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Aufbruch ins neue Energiezeitalter

Video: Bundesumweltminister Norbert Röttgen sprach an der Freien Universität über den Atomausstieg

10.06.2011

"Der erste Schritt ist getan." Bundesumweltminister Norbert Röttgen zu Gast an der Freien Universität

"Der erste Schritt ist getan." Bundesumweltminister Norbert Röttgen zu Gast an der Freien Universität
Bildquelle: Jennifer Lohr

Nach den Plänen der Bundesregierung soll der Anteil an Luft, Wasser und Biomasse bei der Stromversorgung bis 2020 auf 35 Prozent und bis 2050 sogar auf 80 Prozent steigen

Nach den Plänen der Bundesregierung soll der Anteil an Luft, Wasser und Biomasse bei der Stromversorgung bis 2020 auf 35 Prozent und bis 2050 sogar auf 80 Prozent steigen
Bildquelle: BMU / H.-G. Oed

Effizient und erneuerbar soll Stromerzeugung in Zukunft sein: Warum der Energiewandel in Deutschland notwendig ist, erklärte Norbert Röttgen einen Tag nach dem Kabinettsbeschluss der Bundesregierung zum Atomausstieg bei einem Vortrag an der Freien Universität.  Der Bundesumweltminister war auf Einladung des Forschungszentrums für Umweltpolitik (FFU) nach Dahlem gekommen, das in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert.

 

Norbert Röttgen wirkte sichtlich entspannt. Gut gelaunt betrat er den Hörsaal 1a der Freien Universität Berlin, schüttelte Hände, lächelte. „Deutschland vor der Energiewende“ war das Thema seines Vortrags, und Röttgen konnte sich an diesem frühen Dienstagabend – einen Tag nachdem das Bundeskabinett den Atomausstieg besiegelt hatte – sicher sein, für die wegweisende Regierungsentscheidung Zustimmung zu ernten.

Und so geizte auch niemand mit Lob für die Arbeit des Umweltministers. Uwe Lehmann-Brauns, Vizepräsident des Berliner Abgeordnetenhauses,verwies darauf, dass Röttgen schon vor Fukushima gegen die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke gewesen sei. „Die Welt schaut im Moment nach Deutschland“, sagte Professorin Miranda Schreurs, Leiterin des Forschungszentrums für Umweltpolitik und Mitglied der von der Bundesregierung eingesetzten Ethik-Kommission für Sichere Energieversorgung.

Grenzen erkennen

Der Bundesminister selbst wählte starke Worte: Im Bundestag sei „der Grundstein für den Aufbruch in ein neues Zeitalter gelegt worden“, der Atomausstieg sei von „nationaler, europäischer und internationaler Bedeutung“. Fukushima hätte der Regierung die ethische Grundproblematik der Atomkraft deutlich gemacht: Dass die Natur und die Technologie nicht durch den Menschen beherrschbar seien und die Schäden, die durch sie verursacht werden könnten, nicht einzugrenzen. Schlimmstenfalls gebe es sogar Gefahren für nachfolgende Generationen. Warum die schwarz-gelbe Regierung diese Einsicht erst nach der Katastrophe von Fukushima gewonnen hat, erklärte Röttgen nicht. Ebenso wenig, warum noch vor einem halben Jahr die Laufzeitverlängerungen für die Atommeiler offenbar richtig und unumgänglich waren.

Bis 2050 sollen Luft, Wasser oder Biomasse 80 Prozent der Stromversorgung sichern

Die Energiewende, die die amtierende Koalition für sich beansprucht, muss sich an den Zielen von Rot-Grün unter dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und seinem Vize Joschka Fischer messen lassen: Schon damals wurde der Atomausstieg beschlossen. Es gehe darum, Wachstum neu zu definieren, sagte Röttgen. Das Wachstum allerdings bestimmten die Menschen nicht mehr selbst, es „ergibt sich im 21. Jahrhundert aus der Endlichkeit der Ressourcen“. Wirtschaftliches Wachstum müsse mit ethischen Grundsätzen vereinbar sein. Es komme darauf an, den Ressourceneinsatz in der Produktion gering zu halten. Dafür müssten nichtatomare Technologien wettbewerbsfähig und effizient gestaltet und gleichzeitig erneuerbare Energien ausgebaut werden. Momentan lieferten Energieträger wie Luft, Wasser oder Biomasse 17 Prozent der deutschen Stromversorgung. Nach den Plänen der Bundesregierung soll der Anteil bis 2020 auf 35 Prozent und bis 2050 sogar auf 80 Prozent steigen.

Ein erster Schritt

Ebenso wie die Abschaltung der Atomkraftwerke müsse auch der Ausbau des neuen Energiezeitalters als Prozess verlaufen. Und der Ausbau werde kosten. Neue, intelligente Stromnetze bedeuteten nicht nur viel Geld, sagte der Bundesumweltminister, sondern rüttelten auch an der Akzeptanz für erneuerbare Energien in der Gesellschaft. „Das wird kein Spaziergang“, betonte Röttgen in der anschließenden Diskussion. Man müsse die Bürger früh an den zu treffenden Entscheidungen beteiligen und so eine Verantwortungskultur etablieren.

Ob der Atomausstieg nicht lediglich eine Stromerzeugungswende sei und keine Energiewende, wollte schließlich ein Zuhörer wissen. Ja, sagte Röttgen, die Energiewende müsse sich bald auch auf Wohnen, Gebäude und Mobilität erstrecken, damit die Abhängigkeit von Öl und Gas abnehme. „Wir stehen am Anfang“, sagte Röttgen. Der erste Schritt ist getan.