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Schnüffelnase für Gewächshäuser und Mathe fürs Handy

Campusleben stellt Geschäftsideen vor, die im Ideenwettbewerb „Research to Market Challenge“ ausgezeichnet wurden

02.08.2019

Preis in der Tasche: Das Projekt Green DiagNose erhielt ein Preisgeld von 1.500 Euro für den ersten Platz in der Kategorie Life Sciences & Health.

Preis in der Tasche: Das Projekt Green DiagNose erhielt ein Preisgeld von 1.500 Euro für den ersten Platz in der Kategorie Life Sciences & Health.

Wer Cannabis für medizinische Nutzung anbaut, darf keine Pestizide verwenden. So gehen den Betreibern von Gewächshäusern bis zu 25 Prozent des Ertrags verloren, weil Pflanzen von Erregern und Schädlingen befallen werden. „Ein herber Verlust“, sagt Tina Kasal-Slavik, doch sie hat eine Lösung parat. Auf der Abschlussveranstaltung des Ideenwettbewerbs Research to Market Challenge im Saal des Max-Liebermann-Hauses, Sitz der Kulturstiftung der Berliner Sparkasse am Brandenburger Tor, präsentierte die promovierte Biologin ihre Geschäftsidee namens Green DiagNose: Ein intelligentes System meldet, lokalisiert und identifiziert Pathogene und Parasiten auf den Pflanzen kurz nach einem Befall oder einer Infektion. Die Gewächshausbetreiber werden über eine Software alarmiert und können reagieren. Das System sei grundsätzlich auch auf Blumen und Gemüse in Gewächshäusern anwendbar, ergänzt Tina Kasal-Slavik, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe der Professorin Anke Steppuhn am Institut für Biologie der Freien Universität Berlin tätig ist.

Ihr Konzept war eine von drei Ideen in der Kategorie Life Sciences & Health, die von einer Expertenjury ins Finale des Wettbewerbs gewählt worden waren. Auch in den Kategorien Digital & Technologies und Cultural & Social wurden jeweils die besten Einreichungen vorgestellt. Teilnehmen konnten Studierende, Promovierende, Absolventinnen und Absolventen sowie wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Fachbereiche der Freien Universität, der Humboldt-Universität zu Berlin, der Technischen Universität Berlin und der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Eine Expertenjury hatte ihre Konzepte im Hinblick auf Innovationsgehalt, Forschungsbezug, Realisierbarkeit und Kundennutzen bewertet. Für den ersten, zweiten und dritten Platz standen Preisgelder von 1.500, 1.000 und 500 Euro in Aussicht.

Mathematik auf dem Smartphone

Für das Konzept Green DiagNose wurde Tina Kasal-Slavik schließlich mit einem ersten Platz sowie mit dem Publikumspreis des Abends ausgezeichnet. Als Gewinner der Kategorie Cultural & Social ging Robert Wöstenfeld vom Platz: Er präsentierte die App Mathelino, die er mit seiner Kollegin Stephanie Schiemann zusammen konzipiert hat. Beide sind auch für das Projekt „Mathe im Advent“ verantwortlich, das an der Freien Universität entwickelt wurde und Schülerinnen und Schüler mehr Spaß an der Mathematik vermitteln möchte. „Mathelino ist ein spielerisches, individualisiertes Lernangebot für den Mathematik-Unterricht ebenso wie für das Üben zu Hause und unterwegs“, sagt Robert Wöstenfeld. Die App verbinde Lernende, Lehrende und Eltern. Mit ähnlichen Elementen, wie sie in Computerspielen verwendet werden, sollen Schülerinnen und Schüler sich am Smartphone mit Mathe beschäftigen, Eltern können Einblick in die Ergebnisse nehmen und für Lehrer werde der Lernfortschritt automatisch ausgewertet. „Wenn die App eines Tages bundesweit genutzt wird“, sagt der Mathematiker, „erhalten wir an einem Tag mehr Daten als über PISA-Tests in zwei Jahren erhoben werden.“

Auch die weiteren Plätze der Kategorie Cultural & Social wurden an Teams der Freien Universität Berlin vergeben: Denise Rabold (2. Platz), Doktorandin der Veterinärmedizin, will Tierärzte, Landwirte und Tierhalter mit einem innovativen Konzept über Einsatz von Antibiotika informieren und schulen. Die Idee für Flemingo ist aus einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt am Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität entstanden. Den dritten Platz belegte Norus Ahmed, der ebenfalls am Fachbereich Veterinärmedizin promoviert, mit Heritage Handicrafts: Zusammen mit Julian Jansen van Rensburg will er eine E-Commerce-Plattform für fair gehandeltes traditionelles Kunsthandwerk aus dem Jemen aufbauen. Als jemenitischer und britischer Staatsbürger kann Ahmed dabei auf starke familiäre Beziehungen im Jemen und in Großbritannien zurückgreifen. Heritage Handicrafts soll jemenitischen Handwerkern Zugang zu einem weltweiten Markt ermöglichen und später auch auf andere Staaten ausgeweitet werden, deren traditionelles Handwerk durch Krieg bedroht ist.

