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Studium der Veterinärmedizin

Mein erster Patient – eine Plastikkuh?

Am Modell einer Kuh üben Studierende, wie die Betäubung vor einem Kaiserschnitt durchgeführt  werden muss.

Am Modell einer Kuh üben Studierende, wie die Betäubung vor einem Kaiserschnitt durchgeführt werden muss.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Die einzelnen Operationsschritte eines Kaiserschnitts können heutzutage dank des Modells  schmerzfrei durchgeführt werden.

Die einzelnen Operationsschritte eines Kaiserschnitts können heutzutage dank des Modells schmerzfrei durchgeführt werden.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Mit vereinten Kräften: Das Kalb ist ebenfalls ein Modell und wird nach dem Kaiserschnitt aus dem Mutterleib gezogen.

Mit vereinten Kräften: Das Kalb ist ebenfalls ein Modell und wird nach dem Kaiserschnitt aus dem Mutterleib gezogen.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Wer Tierärztin oder Tierarzt werden möchte, sollte seine zukünftigen Patienten gut kennen. Studierende müssen die Anatomie der Tiere beherrschen, Krankheitssymptome richtig deuten und die notwendigen Maßnahmen zur Heilung einleiten. Fingerfertigkeit ist dabei das A und O: bei der Trächtigkeitsuntersuchung am Rind ebenso wie bei der Tumor-OP von langjährigen Familienmitgliedern wie Mieze & Co.

Die Ausbildung an lebenden Tieren zählt nach dem Tierschutzgesetz in den allermeisten Fällen jedoch als Tierversuch. Gibt es Alternativen? Und wo sind sie sinnvoll – und wo nicht?

Im Sinne der 3R – reduce, refine, replace – werden die Lehrveranstaltung im Veterinärmedizinstudium immer wieder auf die Möglichkeit von Alternativmethoden hin überprüft, zum Beispiel bei den Anatomie-Veranstaltungen im 3. Semester, bei denen bereits zum Teil mit anatomischen Modellen gearbeitet wird. An der Präparation von echtem Gewebe führt für die Studierenden jedoch kein Weg vorbei.

Nach dem Tierschutzgesetz wäre die Tötung zu wissenschaftlichen Zwecken zwar erlaubt, an der Freien Universität Berlin verliert jedoch kein Tier für die Präparier-Kurse sein Leben. Es werden nur noch Körper von Tieren seziert, die ohnehin getötet werden mussten. “Wir haben ein Spenderprogramm, bei dem wir mit Tierarztpraxen zusammenarbeiten. Sie stellen uns, mit dem Einverständnis der Besitzer, Tierkörper für die Lehre zur Verfügung“, sagt Professorin Christa Thöne-Reineke, Tierschutzbeauftragte der Freien Universität Berlin.

Veterinary Skills Lab

Bevor im klinischen Studienabschnitt (ab dem 6. Semester) die Lehre an lebenden Tieren beginnt, trainieren die Studierenden typische medizinische Eingriffe an Modellen. 2016 initiierte der Fachbereich Veterinärmedizin dafür das Veterinary Skills, um den Tierschutz in der Lehre verstärkt zu verankern. 

Skills-Labs – in der Humanmedizin für das Training neuer Operationstechniken längst Standard – sind in der Tiermedizin noch relativ neu. An Modellen lernen die Studierenden die Blutentnahme, intravenöse Injektionen oder das Intubieren. An künstlicher Haut aus Schaumstoff und mehreren Kunststofflagen setzen sie ihr Skalpell an und schließen danach die Wunde mit Nadel und Faden.

Vorbereitung für den Kaiserschnitt am Kuhmodell

Vorbereitung für den Kaiserschnitt am Kuhmodell
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

„Gerade chirurgische Fähigkeiten und der Umgang mit Instrumenten lassen sich mit relativ einfachen Mitteln einüben“, sagt Christa Thöne-Reineke. Dazu gehört auch der Kaiserschnitt oder die Korrektur von Fehllagen unter der Geburt. Viele Modelle hat die Fortpflanzungsklinik gemeinsam mit den Studierenden entwickelt. Studierende sind dabei sehr kreativ, so dass mitunter auch Plüsch und Farbe zum Einsatz kommen.“

Wie zum Beispiel beim Modell für die Lumbalpunktion, die für eine Schmerzausschaltung durch Injektion eines Lokalanästhetikums in die Nähe des Rückenmarks notwendig ist. Das Modell besteht aus einem Stück Rinderwirbelsäule und feinen Schläuchen. Es ist mit schwarz-weiß geflecktem Kunstfell überzogen. Gut zu wissen, wie sich die Stelle anfühlen muss, an der die Injektionsnadel in den Spinalkanal zwischen zwei Wirbeln eindringen soll, bevor man diese Stelle in der Hektik einer echten Geburt – oft unter schlechten Lichtverhältnissen im Stall – suchen muss.

Sind die wichtigsten Handgriffe eingeübt, werden künftige Tierärztinnen und Tierärzte an lebendigen Tieren ausgebildet: an Hund, Katze, Schwein, Rind, Pferd und Geflügel. Tiererkrankungen, Diagnostik und Tierschutz gehören ebenso zum Studienplan wie Tierzucht, Lebensmittel- und Fleischhygiene.