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Für Hund und Katz ist immer Platz

24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche: In der Kleintierklinik der Freien Universität sind Veterinärmedizinerinnen und -mediziner, Tierpflegekräfte und Studierende für kranke Haustiere im Einsatz

21.07.2021

In der Kleintierklinik der Freien Universität stehen die medizinischen Probleme großer und kleiner Tierpatienten im Fokus.

In der Kleintierklinik der Freien Universität stehen die medizinischen Probleme großer und kleiner Tierpatienten im Fokus.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Ein Welpe, der eine Batterie verschluckt hat oder ein Turmfalkenküken, das aus dem Nest gefallen ist: Ihnen wird in der Kleintierklink der Freien Universität ebenso geholfen wie dem Hund, der an Epilepsie leidet oder der Katze mit Diabetes. Im Drei-Schicht-System sind die Veterinärmedizinerinnen und -mediziner auf dem Klinikgelände in Düppel im Einsatz.

Montag, 8 Uhr, in Düppel. Fabienne Walz hat die ganze Nacht in der Tierklinik verbracht – jetzt steht die Tierärztin vor einer Leinwand im hölzern vertäfelten Hörsaal und zeigt die Ultraschallbilder eines Hundebauchs. Diagnose: Pankreatitis – Bauchspeicheldrüsenentzündung. Fabienne Walz informiert ihre Kolleginnen und Kollegen, die in weißen Kitteln, mit ausreichendem Abstand und Masken in den Sitzreihen des Hörsaals Platz genommen haben, über die Vorkommnisse der Nachtschicht.

Für Fabienne Walz endet der Dienst nach der danach folgenden Visite – für die anderen Tierärztinnen und -ärzte und die ebenfalls anwesenden Studierenden fängt er mit der Schichtübergabe im Hörsaal an.

Schichtübergabe im Hörsaal: Fabienne Walz (vorne rechts) berichtet von den Vorkommnissen der Nachtschicht.

Schichtübergabe im Hörsaal: Fabienne Walz (vorne rechts) berichtet von den Vorkommnissen der Nachtschicht.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Dem an Bauchspeicheldrüsenentzündung erkrankten Hund geht es nicht gut, er leidet auch an Krebs. Die Fachleute besprechen das weitere Vorgehen: die Lymphknoten müssen punktiert werden, eine Chemotherapie ist angedacht. „Wer informiert die Besitzer?“, fragt Professorin Barbara Kohn in die Runde.

Die stellvertretende geschäftsführende Direktorin der Klinik und Leiterin der Abteilung Innere Medizin sitzt in der ersten Reihe im Hörsaal und koordiniert die sich anschließende Dienstschicht: Wer übernimmt welchen Fall? Wer hat heute Notdienst? Auch die Studierenden werden einbezogen: als Begleitung einer Ärztin oder eines Arztes.

Professorin Barbara Kohn (vorne rechts) lässt sich bei der Visite die tierischen Patienten vorstellen.

Professorin Barbara Kohn (vorne rechts) lässt sich bei der Visite die tierischen Patienten vorstellen.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Jede Station hat einen eigenen Behandlungsraum

Als alle Fragen geklärt und die Fälle vorgestellt sind, geht’s zur Visite. Erste Station ist die Katzenstall-Intensivstation. In den fünf Käfigen, die über zwei Etagen angeordnet sind, sitzen und liegen Katzen. Über Zugänge in ihren Pfoten erhalten sie Infusionen.

Eine Tierpflegerin und ein Tierpfleger tauschen die in den Käfigen ausgelegten Einmalunterlagen aus und reden den Katzen beruhigend zu. Eine Patientin ist eine neun Jahre alte norwegische Waldkatze, deren Zustand zuvor schon im Hörsaal besprochen wurde – sie ist an Diabetes erkrankt, taumelt und ist schwach. „Wir sollten ihr 14 Tage lang ein Messgerät zur kontinuierlichen Blutzuckermessung einsetzen“, rät Barbara Kohn.

Jede Station hat einen eigenen Behandlungsraum.

Jede Station hat einen eigenen Behandlungsraum.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Das aus dem Nest gefallene Turmfalkenküken wurde vor einigen Tagen in der Klinik abgegeben.

Das aus dem Nest gefallene Turmfalkenküken wurde vor einigen Tagen in der Klinik abgegeben.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Herzblut-Veterinärmedizinerin

Seit 1996 lehrt und forscht die gebürtige Süddeutsche an der Freien Universität – und ist mit Herzblut Veterinärmedizinerin, wie sie sagt. In der Tierklinik kämpfe man allerdings mit ähnlichen Problemen wie in der Humanmedizin – etwa dem Pflegekräfte- und Ärztemangel. „Wir sind im Prinzip ein Abbild einer humanmedizinischen Klinik“, sagt Kohn.

Auch die Organisation des 24-Stunden-Betriebs ist ähnlich: Mitarbeitende der Bereiche Chirurgie, Innere Medizin und Anästhesie, OP-Pflegekräfte, Tiermedizinische Fachangestellte und Tierpflegekräfte sichern die Versorgung kranker Tiere selbst an Sonn- und Feiertagen.

 

„Veterinärmedizinerin mit Herzblut": Professorin Barbara Kohn.

„Veterinärmedizinerin mit Herzblut": Professorin Barbara Kohn.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

„Auch in der Tiermedizin fehlt es an Spenderblut“

Ein paar Türen weiter, die klinikeigene Blutbank. Hier wird in einer großen Zentrifuge gespendetes Hundeblut im Notfall aufbereitet und in Blutplasma und feste Blutbestandteile, sogenannte Erythrozyten, aufgetrennt. Auch hier gebe es Parallelen zur Humanmedizin, die seit Jahren gegen die sinkende Blutspendebereitschaft in der Bevölkerung ankämpft, erklärt Barbara Kohn: „Auch in der Tiermedizin fehlt es an Spenderblut. Das liegt vor allem daran, dass bei Hunden fast jeder dritte potenzielle tierische Spender ein importiertes Tier mit unklarer Vorgeschichte ist und so nicht eingesetzt werden kann.“

Bluttransfusionen können – wie beim Menschen – auch für Tiere lebensrettend sein. „Viele Halter wissen nicht, dass wir darauf angewiesen sind, dass sie uns ihre Hunde und Katzen – sofern sie sich dafür eignen – für die Blutspende zur Verfügung stellen“, sagt Barbara Kohn.

In der Terminsprechstunde der Tierklinik warten indes schon die nächsten vierbeinigen Patienten auf Barbara Kohn: ein Hund mit Bluthochdruck, ein anderer mit Lungenentzündung. Und dann ist da noch der Importhund, der an einer „Mittelmeerkrankheit“ leidet, einem Herzwurmbefall. Noch bis 16 Uhr 30 werden die Ärztinnen und Ärzte im Einsatz sein, dann steht der nächste Schichtwechsel an.