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„Ob Nero Rom angezündet hat, ist nach wie vor ungelöst“

Ein Interview mit dem Althistoriker Professor Ernst Baltrusch, der die Ringvorlesung „Rätsel der Geschichte“ gemeinsam mit Professor Arnd Bauerkämper organisiert hat / Beginn: 26. Oktober, 18 Uhr

18.10.2017

Die Entstehung der Athenischen Demokratie: Historischer Zufall oder Masterplan? – lautet der Titel des Vortrags am 2. November. Die Akropolis ist in der Blütezeit der Demokratie erbaut worden.

Die Entstehung der Athenischen Demokratie: Historischer Zufall oder Masterplan? – lautet der Titel des Vortrags am 2. November. Die Akropolis ist in der Blütezeit der Demokratie erbaut worden.
Bildquelle: Acropolis (Erechtheum) of Athens, from West, 2015 © Jebulon / Wiki Commons

Wann, wo und wie entsteht der Terrorismus? Wann begann der Dreißigjährige Krieg? Haben gelehrte Männer und Gastfreundschaft in der frühneuzeitlichen Gesellschaft etwas mit Geschlechtergeschichte zu tun? Das sind nur einige der Fragen, denen Historikerinnen und Historiker der Freien Universität im Rahmen der Ringvorlesung „Rätsel der Geschichte“ nachgehen wollen. Das Friedrich-Meinecke-Institut für Geschichtswissenschaft und das Weiterbildungszentrum veranstalten die Reihe gemeinsam, der Althistoriker Professor Ernst Baltrusch hat sie mit dem Neuhistoriker Professor Arnd Bauerkämper konzipiert. Im Gespräch mit campus.leben berichtet er von Nero, Geschichte im Fluss und ewigen Rätseln.

Herr Professor Baltrusch, was ist Ihr Rätsel der Geschichte?

Für mich als Althistoriker: Nero und der Brand Roms. Dem römischen Kaiser wird zugeschrieben, die Stadt selbst angezündet zu haben. Aber ob er diesen Brand tatsächlich zu verantworten hat, wissen wir nicht sicher. Auch nach 2000 Jahren ist nicht vollständig aufgearbeitet, was damals geschah – und das bei einem historischen Ereignis von exorbitanter Bedeutung. Wenn man so will, ist das Römische Reich insgesamt ein Rätsel. Schließlich können wir noch immer nicht wirklich erklären, wie es funktioniert hat.

Was lässt sich aus den Rätseln der Geschichte grundsätzlich lernen?

Man lernt, wie die Geschichtswissenschaft arbeitet. Wir werden uns in der Ringvorlesung anschauen, wie man Quellen zum Sprechen bringt. Über den Brand Roms etwa gibt es zwar durchaus einige Quellen — sie verraten allerdings nicht, wer das Feuer tatsächlich gelegt hat. Wir haben Fragen an die Quellen, die diese gar nicht beantworten wollten. Zu ihrer Beantwortung verfügt die Geschichtswissenschaft über ein stetig wachsendes Methodenarsenal, das sie auch aus Nachbardisziplinen wie der Soziologie, Politik- oder Literaturwissenschaft gewonnen hat. Mit diesen werden wir uns in der Ringvorlesung beschäftigen. Dabei wird vor allem klar werden, dass es keine einfachen Lösungen gibt: Geschichte ist immer im Fluss. Denn die Fragen, die wir heute an die Quellen richten, sind natürlich ganz andere als etwa im 19. Jahrhundert. Das verändert auch die Geschichte.

Welche Themen werden außerdem behandelt?

In der Reihe soll die Geschichtswissenschaft, wie sie an der Freien Universität betrieben wird, in ihrer ganzen Breite abgebildet werden. Dem institutionellen Zuschnitt des Friedrich-Meinecke-Instituts entsprechend wurden dabei die einzelnen Epochen ebenso einbezogen wie spezifische Zugriffe – etwa Public History und Global History – und die besonderen Regionen: Geschichte Osteuropas, Lateinamerikas und Nordamerikas. So werden wir aus allen Epochen und verschiedenen Teilen der Erde hören: von der Entstehung der athenischen Demokratie bis hin zu Sklavenaufständen in South Carolina; vom Dreißigjährigen Krieg bis zur NS-Zeit. Wir richten uns an ein möglichst breites Publikum — die Themen werden spannend und allgemein verständlich aufbereitet.

Die Fragen stellte Dennis Yücel

Weitere Informationen

Rätsel der Geschichte - Ringvorlesung

Zeit und Ort

  • donnerstags, 18.00 bis 20.00 Uhr
  • Hörsaal I B, Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin

Konzeption: Prof. Dr. Ernst Baltrusch, Prof. Dr. Arnd Bauerkämper. Die Ringvorlesung wird vom Friedrich-Meinecke-Institut für Geschichtswissenschaft in Kooperation mit dem GasthörerCard-Programm der Freien Universität Berlin durchgeführt.

Programm

  • 26.10.2017 Daniel Koerfer: Im Protektorat Böhmen & Mähren: Der rätselhafte Fall Franz Nüßlein
  • 2.11.2017 Monika Schuol: Die Entstehung der Athenischen Demokratie: Historischer Zufall oder Masterplan?
  • 9.11.2017 Matthäus Heil: Nero und der Brand Roms 64 n.Chr.
  • 16.11.2017 Nikolaus Böttcher: Das Ende des spanischen Weltreiches
  • 23.11.2017 Andreas Fischer: »Die Saat des ganzen Verderbens«: Die Hunnen und ihr Reich
  • 7.12.2017 Ralf Lützelschwab: Karl VI. der »Wahnsinnige« (1368 -1422)
  • 14.12.2017 Andreas Bähr: Der Komet von 1618 oder: Wann begann der Dreißigjährige Krieg?
  • 11.01.2018 Gabriele Jancke: Gelehrte Männer und Gastfreundschaft in einer frühneuzeitlichen Gesellschaft – Hat das etwas mit Geschlechtergeschichte zu tun?
  • 18.01.2018 Sebastian Jobs: »Fake-news« und »alternative Fakten«? Geschichten eines Sklavenaufstands in South Carolina
  • 25.01.2018 Mariana Hausleitner: Abkehr von der Verfolgung der Juden und Roma in Rumänien im Oktober 1942
  • 1.02.2018 Daniel Schönpflug: Wann, wo und wie entsteht der Terrorismus? Eine Spurensuche
  • 8.02.2018 Dieter Gosewinkel: Warum ein rechtsextremes Europa trotz der Erfahrung von NS und Kollaboration? Das Beispiel Frankreich