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Anwältin der Gerechtigkeit

Die Freie Universität ehrte die Schweizer Juristin Carla Del Ponte mit dem diesjährigen Freiheitspreis

04.11.2014

Carla Del Ponte wurde am 20. Oktober 2014 mit dem Freiheitspreis der Freien Universität geehrt.

Carla Del Ponte wurde am 20. Oktober 2014 mit dem Freiheitspreis der Freien Universität geehrt.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Immer wieder wurde sie öffentlich angefeindet, in ihrer Arbeit behindert und massiv unter Druck gesetzt. Ende der achtziger Jahre entging sie sogar nur knapp einem Sprengstoffattentat. Beeindruckt hat sie das alles wenig: Carla Del Ponte, eine der „couragiertesten Juristinnen unserer Zeit“, wie Universitätspräsident Professor Peter-André Alt formulierte, hat sich ihr Leben lang mutig dem Verbrechen entgegengestellt. Derzeit engagiert sich die Schweizerin in der unabhängigen Syrien-Kommission der Vereinten Nationen. Carla Del Pontes Kampf für Gerechtigkeit und die Etablierung eines internationalen Rechtssystems würdigte die Freie Universität mit der Verleihung des Freiheitspreises 2014.

Als Staatsanwältin, später als Bundesanwältin der Schweizerischen Eidgenossenschaft und von 1999 an als Chefanklägerin des Internationalen Gerichtshofs kämpfte Carla Del Ponte gegen Bandenkriminalität, ahndete Verbrechen gegen die Menschlichkeit und brachte Kriegsverbrecher vor Gericht. So ermittelte sie etwa nach den Jugoslawienkriegen und erhob unter anderem Anklage gegen den ehemaligen serbischen Präsidenten SlobodanMilošević.

Ob Balkankonflikt oder Völkermord in Ruanda – „Carla Del Pontes Einsatz für Recht und Gerechtigkeit erfüllt höchste Ansprüche“, sagte Professor Peter-André Alt während der feierlichen Preisverleihung im Henry-Ford-Bau der Freien Universität. Del Ponte sei der Verpflichtung, die Recht und menschliche Freiheit auferlegten, stets nachgekommen, da es für sie „keine Opfer erster oder zweiter Klasse“ gebe. Auch Laudatorin Professorin Gesine Schwan lobte das außergewöhnliche Engagement Del Pontes. Sie betonte, dass das Strafrecht ein wichtiges Mittel sei, Unterdrückung zu überwinden: „Die Durchsetzung des Strafrechts ist eine wesentliche Voraussetzung der Freiheit und braucht viel Mut. Carla Del Ponte verdient den Freiheitspreis in höchstem Maße.“

Spagat zwischen Distanz und Identifikation gemeistert

Nach Abschluss ihres Jurastudiums stieg Carla Del Ponte schnell beruflich auf. Ihre atemberaubende Karriere habe sie aber nie den Blick für das Wesentliche verlieren lassen, sagte Gesine Schwan: „Carla Del Ponte hat stets Gerechtigkeit ohne Ansehen der Person walten lassen. Ihre politische Unparteilichkeit macht sie zu einer vorbildlichen Anwältin der Gerechtigkeit.“ Mit den häufig sehr belastenden Umständen ihrer Arbeit sei Del Ponte immer souverän umgegangen, „den Spagat zwischen kalter Abwehr und selbstzerstörerischer Identifikation hat sie gemeistert“.

Frieden als Voraussetzung für Freiheit

In ihrer Dankesrede betonte Del Ponte die Komplexität von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Häufig, so die Preisträgerin, würde in den Medien nur oberflächlich berichtet, aber hinter den Ermittlungen stecke unheimlich viel Arbeit. „Verbrechen gegen die Menschlichkeit werden immer von beiden Seiten begangen.“ Die Juristin nutzte das Forum der Freiheitspreisverleihung, um mit eindringlichen Worten auf die gegenwärtige Situation in Syrien aufmerksam zu machen: „Was mir eigentlich am Herzen liegt, sind die Tausenden von Zivilisten, die im Syrienkrieg leiden, jetzt auch im Irak.“ Frieden sei elementar, mahnte Del Ponte, da Frieden die Voraussetzung für Freiheit sei. „Die internationale Gemeinschaft muss mehr dafür tun, damit diese Welt eine bessere wird“, appellierte Carla Del Ponte an den UN-Sicherheitsrat. „Aber wir sind noch nicht so weit, leider“, schloss die Freiheitspreisträgerin.