Springe direkt zu Inhalt

Wissensdurstig durch die Nacht

Mehr als 16 000 Besucherinnen und Besucher waren bei rund 500 Veranstaltungen der Langen Nacht der Wissenschaften an der Freien Universität – mit dabei auch Kinderreporterin Gesa

19.06.2019

Gut gewandet: Kinderreporterin Gesa auf ihrer Tour durch die Lange Nacht. Im Garten der Topoi-Villa erfuhren die Neunjährige und ihre jüngere Schwester Theda, wie eine Toga fachgerecht gebunden wird.

Gut gewandet: Kinderreporterin Gesa auf ihrer Tour durch die Lange Nacht. Im Garten der Topoi-Villa erfuhren die Neunjährige und ihre jüngere Schwester Theda, wie eine Toga fachgerecht gebunden wird.
Bildquelle: Michael Fahrig

Wie man professionell das Wetter vorhersagt, ein Kälbchen auf die Welt bringt, wissenschaftlich korrekt Feuer löscht und „Game of Thrones“ mediävistisch interpretiert – all das und vieles mehr erfuhren die Besucherinnen und Besucher der diesjährigen „Langen Nacht der Wissenschaften“ an der Freien Universität in Dahlem und Steglitz. Besuchermagneten waren neben den Angeboten im Hauptgebäude in der Habelschwerdter Allee die Institute für Physik, Anorganische Chemie und Meteorologie.

Begeistert waren die jüngsten Entdeckerinnen und Entdecker auch vom Programm der Veterinärmediziner, wo sie üben konnten, wie Ultraschallbilder ausgewertet werden und erfuhren, wie in der Kleintierklinik behandelt wird. Nachwuchs-Ärchäologinnen und -Ärchäologen fanden sich im Garten des Topoi-Hauses ein, wo sich alles um die Altertumswissenschaften drehte. Für campus.leben war Kinderreporterin Gesa in der Langen Nacht unterwegs. Lesen Sie hier, was die Neunjährige erlebt hat:

Wusstet ihr, dass Tattoos in der Antike auf die Haut gestochen wurden, um Schmerzen zu lindern? Vor mehr als 2000 Jahren lebten in der Gegend nördlich von Griechenland die Thraker. Sie dachten, schöne Muster könnten gegen Schmerzen helfen. Die Motive hatten auch noch einen anderen Zweck: Jemand, der schnell sein wollte, ließ sich zum Beispiel ein Reh tätowieren, weil Rehe damals als besonders schnelle Tiere galten.

Römische Senatoren trugen ein besonderes Gewand, das man Toga nannte. Meine Schwester und ich haben uns in diese Kleidungsstücke einwickeln lassen, sahen darin aber ziemlich komisch aus. Bei meinem Rundgang durch die Antike habe ich auch römisches Essen probiert. Am besten haben mir die Globuli geschmeckt. Das sind in Honig gewälzte und mit Mohn bestreute Quarkbällchen. Dazu gab es leckeren Kinderwein, der ein bisschen nach Pfeffer schmeckte.

Bei den archäologischen Ausgrabungen im Garten der Topoi-Villa habe ich leider keine Schätze mehr gefunden. Dafür habe ich eine kleine Schale getöpfert, die mich noch lange an meinen Abend in der Antike erinnern wird.

Meine Reise in die Vergangenheit hat mich auch zu einem Abendessen bei Adolph Freiherr Knigge geführt: Im Theaterhof der Rost- und Silberlaube stand ein fein gedeckter Tisch. Bei einem Quiz konnten Kinder testen, ob sie sich mit den Regeln für gutes Benehmen auskennen: Wie setzt man sich bei einer Hochzeitsgesellschaft richtig an den Tisch? Wozu dient ein Schälchen mit Wasser und Zitronenscheiben? Darf man beim Essen schmatzen und rülpsen? Herr Knigge würde die letzte Frage mit Nein beantworten. In China ist das Schmatzen aber ein Zeichen dafür, dass es gut geschmeckt hat.

Im Konfuzius-Institut an der Freien Universität Berlin konnte ich noch mehr über China erfahren. Es gab dort sogar einen zweisprachigen Schnupperkurs. Leider habe ich weder Chinesisch noch die englische Übersetzung so richtig verstanden. Mehr Spaß hatte ich beim Zeichenkurs, wo ich viel über den Unterschied zwischen europäischen Comics und chinesischen Manhua gelernt habe. Asiatische Augen werden anders gezeichnet, und es gibt auch einen Trick, wie man das Glitzern in die Augen der Comicfiguren hineinzaubert.

Für mich war es ein toller Abend, und ich freue mich schon auf die nächste Lange Nacht der Wissenschaften!

Von Kinderreporterin Gesa

Das gab's noch bei der Langen Nacht!

