Feierlich begrüßt: die neu gewählten Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten
Neu gewählte Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte verschiedener Bereiche stehen am Anfang ihrer Amtszeit – das war für das Team geschlechter*gerecht Anlass für eine Feier mit viel Austausch.
08.05.2024
Vor dem Foto John F. Kennedys verharrt die Person scheinbar ratlos. Sophie Schultze-Allen, Tanzwissenschaftler*in und Tänzer*in, zögert und bemüht sich dann, die kernig-dynamische Körpersprache des US-amerikanischen Präsidenten nachzuahmen – Schultern zurück, eine Hand am Hosenbund, Kopf hochgereckt. Das Foto im Henry-Ford-Bau zeigt den Staatsmann bei seinem Besuch der Freien Universität im Jahr 1963. Von diesem Besuch gibt es Fotos, auf denen zu sehen ist, dass bei Kennedys Rede fast nur Männer in den ersten Reihen saßen.
Am 26. April standen im Zwischengeschoss des Henry-Ford-Baus, wo das Kennedy-Foto Teil einer Dauerausstellung ist, Frauen im Fokus: Die neu gewählten Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten wurden in ihr Amt eingeführt. Zum Programm gehörte neben der Performance Dancing Dialogue von Dr. Mariama Diagne und Sophie Schulze-Allen, die durch Körper in Bewegung gesellschaftliche Machtverhältnisse thematisierten, auch die feierliche Begrüßung im Amt und natürlich Festreden. Die Erste Vizepräsidentin Verena Blechinger-Talcott gratulierte den Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten aus 14 Bereichen und deren Stellvertreterinnen, die offiziell am 1. April in ihr Amt bestellt worden waren. Als Symbol für den gesetzlichen Auftrag übergab sie jeweils eine Broschüre mit dem einschlägigen Paragrafen des Berliner Hochschulgesetzes zu Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten.
Professorin Verena Blechinger-Talcott hatte vor vielen Jahren Erfahrungen mit den Vorstellungen von Gleichstellung an einer Universität in Süddeutschland gesammelt. „Wenn eine Abteilung aus drei Professoren, zwei wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und einer Sekretärin bestand, hieß es: Das ist paritätisch!“, erinnert sie sich. Da werde an der Freien Universität zum Glück anders an das Thema herangegangen. Bei den Professor*innen betrage der Frauenanteil knapp 40 Prozent. Es sei eine Sache, Normen zu definieren – eine andere, diese Werte in täglicher Arbeit umzusetzen. „Man muss aushalten, sich auch unbeliebt zu machen“, sagte Verena Blechinger-Talcott. „Ihre Arbeit ist eine harte Arbeit. Eine wichtige Arbeit“, gab sie den Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten mit auf den Weg.
Rückgrat und ein dickes Fell
Eine Neuerung hatte die zentrale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte Dr. Corinna Tomberger zu verkünden: Das „Team Zentrale Frauenbeauftragte“ heißt ab sofort „Team geschlechter*gerecht“. Dies spiegelt wider, dass die Arbeit schon seit Jahren nicht nur Frauenförderung in den Blick nimmt, sondern den Abbau diskriminierender Strukturen in Bezug auf alle Geschlechter. Arbeit gibt es in jedem Fall genug: von individueller Beratung über die Entwicklung von Förderprogrammen bis zur Beteiligung an Berufungsverfahren.
Corinna Tomberger freute sich über die Resonanz, die die Veranstaltung mit etwa 80 Gästen fand. Dies zeige: „Der gesetzliche Gleichstellungsauftrag wird an der Freien Universität gelebt.“ „Der Hauptzweck dieses Nachmittags ist es, miteinander ins Gespräch zu kommen. Ich sehe, das erfüllt sich“, sagte sie mit Blick auf die Teilnehmenden, die sich um Stehtische zusammenfanden und angeregt unterhielten. Corinna Tomberger zeigte sich zufrieden darüber, dass seit der Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes vor drei Jahren mehr Arbeitszeit für das Amt der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten zur Verfügung stehen. „Das Amt stellt hohe Anforderungen. Es braucht Rückgrat, manchmal ein dickes Fell“, sagte Corinna Tomberger. „Es bietet aber auch Gestaltungsmöglichkeiten. Kollegialer Austausch und unser Weiterbildungsprogramm FUTURA unterstützen die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten in der Ausübung ihres gesetzlichen Auftrags.“
‚Mühen der Ebene‘ beherzt angehen
Auf ihre Tätigkeit zurück blickten die jüngst ausgeschiedenen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der Fachbereiche Physik und Geschichts- und Kulturwissenschaften, Dr. Beate Schattat und Ellinor Trenczek. Besonders angenehm in Erinnerung bleiben wird Beate Schattat die Vernetzung im Plenum der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten. Darüber hinaus seien bundesweite Treffen der Frauenbeauftragten in der Physik sehr bereichernd gewesen. Auf viele Erfolge blickte sie zurück, so hätten zum Beispiel kürzlich 130 Schülerinnen beim Girls’ Day an Workshops des Fachbereichs Physik teilgenommen. „Wir haben viel geschafft. Es gibt viel zu tun. Den Mut nie verlieren und Spaß haben“, gab Beate Schattat den amtierenden Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten mit auf den Weg.
Ellinor Trenczek berichtete, dass sie nach ihrer ersten Berufungskommission fast hingeworfen hätte. Die Arbeit in Gremien und Kommissionen sei bisweilen herausfordernd. „Es ist ein politischer Kampf, dieses Amt auszuüben“, sagte sie. Da sie aber von der Wichtigkeit der Gleichstellungsarbeit überzeugt sei, habe sie weitergemacht. Geholfen haben ihr Rat und Unterstützung der Amtskolleginnen. Es gelte, auch kleine Erfolge zu feiern: „Jedes Mal, wenn sich jemand vertrauensvoll an uns wendet, ist das ein Erfolg“, sagte Ellinor Trenczek.
Corinna Tomberger dankte den scheidenden und neuen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten für ihr Engagement und verteilte Rosen, bevor mit Sekt und Selters angestoßen und das Buffet eröffnet wurde. Um den gesetzlichen Auftrag Gleichberechtigung im Alltag Wirklichkeit werden zu lassen, stehe eines fest: „Die Freie Universität braucht engagierte Frauen, die die ‚Mühen der Ebene‘ tatkräftig und beherzt angehen“, sagte die zentrale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte.