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Gemeinsam für Vielfalt

An der Freien Universität Berlin wurden 116 neue Deutschlandstipendien vergeben

05.02.2020

Im Gespräch (v. l. n. r.): Vizepräsident Professor Hauke Heekeren, Bianca Städter von der Rechtsanwaltskanzlei Allen & Overy, die seit vielen Jahren Stipendien finanziert, Stipendiat Habib Bader und Stipendiatin France-Audrey Magro.

Im Gespräch (v. l. n. r.): Vizepräsident Professor Hauke Heekeren, Bianca Städter von der Rechtsanwaltskanzlei Allen & Overy, die seit vielen Jahren Stipendien finanziert, Stipendiat Habib Bader und Stipendiatin France-Audrey Magro.
Bildquelle: Patricia Kalisch

„Wann, wenn nicht jetzt? Wo, wenn nicht hier?“ Der Refrain des bekannten Rio Reiser-Liedes hallt an einem Donnerstagabend durch den Henry-Ford-Bau der Freien Universität. Der gemeinsame Chor der Berliner Hochschulen „Unität“ singt die Zeilen für die Studierenden, die an diesem Abend mit einem Deutschlandstipendium ausgezeichnet werden und wie ihre privaten Förderer und Förderinnen nach Dahlem gekommen waren.

Seit Beginn des Förderprogramms im Jahr 2011 hat sich die Anzahl der Stipendiatinnen und Stipendiaten an der Freien Universität nahezu vervierfacht. Möglich wäre das nicht ohne die wachsende Zahl der Stifterinnen und Stifter, die an diesem Abend an die Hochschule gekommen sind, um den von ihnen geförderten Stipendiaten persönlich ihre Urkunde zu überreichen. Dabei lautet der Leitspruch des Deutschlandstipendiums an der Freien Universität: Gemeinsam für Vielfalt.

 

„Auch biografische Hürden genommen zu haben, kann eine Leistung sein“, betonte Professor Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität. Große Leistungen könnten so noch mehr strahlen.

„Auch biografische Hürden genommen zu haben, kann eine Leistung sein“, betonte Professor Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität. Große Leistungen könnten so noch mehr strahlen.
Bildquelle: Patricia Kalisch

Was das bedeutet, erläutert Professor Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität Berlin, in seiner Festrede: „Vielfalt steht für Freiraum für die persönliche Entwicklung.“ Das Stipendienprogramm gebe der Vielfalt eine Basis, es sei ein großartiges Beispiel für eine öffentlich-private Partnerschaft. „Die Stifterinnen und Stifter bewegen hier wirklich etwas. Dafür sind wir sehr dankbar.“ 

Nicht nur finanzielle, auch ideelle Förderung 

Als Besonderheit an der Freien Universität beinhaltet das Deutschlandstipendium nicht nur eine monatliche Zuwendung von 300 Euro, die halb vom Staat, halb vom Stifter getragen wird, sondern auch eine ideelle Förderung. Neben Workshops und einem weiten Netzwerk zählt dazu ein Mentoring-Programm, in dem jeweils eine Mentorin oder ein Mentor ein „Mentee“ über den jeweiligen Förderzeitraum unterstützt.

Karin Lange von der PR-Agentur „Management & Redaktion“ aus Berlin beschreibt sich als Mentorin mit Leidenschaft. Ihr Engagement begründet sie so: „Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man viele Fragen hat, manchmal nicht weiß, welcher Weg der richtige ist oder was man mit seinem Studienfach später machen soll.“ Einseitig ist das Lernverhältnis für sie dabei nicht. „Es ist sehr wertvoll und auch für mich ein Geschenk. Die Mentees haben sehr viele Fähigkeiten, sodass auch ich viel von ihnen lerne.“

Ausgewählt werden die Stipendiatinnen und Stipendiaten nicht nur nach ihrer Leistung in Schule oder Studium. „Auch biografische Hürden genommen zu haben, kann eine Leistung sein“, erklärte der Universitätspräsident. „So können große Leistungen noch mehr strahlen.“ Wer seinen Studienwunsch mit Kind oder einer chronischen Krankheit umsetzt, wer sich außerordentlich sozial engagiert oder einen Migrationshintergrund hat, hat eine Chance, gefördert zu werden. Die ausgelobte Vielfalt spiegelt sich auch in den Zahlen wider: So haben beispielsweise 42 Prozent der Geförderten einen Migrationshintergrund, 40 Prozent sind die Ersten in ihrer Familie, die studieren.

