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Spot an für Transfer-Ideen

Das Spotlight-Programm fördert Wissens- und Technologietransfer von Nachwuchswissenschaftlerinnen an der Freien Universität Berlin

23.03.2023

Gruppenbild mit Vizepräsidentin Verena Blechinger-Talcott: Die Spotlight-Förderung erhalten je fünf Postdoktorandinnen, Juniorprofessorinnen und W2-Professorinnen auf Zeit.

Gruppenbild mit Vizepräsidentin Verena Blechinger-Talcott: Die Spotlight-Förderung erhalten je fünf Postdoktorandinnen, Juniorprofessorinnen und W2-Professorinnen auf Zeit.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Die Freie Universität wird weiblicher: Der Anteil von Professorinnen an der Freien Universität Berlin ist auf 40 Prozent gestiegen – der höchste Wert, der bisher an der Hochschule verzeichnet wurde. Von den 39 Rufannahmen des Jahres 2022 erfolgten 26 – und damit zwei Drittel – durch Frauen. Bei den Professuren der höchsten Besoldungsgruppe W3 liegt der Frauenanteil jedoch erst bei 32 Prozent.

Trotz einiger Erfolge ist eine Gleichstellung der Geschlechter also noch lange nicht erreicht. Um diesem Ziel näherzukommen, trafen sich kürzlich Postdoktorandinnen, Juniorprofessorinnen und W2-Professorinnen auf Zeit zur Auftakt-Veranstaltung für das Spotlight-Programm in der Startup-Villa der Freien Universität. Das universitätsinterne Programm unterstützt Forscherinnen auf einem Feld, das für Karrieren in der Wissenschaft immer wichtiger wird: dem Wissens- und Technologietransfer.

Die Geförderten können Personal- und Sachmittel einsetzen, um einen Drittmittelantrag mit Transferansatz vorzubereiten, um ein eigenes Transferprojekt zu verwirklichen oder ein fachliches Netzwerk aufzubauen. In begleitenden Coachings und Workshops können sie sich außerdem neues Wissen und Soft Skills aneignen.

Finanziert aus dem Professorinnenprogramm des Bundes

Beim Netzwerken: Verena Blechinger-Talcott (rechts), Erste Vizepräsidentin der Freien Universität, und Aneta Bärwolf (links), Leiterin von Profund Innovation.

Beim Netzwerken: Verena Blechinger-Talcott (rechts), Erste Vizepräsidentin der Freien Universität, und Aneta Bärwolf (links), Leiterin von Profund Innovation.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Verena Blechinger-Talcott, Erste Vizepräsidentin der Freien Universität Berlin, begrüßte die Wissenschaftlerinnen und gratulierte ihnen zur Förderung. Sie wies darauf hin, dass dieses neue Format durch das Professorinnenprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ermöglicht wurde. Seit 2008 sind an der Freien Universität Berlin sieben weiblich besetzte Professuren aus dem Bundesprogramm anteilig finanziert worden, die freigewordenen Mittel fließen in Gleichstellungsmaßnahmen wie das „MINToring für Schülerinnen“ oder die „Tool Box Gender & Diversity“. „Sie sind nun der erste Spotlight-Jahrgang“, sagte Verena Blechinger-Talcott an die Wissenschaftlerinnen gerichtet. „Bitte lassen Sie mich nach dem Abschluss wissen, ob unser Konzept für Sie funktioniert hat, damit wir Ihre Erfahrungen in den Antrag für den nächsten Durchgang einbringen können.“

Begleitet durch Profund Innovation

Begleitet wird das Programm von Transfermanagerin Teresa Kollakowski und Innovationsmanager Stefan Knoll. Beide gehören zum Team von Profund Innovation, der Service-Einrichtung für die Förderung von Unternehmensgründungen und Innovationen in der Abteilung Forschung der Freien Universität, und werden die Teilnehmerinnen über die rund sechsmonatige Projektlaufzeit unterstützen. „Wir waren erstaunt über die Vielfalt der Projektideen“, sagte Stefan Knoll. „Deshalb werden wir für das Begleitprogramm die speziellen Themenwünsche der Wissenschaftlerinnen abfragen: Brauchen sie etwa Medientrainings oder intensive Beratung für Drittmittelanträge? Wir werden versuchen, alles möglich zu machen.“

Den Wissenstransfer stärke das Programm auf zwei Ebenen, erläuterte Teresa Kollakowski: „Die Wissenschaftlerinnen können sich über Fach- und Institutsgrenzen hinweg austauschen. Zusätzlich kommen sie über ihre Projekte mit außeruniversitären Akteuren wie NGOs, Kommunen oder Unternehmen in Kontakt und bringen dort ihre Expertise ein.“

Eine Auswahl der Projekte: In drei Minuten auf den Punkt

Prof. Dr. Ines Eben v. Racknitz vom Institut für Chinastudien am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften.

Prof. Dr. Ines Eben v. Racknitz vom Institut für Chinastudien am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Nach der Begrüßung war ein Talent gefragt, das in der Wissenschaft ebenso nützlich ist wie in der Wirtschaft oder Öffentlichkeit: der sogenannte Fahrstuhl-Pitch: Jede Teilnehmerin hatte drei Minuten Zeit, um sich und ihr Projekt vorzustellen und damit die Grundlage für den anschließenden Austausch zu bereiten.

Den Anfang machte Ines Eben von Racknitz, Professorin am Institut für Chinastudien. Sie möchte Erkenntnisse aus der geistes- und kulturwissenschaftlichen Chinaforschung in Politik und Gesellschaft einbringen. Das Wissen um historische Vorgänge etwa habe in China einen anderen Wert als in Europa. „Geschichte wird entsprechend der aktuellen Situation neu interpretiert und erzählt“, sagte die Professorin. Mit ihren Kenntnissen über Kultur, Philosophie, Religion und Geschichte Chinas könnten Forschende ihres Instituts beispielsweise Politikerinnen und Politiker beraten.

Lieferketten und Sedimentbohrkerne aus Japan

Anja Kirsch, Professorin für Betriebswirtschaftslehre, untersucht die Wertschöpfungskette, die Batterien für Elektroautos durchlaufen – vom Rohstoff über chemische Vorprodukte bis zu Herstellung und Einbau in Fahrzeuge. Wie Automobilhersteller größeren Einfluss auf diese Lieferketten gewinnen können, möchte sie in einem transferorientierten Forschungsprojekt untersuchen.

Die Paläontologin Franziska Kobe, Postdoktorandin am Institut für Geologische Wissenschaften, untersucht Sedimentbohrkerne aus Japan auf Holzkohlereste, die ein Hinweis auf frühe menschliche Aktivitäten in einer Region sein können. Sie möchte die Förderung nutzen, um Konferenzen zu besuchen, Kooperationspartner zu finden, die sich mit „alter“ DNA auskennen, und um Fördergelder für einen Dokumentarfilm zu beantragen.

Mehlkäfer-Snacks ohne schädliche Bakterien

Dr. Charlotte Rafaluk-Mohr vom Institut für Biologie am Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie.

Dr. Charlotte Rafaluk-Mohr vom Institut für Biologie am Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Die Postdoktorandin Charlotte Rafaluk-Mohr forscht am Institut für Biologie zur Interaktion zwischen Wirten und Parasiten. Ihr Spotlight-Projekt widmet sich dem Problem, wie eine wachsende Weltbevölkerung ernährt werden kann. In der Europäischen Union seien bereits vier Insektenarten als „innovative Lebensmittel“ zugelassen, berichtete die Wissenschaftlerin. Problematisch sei jedoch, dass die Endprodukte aus kommerzieller Aufzucht viele Bakterien aus dem Verdauungstrakt der Tiere enthielten. Sie möchte herausfinden, ob sich die Belastung mit insektenspezifischen Bakterien verringert, wenn Mehlkäfer, Wanderheuschrecke und Hausgrille während der Aufzucht mit menschlichen Probiotika gefüttert werden.

Staubstürme und die Macht der Kommunen

Auch Lena Partzsch, Professorin für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut, hat ein gesellschaftlich relevantes Thema gewählt. Sie beschäftigt sich mit der Macht von Kommunen in der Klima- und Energiekrise. Einigen wenigen Gemeinden sei es gelungen, über ihre Stadtwerke die Wende hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung voranzutreiben. Das sei „machttheoretisch spannend“, die Wissenschaftlerin möchte ein Verbundprojekt mit solchen Kommunen initiieren.

Mit dem „Phänomen Staubsturm“ beschäftigt sich Kerstin Schepanski, Professorin am Institut für Meteorologie. Staubstürme entstünden nicht nur in Wüsten, erklärte die Wissenschaftlerin. Auch von Ackerflächen in Deutschland werde im Frühjahr Erde aufwirbelt und weitergetragen, was zu Verkehrsunfällen führen könne. „Ich simuliere die Prozesse dahinter mit Modellen und untersuche, wie diese Stürme sich auf Wetter und Klima auswirken.“ Um ihr Wissen auch an Schüler*innen zu vermitteln, hat sie ein Experiment entwickelt, das bei der Sommeruni für Schüler*innen erstmals getestet werden soll.

