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Der nächste Schritt

Maria Enge und Benjamin Pardowitz entwickeln eine elektrische Mobilitätshilfe für Kinder mit schweren körperlichen Einschränkungen.

15.07.2021

Die Köpfe hinter dem Gründungsprojekt "RooWalk": Maria Enge und Benjamin Pardowitz.

Die Köpfe hinter dem Gründungsprojekt "RooWalk": Maria Enge und Benjamin Pardowitz.
Bildquelle: Privat

Benjamin Pardowitz‘ Nichte lebt seit ihrer Geburt mit Zerebralparese, einer frühkindlichen Hirnschädigung, die ihre Motorik beeinträchtigt. Als sie ein Jahr alt war, entwickelte der Ingenieur ein fahrbares Kissen zur Unterstützung, um ihr das Krabbeln zu ermöglichen. „Je früher Kinder dabei unterstützt werden, neue Bewegungsmuster zu erlernen, desto besser sind langfristig ihre Entwicklungschancen“, sagt Benjamin Pardowitz. Für eintöniges mechanisches Training auf dem Laufband oder mit anderen Geräten interessierten sich Kleinkinder jedoch wenig. „Also müssen wir die Hilfen in den Alltag integrieren – dort gibt es genügend Anreize zur Bewegung.“ Mit neuen Technologien auf den Gebieten der Robotik und Sensorik durchaus machbar, dachten sich Benjamin Pardowitz und Maria Enge. Sie kündigten ihre Jobs, um sich in der Startup Villa der Freien Universität Berlin gemeinsam dieser Aufgabe zu widmen.

Seit April 2021 werden Benjamin Pardowitz und Maria Enge nun für maximal zwölf Monate mit dem Berliner Startup Stipendium gefördert. Überzeugend fand die Jury neben der Geschäftsidee auch die Ausbildung und berufliche Erfahrung des Teams: Benjamin Pardowitz hat Maschinenbau studiert und anschließend beim Deutschen Institut für Luft- und Raumfahrt und an der TU Berlin promoviert.

In einem Start-up hat er bereits technische Innovationen betreut, beim Unternehmen Ottobock lernte er anschließend, sein Wissen auch für Medizinprodukte einzusetzen. Mitgründerin Maria Enge lernte Benjamin Pardowitz auf einer Fachmesse kennen. Die Ingenieurin mit Abschluss von der TU Dresden hat sich auf Sensormesstechnik, Signalverarbeitung und Softwareentwicklung spezialisiert und technische Innovationen in der Industrie und in einem Berliner Start-up umgesetzt. Dabei sammelte sie Erfahrung in der Analyse von Bild- und Bewegungsdaten mithilfe Künstlicher Intelligenz, die in die Steuerung der neuartigen Mobilitätshilfe einfließen sollen.

Eine Patentanmeldung wird vorbereitet

„Im nächsten Schritt wollen wir ein Funktionsmuster unserer Gehhilfe herstellen und es zuerst gemeinsam mit Kindern ohne oder mit nur geringen Bewegungseinschränkungen ausprobieren“, sagt Benjamin Pardowitz. „Dabei arbeiten wir eng mit Fachleuten aus der Klinik zusammen.“ Partner ist das Sozialpädiatrische Zentrum der Charité – Universitätsmedizin Berlin, wo auch Pardowitz’ Nichte betreut wird. Unterstützung erhält das Team von Marcus Luther, Innovationsmanager bei Charité BIH Innovation, dem Technologietransfer der Charité, und von Profund Innovation, der Service-Einrichtung für die Förderung von Unternehmensgründungen und Innovationen in der Abteilung Forschung der Freien Universität.

„Mit unserer Mobilitätshilfe werden betroffene Kinder freihändig aufrecht stehen können. Auch das Gehen wird sie weniger anstrengen“, sagt der Ingenieur. „Zusätzlich haben sie deutlich mehr Bewegungsfreiheit als mit existierenden technischen Lösungen.“ Eine Patentanmeldung werde gerade vorbereitet, Anträge für weitere Förderprogramme sollen folgen. „Wir rechnen mit mehreren Jahren Entwicklungsarbeit bis zur Zertifizierung und Markteinführung.“

Später soll ihre Erfindung auch Erwachsenen helfen, etwa dabei, die aufgrund eines Schlaganfalls erlittenen Bewegungseinschränkungen zu überwinden. Das dafür notwendige Reha-Training findet üblicherweise monatelang ein- bis zweimal pro Woche auf verschiedenen Geräten statt. Wenn die Patientinnen und Patienten sich jedoch auch im Alltag regelmäßig bewegen können, dann – so die Vision von RooWalk – erholen sie sich schneller.

Weitere Informationen

Mit dem Berliner Startup Stipendium fördern die Freie Universität Berlin, die Technische Universität Berlin, Charité – Universitätsmedizin Berlin und die Humboldt-Universität zu Berlin Gründerinnen und Gründer, die innovative und/oder technologiebasierte Geschäftsideen im Team umsetzen wollen. Das Programm wird aus Mitteln der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe sowie des Europäischen Sozialfonds finanziert. Zwei bis vier Stipendien zu jeweils 2.000 Euro monatlich über eine Laufzeit von sechs Monaten können pro Gründungsteam vergeben werden.

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