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Verantwortungsbewusst, engagiert, ideenreich: das Jahr 2021 an der Freien Universität

Corona und die damit verbundenen Schutzmaßnahmen haben auch in diesem Jahr den Takt vorgegeben: Schrittweise konnte die Freie Universität im Wintersemester zu mehr Präsenzbetrieb zurückkehren

17.12.2021

Zuversicht und Hoffnung: Unter dem Motto #yeswecampus fand Anfang Oktober die Aktionswoche zur Rückkehr auf den Campus und zum Start ins Wintersemester statt.

Zuversicht und Hoffnung: Unter dem Motto #yeswecampus fand Anfang Oktober die Aktionswoche zur Rückkehr auf den Campus und zum Start ins Wintersemester statt.
Bildquelle: Björn Kral

„Kein Jahr wie jedes andere“ – wer hätte gedacht, dass die Überschrift für den campus.leben-Rückblick 2020 auch ein Jahr später noch passen würde? Die seit nun fast zwei Jahren anhaltende Corona-Pandemie und die erforderlichen Schutzmaßnahmen haben gerade im Bildungsbereich für noch nicht absehbare Folgen gesorgt: für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene.

Was macht die Pandemie mit Studierenden? Wie geht es ihnen, wenn das WG-Zimmer nicht mehr nur Wohnraum ist, sondern Vorlesungssaal, Seminar, Mensa und Bibliothek? Wenn Lernen und Lehren, der Austausch mit Dozierenden, der persönliche Kontakt mit Kommilitoninnen und Kommilitonen nur über Videokacheln möglich ist?

Das wollte im Frühjahr eine Gruppe von Studierenden am Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität von ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen wissen. In der Umfrage erfuhren sie von Motivationsschwierigkeiten, Einsamkeit und finanziellen Sorgen – Themen, über die im Februar auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Studentinnen und Studenten diskutierte – Studierende der Freien Universität waren dabei.

Gemeinsam verantwortlich handeln

„Gemeinsam verantwortlich handeln“ war und ist die Devise der Freien Universität: Im Juni öffnete eine Impfstelle auf dem Campus. Bis Ende August wurden dort rund 8500 Dosen der Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna an Beschäftigte und Studierende verimpft. In den vergangenen Wochen gab es erneute Impfaktionen für Studierende und Beschäftigte der Freien Universität; insgesamt werden bis kurz vor Weihnachten in der Impfstelle 1500 Erst-, Zweit- und Boosterimpfungen verabreicht werden.

Eine hohe Impfquote war die Voraussetzung dafür, dass Studierende und Lehrende im Oktober, zum Wintersemester 2021/2022, auf den realen Campus zurückkehren konnten: Die Aktionswoche #yeswecampus war ein Lichtblick – und ein willkommener Treffpunkt für viele: Vier Tage lang begrüßte die Freie Universität auf dem Vorplatz der Holzlaube Studienanfängerinnen und -anfänger, aber auch Studierende, die ihre Uni pandemiebedingt noch nicht kennenlernen konnten oder seit drei Semestern nicht mehr auf dem Campus gewesen waren.

Mit der Maßgabe 3G + Maske konnten viele Lehrveranstaltungen in Präsenz stattfinden. Zur besseren Nachverfolgung von Infektionen wurde die von Informatikprofessor Lutz Prechelt entwickelte Web-App a.nwesen.de eingesetzt.

Weil nicht alle Veranstaltungen wieder in Präsenz stattfinden konnten, wurden Lehrende bei der Planung und Durchführung von hybriden Veranstaltungen unterstützt: Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter von Zedat und UB/Dienste für Lehre und Studium hatten Streaming- und Aufzeichnungsangebote für Hörsäle entwickelt. Auch das Angebot an Videokonferenzräumen für Lehre, Forschung und Verwaltung ist ausgebaut worden.

Was die Freie Universität außerdem bewegte

Die Freie Universität hat Franziska Giffey, ehemalige Bundesfamilienministerin und designierte Regierende Bürgermeisterin von Berlin, den Doktorgrad entzogen; die im Oktober 2019 erhängte Rüge wurde aufgehoben. Das Präsidium der Freien Universität folgte damit der Empfehlung des zweiten Prüfgremiums, das gemäß § 34 des Berliner Hochschulgesetzes eingesetzt worden war.

