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24 Stunden grüne Chemie

Innovationsmarathon zur „Chemiewende“: Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries zu Besuch an der Freien Universität

03.10.2017

Bundesministerin Brigitte Zypries überreichte dem Siegerteam einen Gutschein für einen Entrepreneurship-Kurs

Bundesministerin Brigitte Zypries überreichte dem Siegerteam einen Gutschein für einen Entrepreneurship-Kurs
Bildquelle: Jonas Huggins

Grüne Chemie beschreibt den Versuch, chemische Prozesse in allen Teilen der Wertschöpfungskette umwelt- und gesundheitsverträglicher zu machen. Bekannt wurde das Schlagwort im Jahr 2005, als drei Wissenschaftler für die Erforschung eines effizienteren und damit umweltverträglicheren Verfahrens der Synthese organischer Moleküle den Chemie-Nobelpreis erhielten. „Was Sie hier machen, ist eine sehr wichtige Sache“, sagte deshalb auch Bundesministerin für Wirtschaft und Energie Brigitte Zypries, als sie sich am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität Berlin die Ergebnisse des Innovationsmarathons zur „Chemiewende“ ansah. Sieben Teams traten dabei vor eine neunköpfige Jury, der neben der Ministerin hochrangige Vertreter aus Forschung, Presse und Industrie angehörten. Sie trugen in einem dreiminütigen Pitch ihre Idee vor, wie grüne Innovationen in der Chemie Erfolg haben können.

Zuvor hatten die rund 35 Teilnehmer eine intensive Arbeitsphase durchstanden: 24 Stunden lang hatten sie die Schwierigkeiten für Start-Ups in der Chemie analysiert und an Lösungen getüftelt. Sie hatten Interviews mit mehr als 60 Experten geführt, zum Teil telefonisch, zum Teil persönlich. Die letzten Stunden des Marathons hatten die Teilnehmer damit verbracht, ihre Ideen in einem Pitch prägnant zusammenzufassen.

Prof. Dr. Hannes Rothe (rechts) moderierte gemeinsam mit dem ehemaligen australischen Diplomaten und Berater für Umweltpolitik Paul Hohnen (links) die Schlussveranstaltung des Innovationsmarathons.

Prof. Dr. Hannes Rothe (rechts) moderierte gemeinsam mit dem ehemaligen australischen Diplomaten und Berater für Umweltpolitik Paul Hohnen (links) die Schlussveranstaltung des Innovationsmarathons.
Bildquelle: Jonas Huggins

In ihrer Ansprache hob Brigitte Zypries die Bedeutung einer nachhaltiger Innovation in der Chemie hervor.

In ihrer Ansprache hob Brigitte Zypries die Bedeutung einer nachhaltiger Innovation in der Chemie hervor.
Bildquelle: Jonas Huggins

Rund 35 Studierende und Promovierende blieben 24 Stunden lang wach, um an ihren Ideen für grüne Innovation in der Chemie zu arbeiten.

Rund 35 Studierende und Promovierende blieben 24 Stunden lang wach, um an ihren Ideen für grüne Innovation in der Chemie zu arbeiten.
Bildquelle: Jonas Huggins

Jedes Team hatte sich mit einem anderen Bereich beschäftigt, von der Forschung über die Investoren und die Industrie bis hin zu Presse und Politik. Die Mannschaft, die sich direkt mit der Perspektive der Start-Ups auseinandergesetzt hatte, konnte die Jury letztlich am meisten überzeugen. Die Teammitglieder aus Kanada, Wales, Deutschland und Peru hatten eine digitale Plattform konzipiert, auf der junge Gründer mit Experten in Verbindung gebracht werden sollen. Für ihren Sieg erhalten sie einen Entrepreneurship-Kurs in Wert von 5000 Euro, für den das Team Anfang November erneut in Berlin zusammenfinden wird, um die digitale Plattform weiter auszuarbeiten: Beim „Enterprise Fair: Digital Startup Ecosystem“, eine Veranstaltung, die die Freie Universität im Rahmen der Berlin Science Week anbietet.

„Es gibt unendlich viele Schwierigkeiten für Start-Ups in der Chemie, aber gleichzeitig viel Interesse von allen Seiten und ein hohes Potenzial“, sagte Louise Dölger. Sie hat soeben ihren Master in Wirtschaftschemie an der Universität Kiel abgeschlossen und die Idee des Start-Up-Teams vorgestellt. Die Nacht durchzuarbeiten war für sie eine besondere Erfahrung: „Heute Morgen war es schwierig, die Augen offenzuhalten. Aber wir haben durchgearbeitet“, sagte sie. „Es herrschte eine sehr konstruktive Atmosphäre. Die Teams haben einander unterstützt und alle hatten Spaß an der Sache.“

Brigitte Zypries hob die Bedeutung von nachhaltiger Innovation hervor. „Die chemische Industrie ist für moderne Technologien und für unsere Wirtschaft von hoher Bedeutung“, sagte die Ministerin. Die größte Herausforderung sei, dass viele Rohstoffe nicht mehr in ausreichender Menge zur Verfügung stünden. „Die Pitchs haben mich aber zuversichtlich gestimmt, dass die Chemiebranche mit den Herausforderungen mithalten kann“, sagte sie.

Einen Start-Up-Boom, wie er aus dem IT-Bereich bekannt ist, hat es in der Chemie bislang noch nicht gegeben. Hannes Rothe, Professor für Educational Service Engineering und IT-Entrepreneurship an der Freien Universität Berlin und Organisator des Innovationsmarathons, sieht dafür einige Gründe: Ein Chemie-Start-Up, das ein neues Produkt oder einen neuen Prozess entwickeln wolle, brauche Zugang zu einem Labor. Damit seien hohe Kosten verbunden. Gleichzeitig seien Innovationen in der Chemie nicht so leicht skalierbar wie etwa eine App, die sich einfach verbreiten lässt. Darum sei es auch schwieriger, Investoren zu gewinnen.

Der Innovationsmarathon war Teil des Wissenschaftsforums Chemie zum 150. Jubiläum der Gesellschaft Deutscher Chemiker. Vorbild sind die sogenannten Hackathons für Programmierer. In der Chemie war der Marathon die erste Veranstaltung dieser Art – und das Interesse groß. „Früher war Nachhaltigkeit in der Chemie nur ein moralisches Thema. Man hat es für den Naturschutz gemacht“, sagte Hannes Rothe. „Heute erkennt auch die Industrie, welches Innovationspotenzial in der grünen Chemie steckt.“

Weitere Informationen

Die sieben Teams des Innovationsmarathons stellen online schriftlich und mit einem Kurzvideo ihre Ergebnisse vor.