Springe direkt zu Inhalt

Weiterer Fund in der Harnackstraße

Knochenfragmente von Tieren und Menschen entdeckt / Beratung mit Opferverbänden

23.02.2016

Der Fundort im Sommer: In der Harnackstraße stießen Bauarbeiter bei Sanierungsarbeiten auf Knochen.

In unmittelbarer Nähe der Stelle, an der im Sommer 2014 bei Sanierungsarbeiten an der Universitätsbibliothek menschliche Knochen gefunden worden sind, sind Archäologen kürzlich erneut auf Knochenfragmente gestoßen. Das Foto stammt aus dem Jahr 2014.
Bildquelle: Verena Blindow

In unmittelbarer Nähe der Stelle, an der im Sommer 2014 bei Bauarbeiten an den Außenanlagen der Universitätsbibliothek menschliche Knochen im Erdboden entdeckt wurden, sind Archäologie-Professorin Susan Pollock und ihr Team erneut fündig geworden. Sie bargen Fragmente von menschlichen und tierischen Knochen.

Das Team hatte Anfang Februar die Arbeiten für den Abbruch eines Windfangs am Seiteneingang der Bibliothek in der Harnackstraße begleitet, nur wenige Meter von der damaligen Fundstelle entfernt. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Funde aus den Knochengruben stammen, die bei den Bauarbeiten im Sommer 2014 entdeckt wurden“, sagt die Wissenschaftlerin der Freien Universität. Bei der Bergung der Knochen durch die Polizei damals seien die Fragmente möglicherweise übersehen worden und in dem Erdaushub verblieben, mit dem dann der Leitungsgraben wieder verfüllt wurde.

Die Entdeckung der Knochen hatte 2014 für Aufsehen gesorgt, weil weniger als 100 Meter von der Fundstelle entfernt das Gebäude steht, in dem sich bis 1945 das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik befand. Dorthin hatte der KZ-Arzt Josef Mengele bis Kriegsende Leichenteile von Menschen geschickt, die im Vernichtungslager Auschwitz ermordet worden waren. In dem Gebäude befand sich auch eine Sammlung menschlicher Gebeine aus kolonialen Zeiten. Heute ist das Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin in dem Haus untergebracht. Die Fundstelle liegt am Rande des ehemaligen Gartengeländes einer Villa (heute Ihnestraße 24), die damals als Wohnhaus für den Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts diente.

Die Freien Universität hatte nach dem ersten Fund gemeinsam mit dem Landesdenkmalamt Berlin und der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) – als Nachfolgerin der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft – eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um weitere Erkenntnisse über die mögliche Herkunft der Knochen zu gewinnen. Diese waren damals eingeäschert worden, bevor ihre Herkunft geklärt werden konnte. Bereits in den vergangenen Monaten wurden deshalb alle Bauarbeiten in der Nähe des Fundortes – wie die Arbeiten für eine Erneuerung der Außenanlagen um die ehemalige „Direktorenvilla“ und die Reparatur einer defekten Rohrleitung unter der Harnackstraße – archäologisch begleitet. Dabei waren zwei weitere Male menschliche und tierische Knochen entdeckt worden.

In der Arbeitsgruppe wird nun beraten, ob und – wenn ja – welche zusätzlichen Untersuchungen gemacht werden, um Näheres über die Herkunft der Funde zu ermitteln. Die Freie Universität steht dazu sowohl mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland in Kontakt als auch mit dem Zentralrat der Sinti und Roma in Deutschland. Die beiden Opferverbände sollen in die weiteren Schritte eng eingebunden werden.

Archäologie-Professorin Susan Pollock wird mit ihrem Team im April noch einmal an der Harnackstraße im Einsatz sein. Dann sollen die Außenanlagen hinter der Villa Ihnestraße 24 – in der ehemaligen Direktorenvilla ist heute ein Teil des Centers für Digitale Systeme der Universität (CeDiS) untergebracht – neu gestaltet und unter anderem auch Bäume gepflanzt werden. Auch dort wird der Bodenaushub genau wissenschaftlich-archäologisch unter die Lupe genommen werden.