Besseres Kundenfeedback mit Chatbots

Auch in der Wettbewerbskategorie Digital & Technologies eroberten zwei Ideen aus der Freien Universität die Plätze zwei und drei: Die Student eCard (2. Platz) ist ein digitaler Studentenausweis für das Smartphone, der die Nutzung der auf dem Campus und außerhalb angebotenen Dienste sicherer macht. Mögliche Anwendungen sind zum Beispiel das Bezahlen in der Mensa, die Ausleihe von Büchern oder die Anmeldung zu Prüfungen und bei Online-Diensten. Das Know-how für ihr Projekt haben Sandra Kostic, Kinga Wróblewska-Augustin und Tim Ohlendorf in der Arbeitsgruppe ID Management am Institut für Informatik der Freien Universität Berlin entwickelt.

Am Department Wirtschaftsinformatik und am Institut für Informatik haben Chris Steden, Stefanie Hohenberg und Max Schubert (3. Platz) ihren Chatbot namens Zaja erdacht, der Bewertungen über Produkte und Dienstleistungen im personalisierten Dialog mit Kunden via Textnachricht ermittelt. Durch maschinelles Lernen erwirbt der Chatbot die Fähigkeit, Gespräche individuell auf die Kunden abzustimmen. Dadurch lassen sich Qualität und Vertrauenswürdigkeit der Rezensionen steigern.

„Wie es für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach dem Wettbewerb weitergeht, hängt von vielen Faktoren ab“, sagt Steffen Terberl, Leiter von Profund Innovation, der Service-Einrichtung für die Förderung von Unternehmensgründungen und Innovationen in der Abteilung Forschung der Freien Universität. Bei den Transferstellen ihrer Universität können sich die Teams unter anderem ausführlich über Förderprogramme beraten lassen. Aus einigen Ideen der vergangenen Wettbewerbsdurchgänge seien bereits Unternehmen und Produkte entstanden.

Dankbar für Förderprogramme und Unterstützung

Auch Bartosz Kosmecki hat den Weg vom Wissenschaftler zum Unternehmer schon erfolgreich zurückgelegt. Mit Unterstützung der Freien Universität, der Charité und der Fraunhofer-Gesellschaft hat der Medizintechnikingenieur 2010 die Scopis GmbH gegründet. In einem Gastvortrag berichtete er darüber, wie aus seinem Start-up für innovative chirurgische Assistenzsysteme in acht Jahren ein internationales Unternehmen mit rund 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde. Ende 2017 verkaufte er die Firma an den amerikanischen Medizintechnikkonzern Stryker. Einiges würde er – trotz des Erfolgs - heute anders machen, sagt der Unternehmer. „Ich würde mich stärker fokussieren – auf ein einziges chirurgisches Anwendungsgebiet und auf einen großen Kernmarkt wie etwa die USA. Stattdessen habe er 70 Produkte für fünf Disziplinen entwickelt und den Vertrieb in 40 Ländern aufgebaut. Das sei ein unnötiger Kraftakt gewesen. Eine weitere Erkenntnis: „Der Gründer ist immer auch der Verkäufer.“ Er kenne das Produkt, sei glaubwürdig und könne potenzielle Kunden stets am besten überzeugen. „Dafür gibt es keinen Ersatz“, betonte Bartosz Kosmecki, „auch wenn das bedeutet, dass man sehr viel unterwegs sein muss.“ Dankbar sei er für Förderprogramme und die Unterstützung, die er als Gründer in Deutschland und für den Sprung in den US-Markt in Anspruch nehmen durfte. Der Durchbruch gelang ihm jedoch auf einem Umweg über Kanada: Dort seien Ärzte und Journalisten so fasziniert von der Scopis-Technologie gewesen, dass das Video einer durch Augmented Reality unterstützten Operation auf vielen Fernsehsendern und in sozialen Medien gezeigt worden sei.

Weitere Informationen

Alle Gewinner auf einen Blick:

Kategorie Life Science & Health:

1. Platz: Green DiagNose (Freie Universität Berlin)

2. Platz: FLURINOCYTE (Charité – Universitätsmedizin Berlin)

3. Platz: DiNaE (Charité – Universitätsmedizin Berlin)

Kategorie Digital & Technologies:

1. Platz: Ceratext (Humboldt-Universität zu Berlin)

2. Platz: Student eCard (Freie Universität Berlin)

3. Zaja (Freie Universität Berlin)

Kategorie Cultural & Social:

1. Platz: Mathelino (Freie Universität Berlin)

2. Platz: Flemingo (Freie Universität Berlin)

3. Platz: Heritage Handicrafts (Freie Universität Berlin)

Der nächste Durchgang der Research to Market Challenge startet voraussichtlich im Frühjahr 2020. Termine werden rechtzeitig auf der Website www.marketchallenge.de veröffentlicht.

Beispiele für Start-ups früherer Teilnehmerinnen und Teilnehmer: