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„Ein Großer seines Fachs“

Der Historiker Dan Diner hat die Ehrendoktorwürde der Freien Universität erhalten

19.11.2015

Claudia Olk, Dekanin des Fachbereichs Philosophie und Geisteswissenschaften, überreicht Dan Diner die Urkunde zur Ehrendoktorwürde der Freien Universität.

Claudia Olk, Dekanin des Fachbereichs Philosophie und Geisteswissenschaften, überreicht Dan Diner die Urkunde zur Ehrendoktorwürde der Freien Universität.
Bildquelle: Frederic Schweizer

V.l.n.r.: Professorin Claudia Olk, Professor Dan Diner, Professor Peter-André Alt, Präsident der Freien Universität und Staatssekretär a.D. Knut Nevermann

V.l.n.r.: Professorin Claudia Olk, Professor Dan Diner, Professor Peter-André Alt, Präsident der Freien Universität und Staatssekretär a.D. Knut Nevermann
Bildquelle: Frederic Schweizer

Eine talentierte Zuschauerin zeichnete den Laureaten während seines Vortrags.

Eine talentierte Zuschauerin zeichnete den Laureaten während seines Vortrags.
Bildquelle: Frederic Schweizer

Professor Dan Diner sei ohne Zweifel ein Großer seines Fachs, ein immens produktiver, origineller, aufklärerischer Historiker. Mit diesen Lobesworten begann Staatssekretär a.D. Knut Nevermann seine Laudatio auf den promovierten Juristen. Er wählte besondere Punkte aus Diners Arbeit und Credo, um „die Größe seines wissenschaftlichen Tuns zu untermauern“. Verliehen wurde Dan Diner die Würde eines Doktors der Philosophie ehrenhalber „in Anerkennung seiner außerordentlichen Leistungen und seiner wegweisenden Studien in Kulturtheorie und Geschichtswissenschaft“ im Rahmen eines öffentlichen Festaktes von Professorin Claudia Olk, Dekanin des Fachbereichs Philosophie und Geisteswissenschaften.

Aus einem interdisziplinären Wissenschaftsverständnis heraus, so die Begründung des Fachbereichs, habe Dan Diner die weltgeschichtlichen Entwicklungslinien des 19. und 20. Jahrhunderts ebenso wie die politischen und kulturellen Verwerfungen der Gegenwart zum Gegenstand einer global ausgerichteten Geschichtsschreibung gemacht.

Mit seinen Studien zur Bedeutung der jüdischen Lebenswelten für eine integrierte europäische Geschichte habe er eine grundlegende Neuorientierung in den Geisteswissenschaften angestoßen, sagte Claudia Olk.

Strategische Partner

Bis 2014 war Dan Diner Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für jüdische Geschichte und Kultur sowie Professor am Historischen Seminar der Universität Leipzig. Seit 2001 ist er Professor für Moderne Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem, was der Präsident der Freien Universität, Professor Peter-André Alt, in seiner Begrüßungsrede besonders hervorhob.

Denn die Freie Universität unterhält seit fast 30 Jahren eine Partnerschaft mit der Hebräischen Universität; erst in diesem Jahr unterzeichneten beide Partner einen Vertrag über die Vergabe gemeinsamer Doktorgrade.

Jüdische Geschichte als Universalgeschichte

Mit Dan Diner zeichne die Freie Universität einen der bekanntesten Intellektuellen unserer Zeit aus, sagte Peter-André Alt in seiner Rede. Er knüpfe in seinem Denken, in seinem Arbeiten an große Vorbilder der europäischen Wissenschaftstradition an. „Wir ehren einen Wissenschaftler, der Interdisziplinarität sucht und der den direkten Austausch mit renommierten Vertretern angrenzender Fächer wie etwa der Kultur- und Literaturwissenschaft, der Rechtswissenschaft, der Philosophie und der Sozial- und Politikwissenschaft pflegt.“

Geehrt werde außerdem der promovierte Jurist, „der die jüdische Geschichte nicht etwa als Teilgeschichte, sondern als eine exemplarische, als eine Universalgeschichte erforscht“.

Festvortrag zu Pierre Nora und Jaques Derrida

Der Applaus wollte nach der Urkundenübergabe an Diner kaum verstummen; der Hörsaal des Henry-Ford-Baus war voll besetzt. Diner bedankte sich bei seinen Vorrednern für die „überaus freundlichen Worte“ und beim Laudator für das Porträt seiner Vita und seines Schaffens, in dem er sich gut wiedergefunden habe.

In seinem anschließenden Festvortrag zum Thema „Algerische Ouvertüren – Pierre Nora und Jaques Derrida im Widerstreit“ befasste sich der Laureat mit der algerischen Erfahrung, die jene gemacht haben, jeder jedoch für sich auf eine andere Weise: Der Philosoph Jacques Derrida wurde in Algerien geboren, der Historiker Pierre Nora stammt aus Frankreich und hat zwei Jahre lang als Gymnasiallehrer in Algerien unterrichtet. Beide hatten durch ihre unterschiedlichen kulturellen Hintergründe andere politische Ansichten – insbesondere mit Blick auf die Algerienfranzosen. Ein Beispiel, das Diner nutzte, um die große Vielfalt jüdischer Lebenswelten aufzuzeigen.