Bei einer öffentlichen Informationsveranstaltung im Februar stellte die Freie Universität gemeinsam mit der Max-Planck-Gesellschaft und dem Landesdenkmalamt Berlin die Ergebnisse von Untersuchungen an menschlichen Skelettteilen und Knochenfragmenten vor, die 2014 bei Bauarbeiten auf dem Campus Dahlem im Umkreis des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik aufgefunden wurden.

Der 2020 begonnene Strategieprozess „Studium und Lehre 2030“ wurde fortgeführt: Auf zwei digitalen Wrap-up-Veranstaltungen, eine im Sommer und eine im Herbst, diskutierten 17 Arbeitsgruppen aus allen Statusgruppen, Fächern und Bereichen über Ziele und Maßnahmen für eine Lehr- und Lernstrategie. Am 14. Juli beschloss der Akademische Senat der Freien Universität das Leitbild Studium und Lehre. Damit soll der Strategieprozess allerdings nicht abgeschlossen sein, denn gutes Lernen und Lehren ist im dauernden Wandel begriffen. So wurden Ende November im Rahmen der Themenwoche „Das Leitbild leben. Gute Lehre (post-)pandemisch gestalten“ in partizipativ gestalteten Veranstaltungen Ideen für die praktische Umsetzung des Leitbilds entwickelt.

Gute wissenschaftliche Praxis (GWP) ist ein Thema, das alle Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen betrifft. Um die GWP-Prinzipien noch stärker im Universitätsalltag zu verankern, wurde an der Freien Universität ein zentrales Ombudswesen eingerichtet: Physikprofessor Joachim Heberle ist Zentrale Ombudsperson, an den Fachbereichen gibt es dezentrale Ansprechpersonen.

Ein vom Präsidium der Freien Universität beschlossenes Diversity-Konzept dokumentiert die Strategie und legt Ziele und Maßnahmen zum Thema Diversity fest. Zudem beteiligt sich die Universität am Diversity-Audit „Vielfalt gestalten“ des Stifterverbandes.

Campus-Perspektiven

Voller Einsatz zum Wohl der Tiere: In der Kleintierklinik der Freien Universität kümmern sich Veterinärmedizinerinnen und -mediziner 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, um kranke Haustiere. Studierende der Veterinärmedizin üben online und an Modellen die Notfallversorgung von Tieren – ganz im Sinne des 3R-Prinzips für den Tierschutz, bei dem es darum geht, Tierversuche zu vermeiden („replace“), zu verringern („reduce“) und zu verbessern („refine“).

Die Meeresbiologin Antje Boetius hielt die 20. Einstein Lecture der Freien Universität. Sie sprach zum Thema: „Von Mensch und Meer – Was uns mit den Ozeanen und Polarregionen verbindet“.

Seit dem Sommersemester 2021 bietet die Berlin University Alliance – der Verbund aus Freier Universität, Humboldt-Universität, Technischer Universität und Charité – Universitätsmedizin Berlin – einrichtungsübergreifende Lehrveranstaltungen an: Gefördert werden von Studierenden initiierte Tutorien und Forschungsteams, die aus Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern sowie Studierenden bestehen.

Die Jurastudentinnen Samantha Hiltmann und Pia Johnson engagieren sich bei „Law and Legal“, einem Verein, der kostenlosen Rechtsbeistand bietet.

Seit April verfügt der Hochschulsport über ein Schulungsboot mit Elektroantrieb. Dafür wurde die Zentraleinrichtung mit dem Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet.

Jahrestage, Jubiläen, Gedenken

Anlässlich ihres 150-jährigen Bestehens veranstaltete die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) gemeinsam mit den Fachbereichen Geowissenschaften und Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität eine Vortragsreihe unter dem Motto „Wissenschaft mit Wirkung“. Anna Gorbushina, Professorin für Geomikrobiologie an der Freien Universität und Vizepräsidentin der BAM, hat die Reihe initiiert.

Das zehnjährige Jubiläum des Deutschlandstipendiums feierten Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie Stifterinnen und Stifter bei einer digitalen Konferenz und einer Campus-Tour, die durch die Vergangenheit und Gegenwart der Freien Universität führte.

Am 13. August jährte sich der Bau der Berliner Mauer zum 60. Mal. Mit einem Ausstellungsprojekt erinnern Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studierende der Freien Universität an die Zeit.

Vor 200 Jahren wurde der Schriftsteller Gustav Flaubert geboren. Die Provinz war eines seiner wichtigen Themen – auch die zeitgenössische französische Literatur greift es auf. Dazu wird an der Freien Universität in der Romanistik und der Politikwissenschaft geforscht.

Auszeichnungen

Die Freie Universität zählt weiterhin zu den sechs forschungsstärksten Universitäten in Deutschland. Im Oktober wurde sie durch den TOTAL E-QUALITY-Award für Chancengleichheit mit dem Zusatzprädikat für Diversity ausgezeichnet. Im Dezember erhielt die Freie Universität Berlin außerdem das europäische EMAS-Gütesiegel, das als das weltweit anspruchsvollste Zertifikat betrieblichen Umweltmanagements gilt.

Jan Eder (re.), Hauptgeschäftsführer der IHK, überreichte die EMAS-Registrierungsurkunde an Universitätspräsidenten Prof. Dr. Günter M. Ziegler.

Jan Eder (re.), Hauptgeschäftsführer der IHK, überreichte die EMAS-Registrierungsurkunde an Universitätspräsidenten Prof. Dr. Günter M. Ziegler.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Ernst-Reuter-Tag und Alumni-Treffen rund um den Globus

Im Dezember begeht die Freie Universität alljährlich ihren Gründungstag, den Ernst-Reuter-Tag. Zum diesjährigen 73. Geburtstag hielt der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar am 3. Dezember einen Festvortrag – und wagte aus Sicht eines Großvaters einen Blick in die Zukunft der Enkelgeneration.

Rund um den Ernst-Reuter-Tag kamen Ehemalige der Freien Universität in verschiedenen Städten weltweit im Rahmen von „Worldwide Alumni Celebrations (WACs)“ zusammen. Das Projekt wurde vom Deutschen Akademischen Austauschdienst unterstützt. Teil der Veranstaltungen war jeweils eine Diskussion zum Thema „Post:Corona | Transformation in Higher Education“.

Von Membranhülle über Geschlechterrollen: Forschung zum Coronavirus

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Institut für Chemie und Biochemie gelang die Herstellung von Materialien, die die Membranhülle von Partikeln des Coronavirus zerstören.

Wie entstehen Lungenschäden bei einer COVID-19-Erkrankung? Mit dieser Frage haben sich Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin, des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin und der Freien Universität beschäftigt. Verantwortlich für Schäden, die eine Beatmung notwendig machen, sind den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zufolge entzündliche Prozesse und das Endothel der Lunge – eine Zellschicht –, das stark auf das Virus reagiert.

Welche psychischen Folgen für die Berliner Bevölkerung die pandemiebedingten Einschränkungen haben, untersuchte ein Team der Berlin University Alliance aus Forscherinnen und Forschern der Max-Planck-Gesellschaft, der Freien Universität, der Humboldt-Universität, der Technischen Universität und der Charité im Rahmen des Projekts CovSocial.

Die pandemiebedingten Schließungen von Schulen und Kindertagesstätten haben dazu geführt, dass einige Menschen eine andere Einstellung zu Geschlechterrollen haben: So zeigten Väter in Westdeutschland ein traditionelleres Rollenverständnis als vor der Pandemie. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und der Freien Universität.

Aus der Forschung (Auswahl)

Die im Jahr zuvor gestartete Sonde „Perseverance“ landete am 18. Februar lauf dem Mars. Wie es dort aussieht, können Interessierte auf einer interaktiven Landkarte nachvollziehen, die von Forschenden der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität entwickelt wurde. Die Karte zeigt den Landeplatz der Sonde, einen ehemaligen Kratersee namens Jezero und das dazugehörige Flussdelta.