„Die Lange Nacht der Wissenschaften ist eine großartige Veranstaltung, ich habe auch in den vergangenen Jahren immer gern daran teilgenommen“, sagte Universitätspräsident Günter M. Ziegler. „Man kann in ganz unterschiedliche Fachgebiete eintauchen und nicht nur in direktem Kontakt die wissenschaftliche Seite kennenlernen, sondern auch die Begeisterung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Studentinnen und Studenten für ihre Disziplin spüren.“

Der Mathematikprofessor führte 30 Sponsorinnen und Sponsoren von Stipendien für Studierende der Universität über den Campus. Kunsthistoriker Christian Freigang erläuterte der Gruppe die Geschichte baulicher Highlights; bei einem Besuch im Institut für Biochemie drehte sich alles um leuchtende Alltagsprodukte und Lebensmittel. Bananen beispielsweise sind durch den Chlorophyll-Abbau fluoreszierend. Möglicherweise nützt das Tieren, um zu erkennen, wann die Früchte reif sind. Für Menschen ist die blaue Färbung dagegen nur unter UV-Licht sichtbar.

Imkermeister Benedikt Polaczek präsentierte einen Freiflugkasten für Bienen und Hummeln – und konnte so auch zunächst zurückhaltende Besucherinnen und Besucher dank Sicherheitsabstand zum Insektenbeobachten einladen. Nach der Verkostung des hauseigenen Honigs lud Japanologieprofessorin und Vizepräsidentin Verena Blechinger-Talcott nach Japan ein: Bei Mugicha – Gerstentee – und Matcha-Keksen erklärten Studierende die Origami-Faltkunst und zeigten, wie ausländische Namen in Katakana, einem japanischen Schriftsystem, geschrieben werden. „Aus Günter müssen wir leider Ginter machen“, meinte Blechinger-Talcott scherzend zum Präsidenten, „denn ein ‚ü‘ kennt das Japanische nicht.“

Die Führung endete beim Projekt „Knigge geht um“ am Dahlem Humanities Center. Die Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftler regten mit Lesungen und einer Ausstellung dazu an, den 1788 verfassten Klassiker „Über den Umgang mit Menschen“ von Adolph Freiherr Knigge neu zu entdecken. In Kurzvorträgen reflektierten sie über soziale und mediale Verhaltensformen, beispielsweise zu „Höflichkeit − mit und ohne Emojis“.

Es sei interessant, einen Einblick in die Forschungsaktivitäten der Freien Universität zu bekommen, sagte Heinz-Joseph Loddenkemper, Stifter eines Deutschlandstipendiums. „Es ist schön zu sehen, dass alle mit Freude dabei sind und nicht nur der akademische Erfolg im Vordergrund steht.“ Auch Ute Schweitzer von der Friede Springer Stiftung war von der „Klügsten Nacht des Jahres“ begeistert und inspiriert: „Ich fühle mich wie ein Kind auf der Spielwiese, man kann hier so viel Neues entdecken und lernen.“

Die Programmpunkte der VIP-Tour waren auch für alle Besucher der Langen Nacht geöffnet. Ihre Japanisch-Schnupperkurse etwa seien den ganzen Abend über ausgebucht gewesen, berichtete Studentin Julia Süße, die in ihrer Fachschaft aktiv ist. Auch die fernöstlichen Leckereien, die sie und ihre Kommilitonen vorbereitet hatten, waren schnell verzehrt.

Während es beim FUture Slam um Forschung und Bildung in der Zukunft ging, boten andere Veranstaltungen Zeitreisen in die Vergangenheit. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Arbeitsbereichs Anglistische Mediävistik nahmen in der Philologischen Bibliothek die erfolgreiche Buch- und Fernsehserie „Game of Thrones“ unter die Lupe: Wie wird mit Motiven, Erzählstrukturen und historischen Anspielungen der Eindruck von Mittelalterlichkeit erzeugt? Wie wird kulturelle Andersartigkeit präsentiert und inwiefern kann das für aktuelle gesellschaftliche Debatten relevant sein?

Zur gleichen Zeit öffnete der Botanische Garten seine Schatzkammer. Gezeigt wurden die getrockneten Pflanzen − rund 3300 Arten − die Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland auf ihrer Südamerika-Expedition (1799-1804) gesammelt und nach Europa geschickt hatten. „Wir hätten noch viel mehr Führungen anbieten können“, freute sich Diplom-Biologin Gesche Hohlstein über das Interesse.

Mit einem Knall ging die „Klügste Nacht des Jahres“ an der Freien Universität zu Ende. „Voll im Element“ war dabei Sebastian Hasenstab-Riedel, Professor für Anorganische Chemie. Gemeinsam mit Studierenden organisierte er Experimente quer durch das Periodensystem. In einem Quiz traten die rechte und die linke Seite des vollbesetzten Hörsaals gegeneinander an. Sobald ein Element anhand seiner Eigenschaften und Verwendungszwecke erraten wurde, folgte ein Versuch. So explodierten mit Wasserstoff gefüllte Ballone, versenkte Natrium Papierschiffe und ließ eine Zigarre, getränkt in flüssigen Sauerstoff, zum krönenden Abschluss goldene Funken sprühen.