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Preis lass nach

Ein Gründungs-Team der Freien Universität hilft App-Anbietern, durch flexible Preise ihren Umsatz zu erhöhen

24.04.2020

Viele App-Anbieter haben noch statische Preismodelle für In-App-Käufe. Das Start-up PriceBase will die dynamische Preisgestaltung automatisieren und als Service anbieten.

Viele App-Anbieter haben noch statische Preismodelle für In-App-Käufe. Das Start-up PriceBase will die dynamische Preisgestaltung automatisieren und als Service anbieten.
Bildquelle: William Hook on Unsplash

Rund 4,5 Millionen Apps – Anwendungen für Smartphones – sind weltweit auf dem Markt. Für App-Anbieter ist der Wettbewerbsdruck enorm hoch. Wie können sie genug Geld verdienen, um zu überleben und hohe Produktqualität zu gewährleisten? Ein Gründungsteam der Freien Universität Berlin will Methoden des maschinellen Lernens nutzen, um die Anbieter bei der personalisierten Preisgestaltung zu unterstützen. Das Start-up PriceBase erhält ein EXIST-Gründerstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und wird von der Gründungsförderung der Freien Universität Berlin betreut. Campusleben führte ein Gespräch mit den Gründern.

Benedict Seyer ist Wirtschaftsinformatiker und hat als Data Analyst gearbeitet.

Benedict Seyer ist Wirtschaftsinformatiker und hat als Data Analyst gearbeitet.
Bildquelle: privat

Herr Seyer, Herr Bläsing, Herr Thomas, wie funktioniert PriceBase?

Benedict Seyer: Um die Frage zu beantworten, skizziere ich am besten zuerst das Problem, das wir lösen wollen. Drei Viertel der App-Anbieter erzielen einen großen Teil ihrer Einnahmen aus sogenannten In-App-Käufen: Die Nutzung der Basisfunktionen ist kostenlos oder zu einem geringen Grundpreis möglich, für zusätzliche Komponenten fallen jedoch weitere Zahlungen an. Ein Beispiel dafür sind Yoga-, Meditations- oder Sprachlern-Apps, die kleinere Beträge für die Freischaltung neuer Kurseinheiten erheben. Jede Kundin oder jeder Kunde nutzt eine solche App im zeitlichen Verlauf auf unterschiedliche Weise, manche üben häufig, andere selten. Ihre Zahlungsbereitschaft hängt jedoch stark vom Nutzungsverhalten und dem Zeitpunkt im Nutzungsverlauf ab. Stellen Sie sich vor, Sie nutzen eine App erst täglich, dann aber seltener und überlegen schließlich, ob Sie wirklich neue Inhalte oder zusätzliche Funktionen brauchen. Das wäre für Anbieter ein guter Zeitpunkt, ihre Kunden zu fragen: „Hey, wie wäre es mit 50 Prozent Preisnachlass?“

Patrick Bläsing: Bei Apps bieten sich flexible Preise auch deshalb an, weil es keine fixen Produktionskosten pro Stück gibt und viele Daten über die individuelle Nutzung vorliegen. Es ist jedoch für den einzelnen Anbieter sehr aufwendig, solche Preiskampagnen zu programmieren. Außerdem sind einige von ihnen schlicht unsicher, wie viel einzelne Funktionen der App ihren Kunden jeweils wert sind. Deshalb nutzen sie nur statische Preismodelle und verzichten darauf, ihre Umsätze zu erhöhen. Und auf der anderen Seite bleiben die Premium-Funktionen für Kundinnen und Kunden relativ teuer. Wir wollen die dynamische Preisgestaltung automatisieren und als Software-as-a-Service anbieten: Entwickler können diesen Service innerhalb von kürzester Zeit in ihren Code einbinden und erhalten damit viele Möglichkeiten, ihre Preise flexibel zu gestalten.

Marc Thomas hat Betriebswirtschaftlehre studiert und Erfahrung im Online-Marketing gesammelt.

Marc Thomas hat Betriebswirtschaftlehre studiert und Erfahrung im Online-Marketing gesammelt.
Bildquelle: privat

Marc Thomas: Dazu verwenden wir ein Rechenmodell, das die individuelle Zahlungsbereitschaft von Nutzern vorhersagt und kurzfristig auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagiert. Einflussfaktoren sind etwa Nutzungsdauer und -häufigkeit, aber auch die Eigenschaften des Geräts, das für die Nutzung verwendet wird. Je mehr Daten einfließen, desto präziser werden die Vorhersagen, das ist das Prinzip des maschinellen Lernens.Eine solche Preispolitik könnten manche Kunden auch als unfair empfinden. Wie stehen Sie dazu?

