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„Die lassen nicht locker“

Was kommt für studentische Gründerinnen und Gründer nach dem Funpreneur-Wettbewerb? Bei der Abschlussveranstaltung des 25. Durchgangs berichteten drei Alumni, wie sich ihre Projekte entwickelt haben

14.12.2018

Noor Edres ist Projektleiterin bei Über den Tellerrand e.V. und berichtete von den Erfolgen des ehemaligen Funpreneur-Projekts.

Noor Edres ist Projektleiterin bei Über den Tellerrand e.V. und berichtete von den Erfolgen des ehemaligen Funpreneur-Projekts.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Ein elektronisches Schlagzeug, das in jede Tasche passt, ein Fahrradsattelüberzug mit Wärmekissen für kalte Tage und WhatsApp-Kurse für Menschen ab 60 – mit diesen Geschäftsideen haben Studierende im Funpreneur-Wettbewerb des laufenden Semesters die ersten drei Plätze belegt. Der Gründungswettbewerb wird unter dem Dach des Digital Entrepreneurship Hub an der Freien Universität ausgerichtet – die Einrichtung ist am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft angesiedelt (Link: https://de-hub.org/). Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gründen mit symbolischen fünf Euro Startkapital ein Unternehmen auf Zeit und setzen ihre Ideen binnen fünf Wochen um. Unter Anleitung können Studierende aller Fachbereiche in dem geschützten, universitären Rahmen testen, ob sie Spaß daran haben, unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Dabei werden sie von Paten aus den Reihen der Wirtschaftsjunioren Berlin sowie aus dem Netzwerk Unternehmertum der Freien Universität Berlin unterstützt. Einige Funpreneure führen ihre Firmen auch nach dem Wettbewerb weiter oder starten mit einer neuen Geschäftsidee. Zur Abschlussveranstaltung des 25. Durchgangs hatten die Initiatoren drei Alumni eingeladen und sie gebeten, über die Fortsetzung ihrer Funpreneur-Geschichte zu berichten.

Die ehemalige Funpreneurin Stella Bauhaus gründete nach ihrem Studium den Verein Linie 94 e.V. und die Bauhaus Omnibusbetrieb GmbH.

Die ehemalige Funpreneurin Stella Bauhaus gründete nach ihrem Studium den Verein Linie 94 e.V. und die Bauhaus Omnibusbetrieb GmbH.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Stella Bauhaus gehörte zum Funpreneur-Jahrgang 2011. Mit einer Kommilitonin hatte die Lehramtsstudentin damals für ein Wochenende das „RESTaurant“ eröffnet: Dort wurde ausschließlich mit Lebensmitteln gekocht, die in Supermärkten als unbrauchbar aussortiert worden waren. Auf der Abschlussveranstaltung des 25. Wettbewerbs in der IHK Berlin berichtete sie von ihren Erfahrungen. „Vor sieben Jahren war unsere Idee noch recht neu – und daher mit vielen Schwierigkeiten verbunden“, sagt Stella Bauhaus. Dennoch hat es am Ende geklappt: Im „RESTaurant“ durfte jeder Gast für sein Menü den Preis bezahlen, den er sich leisten konnte oder den ihm das Essen wert war. „Mir hat besonders gefallen, dass sich bei uns sehr viele unterschiedliche Menschen begegnet sind“, berichtet Stella Bauhaus.

Nach diesem Erfolg hätte die damals angehende Lehrerin gern weitergemacht, aber sie steckte mitten im Referendariat und wollte zunächst ihre Ausbildung beenden. Nach dem Abschluss kaufte sie einen alten Doppeldeckerbus und baute ihn zu einer Küche mit Restaurant auf Rädern um. Ihr Konzept: Jugendliche aus verschiedenen Milieus sollen sich beim gemeinsamen Kochen und Essen kennenlernen. „Wir wollen Kinder aus ihrem normalen Umfeld holen, sagt Stella Bauhaus. Den Bus der Linie 94 – so lautet der Name des Vereins und des Projekts – könne man sich als eine Art „fliegendes Klassenzimmer“ vorstellen. Inzwischen hat die Sozialunternehmerin nicht nur einen Verein gegründet, sondern auch einen Busführerschein gemacht, eine Prüfung zur Omnibusunternehmerin absolviert und einen Omnibusbetrieb angemeldet. Die Linie 94 ist in Stadt und Land unterwegs und hat inzwischen sieben Teammitglieder und drei Busse. Partner und Auftraggeber sind Jugendämter und soziale Initiativen, aber auch Firmen und Privatleute.

Über den Tellerrand schauen: #maketheworldabetterplate

Begegnungen beim Kochen und Essen sind auch die Kernidee des ehemaligen Funpreneur-Projekts „Über den Tellerrand“. Ninon Demuth, Gerrit Kürschner, Carolin Strehmel und Bontu Guschke wollten 2013 dem Thema Asyl ein neues Gesicht geben: Sie fragten Geflüchtete im damaligen Camp auf dem Oranienplatz nach ihren Lieblingsrezepten aus der Heimat und kochten mit ihnen gemeinsam. So erfuhren die Studentinnen und Studenten auch viel über das Leben der geflüchteten Menschen. Aus den Rezepten und Geschichten entstand ein Kochbuch, das sich noch während des Wettbewerbs 400 Mal verkaufte. Motiviert durch das große Medienecho und das positive Feedback der Flüchtlinge haben alte und neue Teammitglieder das Projekt fortgeführt und erweitert. Auf der Abschlussveranstaltung berichtete Noor Edres, wie die Arbeit von „Über den Tellerrand e.V.“ heute aussieht: Im vereinseigenen „Kitchen Hub“ in Berlin-Schöneberg finden fast täglich Koch-, Film- oder Musikabende statt. 2016 erschien das dritte Kochbuch. Bundesweit haben sich 30 offizielle „Satelliten“ gegründet, die mit ihren Projekten nach dem Motto #maketheworldabetterplate soziale Teilhabe für Menschen mit Fluchterfahrung ermöglichen.

