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„Die höchsten Türme fangen beim Fundament an“

In der Altensteinstraße 23 a wurde der Grundstein für den Forschungsbau SupraFAB gelegt

15.10.2018

Das SuraFAB befindet sich in direkter Nachbarschaft zum Chemiegebäude der Freien Universität in der Takustraße 3 (links) und dem Zuse Institute Berlin (ZIB) (Mitte).

Das SuraFAB befindet sich in direkter Nachbarschaft zum Chemiegebäude der Freien Universität in der Takustraße 3 (links) und dem Zuse Institute Berlin (ZIB) (Mitte).
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Eine Ausgabe des Tagesspiegels, ein aktueller Münzsatz und die Baupläne – diese drei zeitgeschichtlichen Dokumente wurden Anfang September verschlossen in einer Kapsel in die Bodenplatte des Forschungsneubaus SupraFAB eingelassen. Die Abkürzung steht für „Supramolekulare Funktionale Architekturen an Biogrenzflächen“. Das SupraFAB-Gelände werde eine Plattform für innovative Forschung und Raum für exzellente interdisziplinäre Projekte bieten, sagte Professor Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität Berlin, zur feierlichen Grundsteinlegung.

Die ersten bauvorbereitenden Arbeiten haben bereits stattgefunden. So konnten die Gäste der Grundsteinlegung das Untergeschoss des Neubaus betreten und den Grundriss ablaufen. Das SupraFAB ist als dreigeschossiges, rechteckiges Gebäude konzipiert. Seine Höhe orientiert sich am benachbarten Chemiegebäude der Freien Universität in der Takustraße 3. Drei Zonen werden den Neubau definieren: Im Untergeschoss werden hochsensible Großgeräte untergebracht. Dazu wird es einen Labor- und einen Bürobereich geben. Den dritten Bereich werden Kommunikationszonen bilden.

„Die höchsten Türme fangen beim Fundament an“, zitierte Günter M. Ziegler den US-amerikanischen Erfinder Thomas Alva Edison. Und auch wenn dieses Gebäude keinen Turm haben werde, so sei das Fundament doch von besonderer Bedeutung: Der Neubau wird auf einer einen Meter dicken Betonschicht stehen. Denn für die geplante Forschung ist es wichtig, dass absolute Schwingungsarmut herrscht, um sehr sensible Messungen zu ermöglichen. Auch die Klimatechnik muss sehr spezielle Anforderungen erfüllen. Sie muss zum Teil Temperaturschwankungen von 0,1 Grad stabil halten. Zudem werden mit dem Bau besondere ökologische Standards erfüllt und viele Erkenntnisse des nachhaltigen Bauens umgesetzt. Geplant sind eine effiziente Wärmerückgewinnung, eine Klimatisierung mittels natürlicher Kältemittel, eine extensive Dachbegrünung sowie der Einsatz von ressourcenschonendem Beton für die Herstellung der Decken. „Es ist eine technisch höchst anspruchsvolle Baumaßnahme“, sagte die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Katrin Lompscher.

Im SupraFAB wird ein Team unterschiedlicher Disziplinen und aus verschiedenen Ländern eng zusammenarbeiten. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen aus der Biologie, Chemie, Pharmazie und Physik bis hin zur Medizin. „Viele arbeiten schon heute zusammen in der Focus Area NanoScale, in einem unserer Sonderforschungsbereiche oder im Exzellenzcluster NeuroCure“, sagte Chemieprofessor Rainer Haag, der seit 2009 die Focus Area NanoScale gemeinsam mit der Physikprofessorin Stephanie Reich leitet. Das neue Gebäude solle einen noch intensiveren Austausch ermöglichen und die Kommunikation zwischen den Forschenden erleichtern.

Kommunikation war daher auch ein wichtiger Aspekt bei der Gestaltung des Neubaus. „Nobelpreise werden im Treppenhaus gewonnen“, zitierte Hans Nickl vom Architekturbüro Nickl & Partner „einen schwedischen Nobelpreisträger“. Das Treppenhaus stehe für einen Raum, in dem man sich begegnet und austauscht, und so sei auch das Gebäude konzipiert worden. Mit einer großen Freitreppe und einem Lichthof werden solche Begegnungsorte geschaffen. Zudem sind keine Einzelbüros mehr vorgesehen. „Keiner sitzt in seiner Box und macht sein Ding“, sagte Rainer Haag, der auch wissenschaftlicher Projektleiter für den Forschungsbau ist. „Das ist wichtig für die Kommunikation untereinander.“ Um die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen den Arbeitsgruppen im SupraFAB zu verbessern, seien zudem – ähnlich wie die Lunch-Konzerte in der Berliner Philharmonie – in den Mittagspausen Präsentationen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geplant. „Einmal im Monat wollen wir bei solch einem Lunch-Konzert unsere aktuellen wissenschaftlichen Ergebnisse auch in die Öffentlichkeit kommunizieren“, sagte Haag.

In dem entstehenden Gebäude sollen Wirk- und Funktionsmechanismen von komplexen Eiweißmolekülen auf Zelloberflächen mit nanophysikalischen Methoden erforscht werden. Einzigartig ist die direkte Verknüpfung der Synthese supramolekularer Architekturen mit maßgeschneiderten Biogrenzflächen; dies dient dem Ziel, neuartige funktionale Systeme zu generieren und komplexe Biomembranprozesse zu analysieren. Ein umfassendes Verständnis komplexer biologischer Grenzflächen-Prozesse – etwa Virus-Zell-Interaktionen – wird damit im Detail ermöglicht.

Der Forschungsbau stehe stellvertretend für eine sehr gute Entwicklung der Freien Universität in den vergangenen Jahren, sagte der Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung Steffen Krach. „Die Einwerbung eines 91b-Forschungsbaus ist nicht einfach.“ Sogenannte 91b-Forschungsbauten sind Gebäude, die gemeinsam vom Bund und einem Bundesland finanziert werden. Sie sollen wesentlich der Forschung dienen, ein Alleinstellungsmerkmal in ihrer Forschungsprogrammatik aufweisen und über ein Investitionsvolumen von über 5 Millionen Euro hinausgehen. Die Freie Universität sei mit mittlerweile drei dieser Forschungsbauten, die in den vergangenen Jahren realisiert wurden, ganz besonders erfolgreich gewesen, sagte Krach. „Das Gebäude steht insgesamt für die Exzellenz der Berliner Wissenschaft, für die Kooperation zwischen den einzelnen Disziplinen sowie für die Kooperation zwischen den Universitäten.“

Gewürdigt wurde auch die große Unterstützung des ehemaligen Kanzlers der Freien Universität, Peter Lange, und seiner Nachfolgerin im Amt, Dr. Andrea Bör.

Gewürdigt wurde auch die große Unterstützung des ehemaligen Kanzlers der Freien Universität, Peter Lange, und seiner Nachfolgerin im Amt, Dr. Andrea Bör.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

„Bei einer Grundsteinlegung ist es gute Sitte, dass man die am Bau Beteiligten besonders hervorhebt“, sagte Katrin Lompscher und betonte gleichzeitig die bisherige gute Zusammenarbeit aller Beteiligten, der Planungsbüros, der Bauleute, der Nutzer, der Senatskanzlei als Bedarfsträger, der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen als Baudienststelle des Landes sowie der Technischen Abteilung der Freien Universität. In einem europaweiten zweistufigen Auswahlverfahren für freiberufliche Leistungen mit integriertem Planungskonzept konnte sich Anfang 2016 eine Arbeitsgemeinschaft aus den Büros Nickl & Partner (Hochbau), Inros Lackner (Tragwerk, Technische Ausrüstung) und Hager & Partner (Freianlagen) aufgrund ihres gestalterisch, funktional und wirtschaftlich überzeugenden Entwurfs durchsetzen. Gewürdigt wurde in den Reden während der feierlichen Grundsteinlegung auch die große Unterstützung von Peter Lange, ehemaliger Kanzler der Freien Universität, und seiner Nachfolgerin im Amt Andrea Bör.

Die Baumaßnahme ist mit 41,15 Millionen Euro im Landeshaushalt veranschlagt, der Bund übernimmt davon im Rahmen der Hochschulförderung bis zu 18,79 Millionen Euro. Ende 2020 sollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Arbeit im SupraFAB aufnehmen können.