Vortrag | Artefakte der babylonischen astralen Wissenschaften im Vorderasiatischen Museum
Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung Hinter dem Bauzaun – Schätze des Vorderasiatischen Museums neu entdeckt
- Prof. Dr. Dr. Mathieu Ossendrijver, Institut für Wissensgeschichte des Altertums, FB Geschichts- und Kulturwissenschaften, Freie Universität Berlin
- Dr. Marvin Schreiber, Institut für Wissensgeschichte des Altertums, FB Geschichts- und Kulturwissenschaften, Freie Universität Berlin
Zur Sammlung des Vorderasiatischen Museums gehören auch zwei einzigartige Keilschrifttafeln aus Uruk, die insbesondere wegen ihrer Zeichnungen, sog. Gestirndarstellungen, bekannt sind. Es handelt sich um die beiden Tafeln VAT 7847 und 7851, mit symbolischen Darstellungen der Tierkreiszeichen Löwe (Leo) und Stier (Taurus). Diese beiden Texte gehören zur Mikrozodiakserie. Es handelt sich, neben einem Textfragment im Louvre, um die einzigen Textfragmente dieser Serie, welche Zeichnungen der Tierkreiszeichen und Planeten enthalten. Zusammen mit zwei Kalendertexten aus der Sammlung des VAM, die mit der Mikrozodiakserie in Zusammenhang stehen, bilden sie Schlüsseltexte zum Verständnis der spätbabylonischen Astrologie. Inhalt und Bedeutung dieser Texte werden in der Vorlesung vorgestellt.
Das Vorderasiatische Museum ist seit dem 23. Oktober des vergangenen Jahres geschlossen. Ein Wiedersehen mit Ischtar-Tor und Co. wird es voraussichtlich nicht vor 2037 geben. Das heißt zum Beispiel: Die Kinder, die im letzten Herbst eingeschult wurden, werden dann ihre Schulzeit bereits hinter sich haben.
Ein geschlossenes Museum bedeutet aber nicht, dass seine Schätze verschwinden. Die Forschung geht weiter. Ein großes Forschungsnetzwerk in Berlin beschäftigt sich mit den Zeugnissen aus dem antiken Vorderasien. Zu diesem Netzwerk gehören u. a. die Freie Universität Berlin, das Deutsche Archäologische Institut und natürlich das Vorderasiatische Museum selbst. Hinzu kommen zahlreiche nationale und internationale Kooperationen.
Die Ringvorlesung macht ausgewählte, nun hinter den Baugerüsten verschwundene Museumsschätze sichtbar. Dazu gehören berühmte Highlights wie das Ischtar-Tor aus Babylon, aber auch auf den ersten Blick unscheinbare Objekte wie eine zerbrochene Tontafel, Elfenbeinfragmente oder ein Lehmziegel. Jede Woche präsentieren jeweils zwei Vortragende ein Objekt oder eine Objektgruppe aus der Sammlung des Museums aus unterschiedlichen fachlichen Blickwinkeln.
Auf diese Weise zum Sprechen gebracht eröffnen die Sammlungsobjekte Einblicke in die Breite und Buntheit vergangener Lebenswelten: Sie erzählen von den ersten Metropolen, von religiösen Praktiken im Großen wie im Kleinen, vom Alltagsleben und von Herrscherideologien, von uralten Mythen und astronomischen Berechnungen, von Schönheit und Verfall. Zugleich vermittelt die Vorlesung das Spektrum der Erforschung der antiken Hinterlassenschaften. Zum Einsatz kommen Archäologie und naturwissenschaftliche Analytik, restauratorische Arbeit, historische und stilistische Einordung, Forschung zu Sprachen und Schriften, bis hin zu digitalen Methoden und KI-gestützten Verfahren.
Zeit & Ort
16.07.2024 | 18:15 - 19:45
Hörsaal 1b,
Gebäudekomplex Habelschwerdter Allee 45,
14195 Berlin