Michael Rödiger (links) und Sophia Alexandridis (rechts) liefern Buchtaschen unter dem Namen Cayoubo bereits an 13 Buchhandlungen in Deutschland und Österreich.

Michael Rödiger (links) und Sophia Alexandridis (rechts) liefern Buchtaschen unter dem Namen Cayoubo bereits an 13 Buchhandlungen in Deutschland und Österreich.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Michael Rödiger und Sophia Alexandridis haben gerade erst vor sechs Monaten – im Sommersemester 2018 – den Funpreneur-Wettbewerb gewonnen. Unter dem Namen „Cayoubo“ („Carry your book“) bieten sie handgenähte Buchtaschen aus bunt gemusterten Stoffen an, mit denen das Lieblingsbuch auch unterwegs immer griffbereit ist. Das Accessoire ist inzwischen in 13 Buchhandlungen in Deutschland und Österreich erhältlich, 450 Stück wurden bereits verkauft. „Da wir unsere eigenen Arbeitskosten noch nicht einrechnen, haben wir von Anfang an Gewinne erzielt“, sagt Michael Rödiger. Das Team hat eine Unternehmergesellschaft gegründet und arbeitet derzeit im Seminar BusinessplanLab an einem Geschäftskonzept für die Zukunft.

Entrepreneure mit einem persönlichen Anliegen sind erfolgreicher

Die drei ehemaligen Funpreneur-Teams hätten eines gemeinsam, sagte Professor Martin Gersch vom Department Wirtschaftsinformatik der Freien Universität, das den Funpreneur-Wettbewerb ausrichtet: Sie alle seien sogenannte „User Entrepreneure“. User Entrepreneure, so die Definition der Forschung, verfolgten mit ihrer Geschäftsidee ein sehr persönliches Anliegen. „Sie lassen nicht locker“, sagte Martin Gersch. Und deshalb seien sie laut Statistik besonders erfolgreich. Betrachte man Firmen zum Zeitpunkt ihrer Gründung, so hätten die User Entrepreneure nur einen Anteil von zehn Prozent an der Gesamtheit der Gründungen. Zwei Jahre später betrage ihr Anteil jedoch bereits 50 Prozent. „Sie haben also nachweislich eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit.“ Dies bestätigten auch die Ergebnisse des Funpreneur-Wettbewerbs, sagte der Betriebswirtschaftsprofessor.

Nikolas Wagner Bozzolo, Marc Moosreiner, Rafael Prado und Sebastian Schmidt (v.l.n.r.) von Jam G8 wurden mit dem ersten Platz ausgezeichnet.

Nikolas Wagner Bozzolo, Marc Moosreiner, Rafael Prado und Sebastian Schmidt (v.l.n.r.) von Jam G8 wurden mit dem ersten Platz ausgezeichnet.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Auch die Gewinner des 25. Wettbewerbs wollen nicht lockerlassen: Rafael Prado, Sebastian Schmidt, Nikolas Wagner Bozzolo und Marc Moosreiner haben ein elektronisches Schlagzeug entwickelt, das in jede Tasche passt. Zusammen mit Sensor-Clips, die Vibrationen aufnehmen, und einem Smartphone oder Computer macht „Jam G8“ aus jeder beliebigen Oberfläche eine Trommel. „So wird Schlagzeugspielen einfach, erschwinglich und mobil“, sagt Marc Moosreiner. „Die Idee ist einfach zu gut und der Erfolg der letzten Wochen zu groß, um jetzt damit aufzuhören.“

Weitere Informationen

Der Funpreneur-Wettbewerb beginnt in jedem Semester mit einem Workshop zur Teamfindung und der Ausarbeitung potenzieller Geschäftsideen; in weiteren Workshops werden die Teams auf die fünfwöchige Praxisphase vorbereitet. Für diese erhalten die Studierenden symbolische fünf Euro Startkapital und bekommen ehrenamtliche Wirtschaftspaten der Wirtschaftsjunioren Berlin e. V. und des Netzwerks für Unternehmertum der Freien Universität Berlin vermittelt. Neben der Berliner Sparkasse sind die Industrie- und Handelskammer Berlin, die Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen der Freien Universität Berlin e. V. sowie die Kanzlei Härting Partner der hochschulübergreifenden Lehrveranstaltung; sie findet im Rahmen der Allgemeinen Berufsvorbereitung für Bachelorstudiengänge statt und kann als offenes Format von Studierenden aller Berliner Hochschulen besucht werden.

Die nächste Runde des Funpreneur-Wettbewerbs startet zum Sommersemester am 23. April 2019. Interessierte können sich vorab unter https://fu-berlin.de/funpreneur oder per E-Mail bei Natalie Nirenberg, Koordinatorin des Funpreneur-Wettbewerbes, anmelden.

Die Gewinner des 25. Wettbewerbs

Alumni

Kontakt

Natalie Nirenberg, Freie Universität Berlin, Fachbereich Wirtschaftswissenschaft, Tel: +49 (0)30 838 65984, E-Mail: natalie.nirenberg@fu-berlin.de