Gespräche und Interaktion in der Steinzeithütte

Prof. Dr. Antje Wilton vom Institut für Englische Philologie am Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften.

Prof. Dr. Antje Wilton vom Institut für Englische Philologie am Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Antje Wilton, Professorin für Englische Philologie, hat sich auf Gesprächs- und Interaktionsanalyse spezialisiert, genauer: auf Interaktionen von Menschen in Räumen mit Vergangenheitsbezug. In ihrem Projekt möchte sie den Grundstein für ein Interaktionslabor legen: Auf der Langen Nacht der Wissenschaften am 17. Juni 2023 werden Expert*innen gemeinsam mit Freiwilligen eine mittelsteinzeitliche Hütte bauen, dabei werden sie gefilmt. Die so entstandenen interaktionalen Daten will Antje Wilton aus ihrem Blickwinkel auswerten, aber auch mit Kolleg*innen anderer Disziplinen teilen und auf diese Weise neue Kooperationen knüpfen.

Nach weiteren Präsentationen gab es einen Imbiss am Stehtisch. Die Teilnehmerinnen vertieften sich in Gespräche miteinander, noch bevor sie das Kuchenbuffet erreicht hatten.

Weitere Informationen

Kontakt Spotlight-Programm:

Die geförderten Projekte:

Prof. Dr. Ines Eben v. Racknitz
„China global: Forschungsperspektiven aus der geistes- und kulturwissenschaftlichen Chinaforschung“
FB Geschichts- und Kulturwissenschaften, Institut für Chinastudien

Dr. Carmen Ibáñez
“The challenge of the conviviality of epistemes: Gender as dependency”
Lateinamerika-Institut, Internationales Graduiertenkolleg „Temporalities of Future”

Prof. Dr. Anja Kirsch
„Electric Battery Global Value Chains“
FB Wirtschaftswissenschaft, Betriebswirtschaftslehre

Dr. Franziska Kobe
„Holozäne Dynamik von Vegetation und Feuer in Japan: Brücke zwischen Archäologie und Klimaforschung“
FB Geowissenschaften, Geologische Wissenschaften

Jun.-Prof. Dr. Eliese-Sophia Lincke
„Coptic Heritage Data for NLP“
FB Geschichts- und Kulturwissenschaften, Altertumswissenschaften

Prof. Dr. Daniela Mahler
„Ich sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht - Erklärvideos für den Biologieunterricht kriteriengeleitet auswählen“
FB Biologie, Chemie, Pharmazie, Didaktik der Biologie

Prof. Dr. Lena Partzsch
„Klima- und Energiekrise: Die Macht von Kommunen“
FB Politik- und Sozialwissenschaft, Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft

Prof. Dr. Maria Piquer-Rodriguez
“Knowledge building and transfer in the agricultural land systems of the triple frontier in the Alto Parana Atlantic Forest: an evaluation of wellbeing and conflicts”
FB Geowissenschaften, Geographische Wissenschaften

Dr. Charlotte Rafaluk-Mohr
“Probiotic microbial control in insects reared for food”
FB Biologie, Chemie, Pharmazie, Institut für Biologie

Prof. Dr. Bettina Rentsch
„Partizipation und Responsivität in den Ordnungsmodellen des Kapitalgesellschaftsrechts“
FB Rechtswissenschaft, Zivilrecht

Prof. Dr. Elisa Roßberger
„Dinge mit Geschichte(n). Synergien zwischen universitärer Lehre, Wissenschaftskommunikation und musealer Öffentlichkeitsarbeit durch Digital Storytelling“
FB Geschichts- und Kulturwissenschaften, Vorderasiatische Archäologie

Prof. Dr. Kerstin Schepanski
„Phänomen Staubsturm“
FB Geowissenschaften, Institut für Meteorologie

Dr. Priscila Schilrreff
“A collagen-astaxanthin hydrogel to improve cell survival under oxidative stress”
FB Physik, Experimentalphysik

Prof. Dr. Antje Wilton
„The Interaction Lab“
FB Philosophie und Geisteswissenschaften/ Institut für Englische Philologie

Dr. Veronika Zablotsky
„Kongress „Verschränkte Krisen. Racial Capitalism. Abolition“
FB Philosophie und Geisteswissenschaften, Institut für Philosophie