Im Rahmen eines vierjährigen Projekts befassen sich Forschende der Freien Universität, des Georg-Eckert-Instituts und der Evangelischen Akademien in Deutschland mit historischen und gegenwärtigen religiös-christlichen Elementen des Antisemitismus.

Ein internationales Wissenschaftsteam mit Beteiligung von Archäologinnen und Archäologen der Freien Universität hat die Funde aus einem 9000 Jahre alten Grab ausgewertet und rekonstruiert; bei Grabungen im Süden des heutigen Jordaniens war 2018 das reich ausgestattete Grab eines Kindes entdeckt worden.

Mithilfe von Computersimulationen konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität Wien und der Freien Universität Berlin zeigen, wie man Quantenfelder verwenden könnte, um Tieftemperatur-Rekorde zu brechen.

Eine wichtige Strömung im Atlantik, zu der auch der Golfstrom gehört, hat einer Studie des Physikers Niklas Boers zufolge im Laufe des vergangenen Jahrhunderts möglicherweise an Stabilität verloren. Die Atlantische Umwälzströmung transportiert warme und kalte Wassermassen und beeinflusst Wettersysteme weltweit. Ein möglicher Zusammenbruch des Meeresströmungssystems könnte schwerwiegende Folgen haben.

Ausgründungen und Wettbewerbe

Die Freie Universität Berlin hat 2021 ihr 100. und 101. EXIST-Gründerstipendium eingeworben; sie ist damit die erfolgreichste nichttechnische Universität in diesem Förderprogramm. Die beiden Stipendien erhielten die Gründungsprojekte „recoupling“ und „aureka“. Die App von „recoupling“ hilft Paaren dabei, ihre Beziehungsprobleme digital zu lösen. Das Start-up „aureka.ai“ wertet Sprachaufzeichnungen mithilfe Künstlicher Intelligenz aus und ermöglicht somit eine schnellere Suche in Audio- und Videoarchiven.

Maria Enge und Benjamin Pardowitz entwickelten unter dem Namen „RooWalk“ eine elektrische Mobilitätshilfe für Kinder mit schweren körperlichen Einschränkungen. Die Psychologin Janina Krassa und ihr Team arbeiten an „YouCan!“, einer therapiebegleitenden App für krebskranke Jugendliche.

Das Start-up Carbon „Instead“ hat bei dem Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg einen der beiden ersten Plätze belegt. Das Unternehmen entwickelt sogenannte Pyrokohle, ein Baumaterial, das Zement ersetzen und damit den CO2-„Fußabdruck“ von Gebäuden erheblich reduzieren könnte.

Einen digitalen Gesundheitshelfer haben Samantha Latthof und Philip Meier entwickelt: die App „Maila Health“, mit der Schwangere ihr persönliches Risiko für bestimmte Komplikationen berechnen können. Auf Grundlage von Daten, etwa auf Basis ihrer Blutdruckmesswerte, erhalten die Schwangeren personalisierte Informationen über potenzielle Komplikationen wie zum Beispiel Bluthochdruck.

Mit der Podcast-Serie „Abenteuer Ausgründung“ feierte Profund Innovation im Mai und Juni das 15-jährige Bestehen. Die Service-Einrichtung der Abteilung Forschung der Freien Universität unterstützt Forscherinnen und Forscher, Studierende sowie Alumni dabei, Anwendungsideen zu entwickeln, selbst ein Unternehmen zu gründen oder wissenschaftliche Ergebnisse gemeinsam mit anderen Unternehmen zu verwerten.


Das Jahresende ist immer auch ein Anlass des Innehaltens und Gedenkens. In der Rubrik „Wir trauern“ erinnern wir an mit der Freien Universität Berlin verbundene Menschen, die in den vergangenen zwölf Monaten verstorben sind.

Die campus.leben-Redaktion wünscht Ihnen fröhliche und erholsame Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr. Wir freuen uns auf ein gesundes Wiedersehen!