Springe direkt zu Inhalt

„Für Menschenrechte – bevor es zu spät ist“

Die Universitätsbibliothek und die Amnesty-International-Gruppe 1581 engagierten sich gemeinsam für die Initiative „berlin liest“ / Gelesen wurde aus der UN-Menschenrechtscharta, die im Dezember 1948 verabschiedet wurde

18.10.2017

Stefanie Krebs-Pahlke (2.v.r.) und Helga Barten (r.) engagieren sich seit mehr als 30 Jahren für Menschenrechte.

Stefanie Krebs-Pahlke (2.v.r.) und Helga Barten (r.) engagieren sich seit mehr als 30 Jahren für Menschenrechte.
Bildquelle: Marina Kosmalla

„Für Menschenrechte – bevor es zu spät ist. Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ Mit deutlichen Worten eröffnete Stefanie Krebs-Pahlke die halbstündige Lesung im Foyer der Universitätsbibliothek (UB) der Freien Universität: „Wir erleben täglich Attacken gegen Menschenrechte. Standards, die seit Jahrzehnten gelten, werden zunehmend abgebaut. Weltweit gibt es Kräfte, die die Uhr in Sachen Menschenrechte zurückdrehen wollen. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir müssen uns einmischen, um den Rückschritt aufzuhalten.“

Gemeinsam mit Helga Barten aus der Amnesty-Gruppe 1581 las Stefanie Krebs-Pahlke, ehemalige Vorsitzende des Personalrats Dahlem der Freien Universität, aus den Artikeln der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Die Charta umfasst 30 Artikel, die Themen sind heute so aktuell wie damals ¬– etwa zum Flüchtlingsschutz oder dem Schutz der Privatsphäre. „Eine geschützte Privatsphäre ist die Voraussetzung für die Ausübung anderer Menschenrechte, etwa freie Kommunikation, politisches Engagement und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“, sagte Helga Barten. „Anlasslose Massenüberwachung ist menschenrechtswidrig. Verletzungen der Privatsphäre lassen sich auch nicht mit dem Kampf gegen Terrorismus rechtfertigen. Wir respektieren das Bedürfnis vieler Bürgerinnen und Bürger nach Sicherheit, aber Antiterrormaßnahmen dürfen nicht auf Kosten des Rechtsstaats und der Menschenrechte gehen.“

Die UN-Menschenrechtscharta in Wort, Schrift und Bild

Die Lesung fand im Rahmen von „berlin liest“ statt, einer Initiative des Internationalen Literaturfestivals Berlin: Am ersten Tag des jährlich stattfindenden Festivals sind Berlinerinnen und Berliner dazu aufgerufen, an einem Ort ihrer Wahl einen Prosatext oder ein Gedicht vorzulesen. In diesem Jahr wurde als Lektüre die Deklaration der Menschenrechte und die Charta 08 empfohlen — auch in Erinnerung an den im Juli dieses Jahres verstorbenen Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo.

Der Ort für die Lesung hätte kaum besser gewählt sein können, denn im Foyer der Universitätsbibliothek war gerade die Wanderausstellung „Vereinte Nationen – Geschichte, Gegenwart, Zukunft“ zu Gast. Sie ist von der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e. V. (DGVN) in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt zum 70. Jahrestag der Vereinten Nationen entwickelt worden und ist ab dem 24. Oktober im Rathaus von Rodgau in Hessen zu sehen.

Im Foyer der Universitätsbibliothek wurde sie vom Dokumentationszentrum UN-EU der Freien Universität in Kooperation mit der DGVN gezeigt. Den Ausstellungsort und Amnesty International verbindet eine jahrelange Partnerschaft. Die Universitätsbibliothek, in der schon mehrere Ausstellungen über die Menschrechtsorganisation stattfanden, hat die Funktion einer „United Nations Depository Library“ (UN-Depotbibliothek). Diese Bibliotheken sammeln Veröffentlichungen und Dokumente der Vereinten Nationen sowie Veröffentlichungen der UN-Sonderorganisationen und machen sie der Öffentlichkeit zugänglich. In der heutigen Zeit der Online-Verfügbarkeit dieser Materialien setzt das Dokumentationszentrum Vereinte Nationen – Europäische Union vermehrt auf das Angebot von Beratung, Coaching und Schulungen.

Tausende lassen sich schlecht ignorieren

Organisatoren und Leserinnen (v.l.n.r.): Dr. Susanne Rothe, Leiterin der Benutzung der UB, Stefanie Krebs-Pahlke, Michael Franke-Maier, stellvertretender Leiter der Zugangsabteilung der UB, und Helga Barten.

Organisatoren und Leserinnen (v.l.n.r.): Dr. Susanne Rothe, Leiterin der Benutzung der UB, Stefanie Krebs-Pahlke, Michael Franke-Maier, stellvertretender Leiter der Zugangsabteilung der UB, und Helga Barten.
Bildquelle: Marina Kosmalla

Stefanie Krebs-Pahlke und Helga Barten sind Mitglieder der Amnesty-International-Gruppe 1581 und engagieren sich seit mehr als 30 Jahren. Durch Aktionen wie die Lesung der Menschenrechtscharta beispielsweise oder auch den jährlich weltweit stattfindenden Briefmarathon: Anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte am 10. Dezember fordern stets Hunderttausende weltweit Regierungen auf, gewaltlose politische Gefangene freizulassen und Unrecht zu beenden. Einen solchen Brief könne jeder selbst schreiben oder auch einen von den Amnesty International Gruppen vorformulierten Brief verwenden, sagt Helga Barten. Die unzähligen Schreiben zeigten den Betroffenen und ihren Familien, dass sie nicht allein sind. Und sie übten Druck auf Regierungen aus, denn ein einzelner Brief könne ungelesen weggeworfen werden, aber Tausende ließen sich schlecht ignorieren.

Eine Erfolgsgeschichte des Briefmarathons ist die der US-amerikanischen Whistleblowerin Chelsea Manning. Im Mai 2010 wurde sie wegen des Verdachts verhaftet, Videos und Dokumente kopiert und der Website WikiLeaks zugespielt zu haben, 2013 wurde sie zu 35 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Amnesty machte im Briefmarathon 2014 auf ihren Fall aufmerksam, an dem sich fast eine Viertelmillion Menschen beteiligte und den damaligen US-Präsidenten Barack Obama dazu aufrief, sie freizulassen, schreibt Amnesty International auf ihrer Seite. Kurz vor Ende seiner Amtszeit begnadigte US-Präsident Barack Obama Chelsea Manning, die schließlich am 17. Mai 2017 freikam. „Das ist dann immer ein Highlight“, sagte Stefanie Krebs-Pahlke.