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Problem Wundheilung

Chaitanya Thota, Postdoktorand am Institut für Chemie und Biochemie der Freien Universität, entwickelt Hydrogele auf Peptidbasis

16.12.2020

Der promovierte Chemiker Chaitanya Thota entwickelt ein bioaktives Hydrogel, das die Wundheilung verbessert und beschleunigt.

Der promovierte Chemiker Chaitanya Thota entwickelt ein bioaktives Hydrogel, das die Wundheilung verbessert und beschleunigt.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Immer mehr – vor allem ältere – Menschen leiden an Diabetes und den damit häufig verbundenen chronischen Wundgeschwüren an Beinen und Füßen. Als Therapie werden Wundverband-Hydrogele eingesetzt, die für ein feuchtes Milieu an der Wunde sorgen und einen bioaktiven Wirkstoff abgeben. So gibt es etwa Präparate, die antimikrobiell wirkende Silberteilchen absondern, um eine bakterielle Infektion der Wunde zu verhindern. Bei anderen Gelen soll ein von menschlichen Blutplättchen abgeleiteter Wachstumsfaktor, etwa der Wirkstoff Becaplermin, bewirken, dass sich die Wunde schneller schließt.

Doch diese Medikamente haben nur begrenzten Erfolg, oft vergehen bis zur Heilung Monate oder Jahre, in denen die Patientinnen und Patienten starke Schmerzen haben, im schlimmsten Fall folgt eine Amputation. Deshalb werden derzeit viele alternative Therapien erprobt – etwa die Wundreinigung durch lebende Maden oder die Stimulation der Wundheilung mittels akustischer Druckwellen, Vakuum oder Fischhaut.

Lösungsansatz während der Dissertation entwickelt

Der promovierte Chemiker Chaitanya Thota von der Freien Universität Berlin hat eine Idee, die näherliegt: Er entwickelt ein bioaktives Hydrogel auf Basis von Peptiden, also kleiner Eiweißmoleküle, die mit ihren besonderen Eigenschaften die Wundheilung auf mehrere Arten gleichzeitig verbessern und beschleunigen. Für sein Projekt „Multifunktionale Wundverband-Peptid-Hydrogele“ hat er aus dem Programm „GO-Bio initial“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung eine Förderung von rund 100.000 Euro für eine einjährige Sondierungsphase erhalten.

Auf diesen Lösungsansatz kam Chaitanya Thota während der Arbeit an seiner Dissertation in der Arbeitsgruppe der Chemieprofessorin Beate Koksch am Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berlin. Dort untersuchte er die Eignung multivalenter Peptide für die Nanomedizin. „Hydrogele auf Peptidbasis haben große Vorteile“, sagt der Wissenschaftler. „Sie sind einfach herzustellen, mit vielen bioaktiven Wirkstoffen kompatibel und biologisch vollständig abbaubar.“

Außerdem könne die molekulare Selbstorganisation in den Peptiden zur Erzeugung neuartiger Biomaterialien im Nanomaßstab führen. „Diese Eigenschaft kann für viele Anwendungen genutzt werden, zum Beispiel für Tissue Engineering, also die Herstellung von künstlichem Gewebe, für Biosensortechnologie oder die Verabreichung medizinischer Wirkstoffe.“

Praktische Anwendung von Forschungsergebnissen

Die praktische Anwendung von Forschungsergebnissen hat den 33-jährigen Postdoc schon immer begeistert. Während seines Masterstudiums an der Universität von Madras, Indien, absolvierte er ein Praktikum im All Indian Institute of Medical Sciences (AIIMS) in Neu-Delhi. Vor Beginn seiner Doktorarbeit forschte er am International Center for Genetic Engineering and Biotechnology (ICGEB) in Neu-Delhi an Medikamenten, Impfstoffen und neuartigen Biomaterialien.

Dort habe er auch davon erfahren, dass es am Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berlin eine lange Tradition erfolgreicher Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Peptidchemie und deren Anwendung in biologischen Systemen gebe, sagt Chaitanya Thota. „Deshalb habe ich mich sehr gefreut, als sich die Möglichkeit ergab, für meine Promotion nach Berlin in die Arbeitsgruppe von Professorin Koksch zu wechseln.“

Mit der Projektförderung durch „GO-Bio initial“ komme er nun seinem Wunsch ein Stück näher, mit seiner Forschung Patientinnen und Patienten zu helfen. „Ich glaube fest daran, dass es für meine Produktidee eine große Nachfrage geben wird“, sagt der Chemiker.

Dr. Christine Reuter ist Innovationsmanagerin bei Profund Innovation, der Service-Einrichtung für die Förderung von Unternehmensgründungen und Innovationen in der Abteilung Forschung der Freien Universität.

Dr. Christine Reuter ist Innovationsmanagerin bei Profund Innovation, der Service-Einrichtung für die Förderung von Unternehmensgründungen und Innovationen in der Abteilung Forschung der Freien Universität.

Bis die Idee bei Diabetes-Patientinnen und -Patienten ankommt, werden allerdings noch einige Jahre vergehen. „In der einjährigen Sondierungsphase geht es zunächst darum, Ärztinnen, Ärzte und Pflegepersonal zu befragen, um mehr Informationen über den Bedarf in der Patientenversorgung zu erhalten“, sagt Christine Reuter, Innovationsmanagerin bei Profund Innovation, der Service-Einrichtung für die Förderung von Unternehmensgründungen und Innovationen in der Abteilung Forschung der Freien Universität.

Außerdem müssen ein Fahrplan für die erforderlichen Versuchs- und Zulassungsphasen aufgestellt und geeignete Teammitglieder gesucht werden. Gemeinsam mit dem Patent- und Lizenzservice der Freien Universität wird Chaitanya Thota außerdem prüfen, ob sich seine Entwicklung patentieren lässt.

Wenn die Ergebnisse den Fördermittelgeber überzeugen, kann sich der Wissenschaftler anschließend für die Machbarkeitsphase von „GO-Bio initial“ bewerben. Dann geht es darum nachzuweisen, dass die Entwicklung technisch auch einwandfrei funktioniert. Ist dieser „Proof of Principle“ erst einmal erbracht, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch andere Fördermittel- und Kapitalgeber in seine Idee investieren.

Ein langer Weg, der sich jedoch am Ende lohnen könnte: „Wenn sich die Peptid-Hydrogele in der Praxis bewähren, können sie vielen Menschen helfen“, sagt Christine Reuter. „Und entsprechend groß könnte der Markterfolg werden.“

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