuell dabei, den Prozess auch auf Englisch zu beschreiben, damit auch nichtdeutschsprachige Kolleg*innen und Studierende sich beteiligen können. Dass das noch fehlt, wurde zu Recht kritisiert.

Auf dieser Webseite finden sich alle wichtigen Informationen zum gesamten Prozess und auch zum Workshop am 21. Oktober.

Was erwartet Interessierte am 21. Oktober konkret, und warum sollte man teilnehmen?

Wir haben einen kurzweiligen digitalen Workshop geplant. Aus den Interviews und Befragungen wissen wir, dass es Freude macht, sich mit Fragen zum Profil der Universität zu beschäftigen und sich dazu mit anderen auszutauschen. Immerhin ist die Institution Freie Universität Berlin wichtig für uns – als Arbeitgeberin, als Ort des Lernens, Lehrens und Forschens. Jeder hat spannende Geschichten beizutragen und eigene Erfahrungen gemacht. Der Workshop bietet die Gelegenheit, sich einzubringen.

Was ist das Ziel des Markenprozesses, was steht am Ende?

Am Ende werden wir idealerweise herausgefunden haben, wie wir uns selbst am besten beschreiben – so, dass wir gut verstanden werden. Wir werden Begriffe und Werte formuliert haben, ein Profil erstellen und Perspektiven aufzeigen. Und auch das steht an: Wir sehen uns den digitalen Auftritt an: Funktionieren Farben, Logos, Designs? Sind sie zeitgemäß? Passen sie auch zu neuen Medienformen? Wir beschäftigten uns mit den drei Begriffen aus dem Siegel: Veritas, Iustitia, Libertas. Das Motto aus der Gründungszeit ist relativ bekannt, doch wofür steht es genau? Wie passt es in die heutige Zeit? Sind die Begriffe noch immer prägend? Das müssen wir beantworten.

Zum Schluss die Frage: Was bedeutet das Ergebnis des Markenbildungsprozesses für Studierende, Mitarbeitende, Lehrende, Forschende? Inwiefern hat der Prozess konkreten Einfluss auf mich als Person?

Die „Marke Freie Universität Berlin“ hat natürlich Einfluss auf ihre Mitglieder: Es geht um Reputation und um Vertrauen in die Freie Universität als Institution. Wenn eine Universität einen guten Ruf hat – als Ausbilderin und Arbeitgeberin –, hat auch ein Studienabschluss dieser Universität einen guten Ruf – bei künftigen Arbeitgeber*innen und Kolleg*innen, bei Wissenschaftler*innen und in der Gesellschaft. National und International.

Die Fragen stellten Anna Tischewski und Christine Boldt