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Vielfalt statt Falten

Am 4. Dezember feierte die Freie Universität ihren 68. Geburtstag

14.12.2016

Zahlreiche Gäste kamen, um am 6. Dezember, zwei Tage nach dem Gründungstag der Freien Universität, den Geburtstag der Hochschule zu feiern.

Zahlreiche Gäste kamen, um am 6. Dezember, zwei Tage nach dem Gründungstag der Freien Universität, den Geburtstag der Hochschule zu feiern.
Bildquelle: Regina Sablotny

Die ersten Sieger des Videowettbewerbs „Vielfalt“ mit Andrea Bör, Kanzlerin der Freien Universität.

Die ersten Sieger des Videowettbewerbs „Vielfalt“ mit Andrea Bör, Kanzlerin der Freien Universität.
Bildquelle: Regina Sablotny

Gekommen, um zu gratulieren:  „Matrikelnummer 1“ Karol Kubicki mit seiner Ehefrau Petra.

Gekommen, um zu gratulieren: „Matrikelnummer 1“ Karol Kubicki mit seiner Ehefrau Petra.
Bildquelle: Regina Sablotny

5 – 4 – 3 – 2 – 1. Das Knattern eines alten Videoprojektors und ein schrilles Piepen – und auf der Leinwand im Hörsaal startet der Kurzfilm des Studenten Jeff Coons. Zu sehen sind die Oberbaumbrücke in Kreuzberg, die Rostlaube in Dahlem und Studierende im Gespräch mit ihren Dozenten. Es sind Einblicke in den Studentenalltag, die Coons in seinem Beitrag „Vielfalt (er-)leben an der Freien Universität“ zeigt. Das Video ist einer von vier Wettbewerbsfilmen, die an diesem Abend vorgeführt und die im Rahmen des Videowettbewerbs „Vielfalt an der Freien Universität“ ausgezeichnet wurden.

Die Vielfalt der Freien Universität zeigte sich auch an diesem feierlichen Abend im Henry-Ford-Bau auf ganz unterschiedliche Weise: In dem buntgemischten Publikum, das von Erstsemestern bis zu Gründungsstudenten der Freien Universität reichte – unter ihnen „Matrikelnummer 1“ Professor Karol Kubicki sowie Kurt Graff, der an diesem Tag seinen 91. Geburtstag feierte. Sie zeigte sich auch in der Bandbreite der wissenschaftlichen Arbeiten, die an diesem Abend ausgezeichnet wurden. Und nicht zuletzt in den vielfältigen Campus-Perspektiven, die mit den Wettbewerbsfilmen gezeigt wurden.

Reich an Geschichte

Diese Vielfalt habe die Freie Universität auch der Unterstützung Ernst Reuters vor beinahe 70 Jahren zu verdanken, sagte Universitätspräsident Professor Peter-André Alt bei seiner Begrüßung: „Ernst Reuter hat, wo er auch handelte, die Idee der Freiheit verteidigt.“ Obwohl die Freie Universität mit ihren 68 Jahren zu den jüngeren Hochschulen in der Bundesrepublik gehöre, sei sie reich an Geschichte, sagte Peter-André Alt.

Auch 2016 habe sich an der Hochschule wieder vieles getan: Nach langjährigem Bemühen habe die Freie Universität mit der Systemakkreditierung ein wichtiges Element der Selbststeuerung gewonnen, wie der Präsident betonte. Bei der Systemakkreditierung werden nicht einzelne Studiengänge begutachtet, sondern das gesamte qualitätssichernde System einer Hochschule steht auf dem Prüfstand. Die Freie Universität hat diesen Test bestanden – und darf ihre Studiengänge nun selbst akkreditieren.

2016 erreichte die Hochschule außerdem die Förderung neuer Sonderforschungsbereiche und die Verlängerung zweier bestehender durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Mit der Humboldt-Universität, der Technischen Universität und der Charité hat sich die Freie Universität dieses Jahr auch darauf verständigt, grundsätzlich eine gemeinsame Antragsinitiative im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder zu verfolgen, sagte Peter-André Alt.

135 Mal wurde der Ernst-Reuter-Preis für Nachwuchswissenschaftler bereits verliehen

Eine exzellente Leistung zeigten die Preisträger des Ernst-Reuter-Preises – eine Auszeichnung, die seit 1985 traditionell am Gründungstag der Freien Universität verliehen wird. „Ernst Reuter wollte den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern – und das möchten wir auch“, sagte Walter Rasch, Vorsitzender des Vorstands der Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen der Freien Universität e.V. Mit der Auszeichnung werden junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Freien Universität Berlin für herausragende und zukunftsweisende Promotionsarbeiten geehrt. Die ausgewählten Arbeiten werden mit jeweils 5.000 Euro prämiert. 135 Preisträger haben die Auszeichnung seit 1985 entgegengenommen. Bei den Feierlichkeiten zum Ernst-Reuter-Preis kamen fünf weitere Nachwuchswissenschaftler der Freien Universität hinzu:

Der 29-jährige Blagoy Blagoev, promovierter Wirtschaftswissenschaftler, wurde für seine Arbeit zu überlangen Arbeitstagen in professionellen Dienstleistungsunternehmen wie Anwaltskanzleien gewürdigt.

Wolf-Julian Neumann (30) von der Charité – Universitätsmedizin Berlin hat in seiner Dissertation neue Einblicke in die biologischen Ursachen von Depressionen gewonnen.

Jan-Erik Schirmer (30) studierte Rechtswissenschaften und wurde zu einer Regelung aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch promoviert, das die Haftbarkeit von Unternehmen und Geschäftsleitern klärt. „Das Körperschaftsdelikt“ lautete der Titel seiner Arbeit. „Ein Titel wie ein Krimi“, merkte Gunter Gebauer an, emeritierter Philosophieprofessor und Jurymitglied für den Ernst-Reuter-Preis.

Für ihre Forschung zu „Krankenhauskeimen“ wurde die Tiermedizinerin Szilvia Vincze (32) vom Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen der Freien Universität ausgezeichnet. Sie untersuchte in ihrer Arbeit den bakteriellen Erreger Staphylococcus aureus, der bei Menschen und Tieren oft zu Infektionen führt.

Manolis Ulbricht (33) schließlich wurde im Fach Byzantinistik mit einer Arbeit zu einer mehr als tausend Jahre alten Streitschrift gegen den Koran promoviert: Der Text war im 9. Jahrhundert von einem orthodoxen Gelehrten und Theologen namens Niketas von Byzanz verfasst worden.

Fünf außergewöhnliche Dissertationen mit höchst unterschiedlichen Fragestellungen – Gunter Gebauer bescheinigte den ausgezeichneten Arbeiten auch deshalb eine „beeindruckende Vielfalt“.

Universitätspräsident Professor Peter-André Alt und Klaus Hoffmann-Holland, Juraprofessor und Vizepräsident der Freien Universität, ehrten anschließend die Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie Förderinnen und Förderer des Deutschlandstipendiums. 105 Deutschlandstipendien konnten für das Studienjahr 2016/2017 dank privater Spender vergeben werden. „Bildung braucht die persönliche Förderung aller Bürgerinnen und Bürger“, dankte Peter-André Alt zu Beginn der Veranstaltung den Förderern des Stipendiums.

Für Andrea Bör, seit Juni Kanzlerin der Freien Universität, war es der erste Ernst-Reuter-Tag. Ihr fiel eine gewichtige Rolle zu: Gemeinsam mit der studentischen Jurorin Tanya Gryniva zeichnete die promovierte Ingenieurin die Gewinner des Videowettbewerbs „Vielfalt“ aus. Im Laufe des Abends konnte das Publikum in Form filmischer Intermezzi drei der vier prämierten Beiträge sehen. Auf der Bühne lernte es nun die Filmmacher kennen. Der Publikumspreis, eine Jahreskarte für die Yorck-Kinogruppe, ging an Julian Hettihewa und seinen Film „et diversitas“. Pavel Bozhilovs Film „Amalgam“ und Jeff Coons‘ „Vielfalt (er)-leben an der Freien Universität Berlin“ teilten sich den zweiten Platz. Ihre Arbeiten wurden mit jeweils 500 Euro gewürdigt. Sieger wurde der Streifen „Vielfalt und deren Wahrnehmung an der FU“, in dem eine Gruppe von Studierenden auf dem Campus Interviews zum Thema Diversität und Gleichberechtigung führte. Das Preisgeld in Höhe von 1000 Euro ging an Philip Maciejewski, Lukas Franz Lönnendonker, Antonia Middeldorf, Suzanne Linehan Winter, Carolina Fernandez Arancibia und Christian Joswig. Alle Preise, die den Gewinnerinnen und Gewinnern an diesem Abend überreicht wurden, stiftete die Ernst-Reuter-Gesellschaft der Ehemaligen, Freunde und Förderer der Freien Universität.

Als Ausklang nahm das Video „Amalgam“ das Publikum mit über die Dächer der Rost- und Silberlaube. Der filmische Flug ging vorbei an Honigbienen und Wildblumen. Ob es um den Himmel über Dahlem geht, die Gärten der Hochschule, die Menschen, die auf dem Campus lernen, lehren und arbeiten, oder das Wissen, das an der Freien Universität gedeiht – „Vielfalt ist, was immer Sie darunter verstehen“, schloss Peter-André Alt den Abend und lud zum Empfang im Foyer des Henry-Ford-Baus.