Benedict Seyer: Der Normalpreis einer App oder einzelner Funktionen erhöht sich ja nicht. Die Nutzerinnen und Nutzer erhalten jedoch Rabattangebote, die auch als solche gekennzeichnet sind. Auf diese Weise werden die Premium-Funktionen für einen größeren Kundenkreis erschwinglich. In vielen anderen Branchen, etwa bei Flug- und Bahnreisen, Hotels oder Benzin, haben sich dynamische Preise längst etabliert.

Wie haben Sie als Gründungsteam zusammengefunden?

Patrick Bläsing: Es war schon immer mein Ziel, mich selbstständig zu machen. Benedict und ich haben uns im Masterstudium der Wirtschaftsinformatik an der Freien Universität kennengelernt. In einer Veranstaltung von Hannes Rothe¸ der als Juniorprofessor Wirtschaftsinformatik an der Freien Universität Berlin lehrt, haben wir gemeinsam eine Geschäftsidee entwickelt und dabei viel Spaß gehabt. In unseren Masterarbeiten ging es dann um einen Vorläufer unseres jetzigen Konzepts. Später kam Marc dazu: Er hat nach dem Abitur bei einem Start-up in Düsseldorf gearbeitet, berufsbegleitend studiert und ist nach Berlin gezogen, um ein eigenes Unternehmen zu gründen.

Patrick Bläsing ist Wirtschaftsinformatiker und hat selbst schon Apps entwickelt.

Patrick Bläsing ist Wirtschaftsinformatiker und hat selbst schon Apps entwickelt.
Bildquelle: privat

Sie starten mit Ihrem Gründungsvorhaben inmitten der Covid-19-Pandemie. Was bedeutet das für Sie?

Marc Thomas: Im Moment treffen wir uns mehrmals in der Woche virtuell. Homeoffice ist für uns natürlich kein Problem, aber die Erfahrung hat gezeigt, dass wir eigentlich besonders produktiv sind, wenn wir zusammen konzentriert in einem Raum arbeiten. Diese Spontaneität fällt erst mal weg. Außerdem hatten wir uns auf den informellen Austausch mit anderen Teams gefreut, um zu hören, welche Erfahrungen sie in der frühen Gründungsphase gemacht haben. Das ist nun etwas schwieriger, weil man sich nicht mal eben auf dem Gang oder in der Küche begegnet. Aber auch dafür gibt es digitale Wege, zum Beispiel spezielle Kommunikations-Software für Teams. Und die wöchentlichen Treffen mit Gründerinnen und Gründer aus der Startup-Villa der Freien Universität finden nun als Online-Konferenzen statt.

Wie sehen Ihre nächsten Schritte aus?

Patrick Bläsing: Wir sind dabei, die Server für unsere Software-Architektur vorzubereiten. Dann wollen wir so schnell wie möglich eine erste Version unseres Produkts fertigstellen und gemeinsam mit Pilotkunden daran arbeiten.

Die Fragen stellte Marion Kuka.

Weitere Informationen

PriceBase wird ab 1. Mai 2020 mit einem EXIST-Gründerstipendium gefördert. Mit dem Programm unterstützt das Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) Studierende, Absolventinnen und Absolventen dabei, einen Businessplan zu erstellen und marktfähige Produkte zu entwickeln. Im Fokus stehen innovative technologieorientierte oder wissensbasierte Projekte mit guten wirtschaftlichen Erfolgsaussichten. Die Förderung erfolgt in Stipendien zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie über Sach- und Coachingmittel für Gründerinnen und Gründer an Hochschulen und Forschungseinrichtungen für eine Dauer von bis zu 12 Monaten.
Wissenschaftlicher Mentor von PriceBase ist Hannes Rothe, Juniorprofessor für Wirtschaftsinformatik an Freien Universität Berlin. Betreut werden die Gründer auch von Profund Innovation, der Service-Einrichtung für die Förderung von Unternehmensgründungen und Innovationen in der Abteilung Forschung der Freien Universität.