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„Herr Thiel hätte sicher nichts dagegen“

Bei einem Bürgergespräch wurde das Für und Wider einer Umbenennung des U-Bahnhofs „Thielplatz“ in „Freie Universität Berlin“ diskutiert

18.03.2015

Die von Radiomoderator Ingo Hoppe (l.) moderierte Podiumsrunde: Universitätspräsident Prof. Dr. Peter-André Alt (2.v.l.), Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (2.v.r.), Christfried Tschepe, Vors. des Berliner Fahrgastverbandes IGEB e.V.

Die von Radiomoderator Ingo Hoppe (l.) moderierte Podiumsrunde: Universitätspräsident Prof. Dr. Peter-André Alt (2.v.l.), Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (2.v.r.), Christfried Tschepe, Vors. des Berliner Fahrgastverbandes IGEB e.V.
Bildquelle: Stephan Töpper

Der Einladung in den Henry-Ford-Bau der Freien Universität waren Interessierte sowie Anwohnerinnen und Anwohner des Thielplatzes gefolgt. Sie beteiligten sich an der lebhaften Diskussion.

Der Einladung in den Henry-Ford-Bau der Freien Universität waren Interessierte sowie Anwohnerinnen und Anwohner des Thielplatzes gefolgt. Sie beteiligten sich an der lebhaften Diskussion.
Bildquelle: Stephan Töpper

Prinzipiell ist eine Umbenennung des U-Bahnhofs „Thielplatz“ in „Freie Universität Berlin“ möglich – das haben Gespräche des Universitätspräsidiums mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG), der Bezirksverwaltung Steglitz-Zehlendorf, dem Berliner Fahrgastverband und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt gezeigt. In einem öffentlichen Bürgergespräch, zu dem kürzlich rund 80 Interessierte an die Freie Universität gekommen waren, konnte nun ein erstes Stimmungsbild zur Frage der Umbenennung gewonnen werden.

Soll der Thielplatz weiter Thielplatz heißen? Als RBB-Rundfunkmoderator und Gesprächsleiter Ingo Hoppe zu Beginn der Veranstaltung die Frage des Abends formulierte, war ein vielstimmig gemurmeltes „Ja“ im Hörsaal A des Henry-Ford-Baus zu vernehmen. Ganz anders auf dem Podium. Universitätspräsident Professor Peter-André Alt, Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) und der Vorsitzende des Berliner Fahrgastverbandes IGEB e.V. Christfried Tschepe erläuterten, was aus ihrer Sicht für eine Umbenennung spricht – und ernteten dafür teilweise lautstarken Protest von einigen Zuhörerinnen und Zuhörern. Im Laufe der lebhaft geführten Diskussion gab es jedoch mehr und mehr differenzierende Stimmen, die für die Umbenennung plädierten. Am Ende war das Meinungsbild gut gemischt, mit einer „leichten Mehrheit auf der Befürworterseite“, wie Bezirksbürgermeister Norbert Kopp mit einem prüfenden Blick in den Saal und auf die Handzeichen feststellte.

Für und Wider

Dem Argument von Universitätspräsident Alt, in Städten wie Köln oder München trügen U-Bahnstationen ebenfalls den Namen einer Universität, hielten Kritiker Gegenbeispiele anderer großer Universitäten aus dem Ausland entgegen. Auch dass die Umbenennung eine Orientierungshilfe gebe, wie es Christfried Tschepe vom Fahrgasverband betonte, wurde mit dem Hinweis abgetan, heute navigiere jeder mittels Smartphone. Und überhaupt läge der Thielplatz keineswegs im Zentrum der Freien Universität, das sei der U-Bahnhof Dahlem-Dorf.

Wissenschaftszentrum Dahlem

Eine mahnende Dafür-Stimme kam von einer Alumna der Freien Universität: „Ich bin stolz auf die Freie Universität! Hier konnten wir endlich frei studieren. Sie blickt auf eine bedeutende Geschichte zurück und hat wichtige Erfolge zu verzeichnen. Um diese herauszuheben und die Universität zu würdigen, sollte der Bahnhof meiner Meinung nach umbenannt werden“, sagte sie – und erhielt dafür Applaus aus dem Publikum. Ein anderer Zuhörer betonte, dass die Universität für Dahlem identitätsstiftend sei und das Viertel schmücke. Die Studierenden bereicherten den Stadtteil, der ansonsten als reiner „Reichenwohnort“ gelte, unterstrich ein Abgeordneter der Bezirksverordnetenversammlung, der selbst in der Nachbarschaft der Hochschule wohnt. Privatpersonen entstehe durch die Umbenennung zudem kein Aufwand, da es den Thielplatz als Ort nicht gebe und somit weder Adressen noch Ausweise oder Briefköpfe geändert werden müssten.

Namensgeber Hugo Thiel

Die Erinnerung an Hugo Thiel, den ehemaligen preußischen Ministerialdirektor, der sich für die Umwandlung des landwirtschaftlichen Gutes Domäne Dahlem in eine Villenkolonie und für die Nutzung des südöstlichen Areals Dahlems als Wissenschaftsstandort eingesetzt hatte, bleibe durch den Thielpark und die Thielallee erhalten, erklärte Universitätspräsident Peter-André Alt: „Mir ist es persönlich wichtig, kein Gedächtnis zu löschen.“ Es gehe vielmehr um „Symbolpolitik“. Die Freie Universität Berlin sei eine renommierte Wissenschaftsinstitution, eine Exzellenzuniversität, auf deren Leistungen und Erfolge man „bei aller Bescheidenheit“ stolz sein dürfe: „Warum sollten wir unseren guten Namen nicht zeigen, zumal durch die Umbenennung keine Traditionen über Bord geworfen werden?“, fragte er, und erhielt Unterstützung aus dem Publikum. „Wenn wir Herrn Thiel fragen könnten, hätte der sicher nichts dagegen“, formulierte es ein Zuhörer.

Ein wichtiger Punkt in der Diskussion war die Frage nach den Kosten für den neuen Namen. Nachdem in den Medien zunächst eine Summe von 300.000 Euro genannt worden war, versicherte Alt den Zuhörern, dass es nach Rücksprache mit der BVG eine deutlich preiswertere Möglichkeit gebe: Nämlich dann, wenn man die Namensänderung erst 2017 realisieren würde, wenn anlässlich der Internationalen Gartenschau in Marzahn-Hellersdorf auch die Station „Neue Grottkauerstraße“ an der U-Bahnlinie 5 in „Kienberg – Gärten der Welt“ umbenannt werden soll. Dann müssten alle Pläne sowieso geändert werden und der finanzielle Aufwand würde sich auf ein Minimum reduzieren, bestätigte Christfried Tschepe vom Fahrgastverband. Es blieben dann nur noch die Kosten für das Austauschen der Schilder auf dem Bahnsteig und dem Universitätsgelände. Hierfür würden, wie alle Podiumsteilnehmer betonten, weder Mittel aus dem Universitätsetat noch aus dem Bezirkshaushalt aufgewendet. Mögliche Kosten könnten aus Spenden oder mithilfe des Fördervereins der Universität finanzieren werden.

Wem gehört der Bahnhof?

Auf die Frage, weshalb der U-Bahnhof zu einer solch wichtigen Institution wie der Freien Universität noch nicht barrierefrei sei, erklärte Tschepe, dass es dazu bei der BVG Planungen gebe. Auf Rückfrage hieß es dort, man habe sich „auf die Fahnen geschrieben, bis 2022 alle U-Bahnhöfe barrierefrei herzurichten“. Das passende Schlusswort formulierte ein Anwohner: „Mir erscheinen die Argumente beider Seiten emotional. Was mir einleuchtet, ist der Wunsch der Freien Universität, sich als Marke stärker zu präsentieren.“ Das sei richtig und ein legitimer Wunsch. Obwohl er zu Beginn der Diskussion neutral eingestellt gewesen sei, habe er nun nichts mehr gegen eine Umbenennung des U-Bahnhofs.

Der Bahnhof gehöre weder der Freien Universität noch den Bürgerinnen und Bürgern, betonte Bezirksbürgermeister Norbert Kopp: „Die letzte Entscheidung liegt bei der Senatsverwaltung.“