Von Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen lernen

Warum Diversität so wichtig ist, erklärt Bianca Städter von der Rechtsanwaltskanzlei Allen & Overy aus Frankfurt am Main, die schon seit vielen Jahren Stipendien finanziert: „Es ist sehr förderlich, wenn man mit einer anderen Perspektive konfrontiert wird. Es ist sogar wissenschaftlich erwiesen, dass eine heterogene Gruppe bessere Entscheidungen trifft.“ Sie wolle als Stifterin zu Chancengleichheit beitragen: „Um es sozial benachteiligten Studenten zu erleichtern, einen guten Abschluss zu erreichen, muss die Förderung frühzeitig einsetzen.“ Den Studierenden riet sie, offen zu bleiben und sich nicht zu früh festzulegen. Vielfalt führe letztendlich zu größerem Erfolg. 

Der Stipendiat Julian Raeder absolviert derzeit ein Auslandssemester an der University of Westminster in London. Der 20-jährige Berliner ist der Erste in seiner Familie, der studiert. Für ihn bedeutet Vielfalt: „Nicht in unserer Blase zu bleiben, sondern von Menschen aus verschiedenen Ländern und Hintergründen zu lernen.“

Ehrenamtliches Engagement

So wie es Habib Bader getan hat. Der Student war einer von zwei Stipendiaten, die von Hauke Heekeren, Vizepräsident der Freien Universität, während der Veranstaltung zu ihrem besonderen Engagement befragt wurden. Habib Bader, dessen Familie vor seiner Geburt nach Berlin geflüchtet ist, konnte mithilfe seiner Muttersprache Arabisch andere Menschen mit Fluchterfahrung unterstützen: Als Dolmetscher hat er ehrenamtlich geholfen, etwa bei Behördengängen und im Schulkontext. Dank der Förderung mit einem Deutschlandstipendium kann er sich auf sein Pharmaziestudium an der Freien Universität konzentrieren. Während eines geplanten Auslandssemesters will er sich mit Krebsforschung beschäftigen.

Engagement ist auch an der eigenen Universität möglich: France-Audrey Magro wird seit Beginn ihres Meteorologiestudiums gefördert und ist an der Freien Universität in zahlreichen hochschulpolitischen Gremien und im Rahmen des Mentoring-Programms in der Erstsemesterbetreuung aktiv. Für sie bedeute Vielfalt, dass die vielen verschiedenen Fachrichtungen der kleinen Fakultäten gefördert werden. Das Stipendium ermögliche ihr nicht nur, sich zusätzlich zu engagieren, sondern auch ein Studiensemester in Australien verbringen zu können.

Weitere Informationen

Das Deutschlandstipendium fördert Studierende vom ersten Semester an, deren Werdegang herausragende Leistungen in Studium und Beruf erwarten lässt. Neben besonderen Erfolgen an Schule und/oder Universität werden auch die Bereitschaft, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen oder das erfolgreiche Meistern von Hindernissen im eigenen Lebens- und Bildungsweg berücksichtigt. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten erhalten eine Förderung von monatlich 300 Euro. 150 Euro davon übernehmen private Förderer wie Unternehmen, Stiftungen, Alumni und andere Privatpersonen. Die anderen 150 Euro übernimmt der Bund.

Deutschlandstipendiatinnen und -stipendiaten haben die Möglichkeit, zu Sonderkonditionen in das Kapitel Deutschlandstipendium der Ernst-Reuter-Gesellschaft einzutreten. Die Mitgliedschaft ist bis drei Jahre nach ihrem Studienabschluss kostenfrei.

Weitere Informationen zum Deutschlandstipendium an der Freien Universität unter www.fu-berlin.de/deutschlandstipendium  oder per E-Mail: deutschlandstipendium@fu-berlin.de