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Aktionstage „Gemeinsam gegen sexualisierte Gewalt“

Mehr Verantwortung im eigenen Umfeld übernehmen – das ist ein besonderes Anliegen der diesjährigen Veranstaltungen vom 22. bis 25. November

18.11.2022

Die Aktionstage stehen im Zeichen der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen.

Die Aktionstage stehen im Zeichen der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen.
Bildquelle: CeDiS, Freie Universität Berlin

Zum internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November organisieren an der Freien Universität Berlin das Team Zentrale Frauenbeauftragte https://www.fu-berlin.de/sites/frauenbeauftragte/index.html und das Margherita-von-Brentano-Zentrum auch in diesem Jahr Aktionstage. Unter dem Motto „Nein heißt Nein – gemeinsam gegen sexualisierte Gewalt“ wird zur Auseinandersetzung mit dem Thema eingeladen. campus.leben sprach mit Dr. Heike Pantelmann, Geschäftsführerin des Margherita-von-Brentano-Zentrums, und Wendy Stollberg, Geschäftsführerin der AG gegen Sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt an der Freien Universität, über das Programm.

Frau Pantelmann, Frau Stollberg, die Freie Universität beteiligt sich seit 2019 an dem Gedenk- und Aktionstag, der durch eine Resolution der Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurde. Wo liegt in diesem Jahr der Fokus?

Wendy Stollberg: Diesmal sollen nicht nur Betroffene und Täter*innen, sondern auch das soziale Umfeld im Blickpunkt stehen. Welche Rolle kommt Studien- oder Arbeitskolleg*innen und Führungskräften zu? Ein Umfeld, das Belästigungen und Übergriffe ignoriert und verharmlost, begünstigt Gewalt. Es ist leicht zu denken: Ich bin weder Täter*in noch betroffen – also habe ich nichts damit zu tun.

Heike Pantelmann: Ein couragiertes Umfeld, das Grenzüberschreitungen erkennt und missbilligt, trägt dazu bei, sexualisierte Belästigung und Gewalt zu verhindern. Das Programm der diesjährigen Aktionstage regt dazu an, über Handlungsmöglichkeiten Dritter, über Verantwortung und Sozialisation nachzudenken und ins Gespräch zu kommen. Prävention von sexualisierter Belästigung und Gewalt ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Sie betrifft alle an der Universität, bis zur Leitungsebene.

Welches Programm ist vom 22. bis 25. November geplant?

Wendy Stollberg: Ein Herzstück der Aktionstage ist die Podiumsdiskussion „Gemeinsam gegen sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt an Hochschulen“ am Mittwoch, den 23. November. Darauf folgt die Veranstaltung „Von Peer zu Peer: Austausch zu sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt im Hochschulkontext“.

Porträtfoto von Dr. Heike Pantelmann

Dr. Heike Pantelmann ist Geschäftsführerin des Margherita-von-Brentano-Zentrums der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Heike Pantelmann: Zum Auftakt am Dienstag, den 22. November findet ein Workshop zu (Cyber)Stalking statt, der sich an Personen in beratender Tätigkeit richtet. Den Zusammenhang zwischen Sozialisation und Gewaltbereitschaft thematisiert ein weiterer Workshop am eigentlichen Aktionstag, am 25. November, der sich an alle Interessierten richtet. Ein digitaler Wunschbaum ermöglicht Mitgliedern der Freien Universität, ihre Anliegen und Gefühle gegen sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt anonym zu äußern.

Ein Eintrag dort erhält die Zeile „Ich fühle mich nicht genug geschützt“. Wie ist die Lage bezüglich sexualisierter Gewalt an der Freien Universität?

Heike Pantelmann: An der Freien Universität werden bisher keine Zahlen erhoben, wie viele Studierende und Mitarbeitende sich beschweren oder Hilfe suchen. Es gibt allerdings die UniSAFE Studie, die zu Beginn des Jahres an 46 Hochschulen und Forschungseinrichtungen in 15 Ländern Befragungen durchgeführt hat. Von den befragten Personen haben fast zwei Drittel an ihrer Einrichtung geschlechtsbezogene Gewalt erlebt. In der Studie wurde mit einer umfassenden Definition des Begriffs gearbeitet, und es wurde nicht nur nach körperlichen und sexuellen Formen der Gewalt gefragt, sondern auch nach psychologischen, wirtschaftlichen und digitalen. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass die Situation an der Freien Universität völlig anders ist.

Porträtfoto von Wendy Stollberg

Wendy Stollberg ist Geschäftsführerin der AG gegen Sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt an der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: privat

Wendy Stollberg: Auch interessant: In der UniSAFE Studie erklärt fast die Hälfte der Betroffenen, dass sie sich unsicher waren, ob das von ihnen als belastend erlebte Verhalten schwerwiegend genug sei, um es zu melden. Es herrscht Verunsicherung, gerade an einem Ort wie der Universität mit starken Hierarchien und Abhängigkeiten. Wir wollen zeigen, dass Belästigung und Gewalt ein Thema sind. Wir wollen alle ermutigen, offen zu sagen: Was passt mir nicht? Was brauche ich, um mich an der Universität wohl zu fühlen?

Welche Angebote gibt es an der Freien Universität, um sich Rat und Hilfe zu holen?

Wendy Stollberg: Während unserer Aktionstage kann man gut ins Gespräch kommen, aber natürlich gibt es das ganze Jahr über Anlaufstellen: Über die Webseite NEIN heißt NEIN finden sich eine Sammlung von universitätsinternen sowie externen Beratungsstellen. Dort kann man sich teils auch in anderen Sprachen beraten lassen.

Heike Pantelmann:Diese Angebote sollen bekannter werden. Manche haben immer noch Hemmungen, Unterstützung zu suchen.Mehr awareness für das Thema, also Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit – das wollen wir mit den Aktionstagen erreichen. Wer sich darüber Gedanken macht, egal, in welcher Rolle, soll wissen: Ihr seid nicht allein. Sexualisierte Belästigung und Gewalt zu vermeiden, geht alle an.

Die Fragen stellte Annette Leyssner

Weitere Informationen

Programm der Aktionstage „Gemeinsam gegen sexualisierte Gewalt“

Veranstaltungen

  • Workshop: (Cyber)Stalking entgegentreten (am Dienstag, 22.11., von 10 bis 13 Uhr, richtet sich an Ansprechpersonen - zum Beispiel in Beratungsstellen, in Studien- und Prüfungsbüros, in gewählten Ämtern und in Leitungsfunktionen)

Mehrtägige Installationen

Hintergrund

Im Jahr 1999 bestimmte eine UN-Resolution den 25. November zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Die offizielle Einführung des Aktionstages geht zurück auf die Folter und Ermordung der drei Schwestern Mirabal im Jahr 1960 durch den militärischen Geheimdienst der Dominikanischen Republik. Lateinamerikanische und karibische Frauenrechtlerinnen griffen dies 1981 auf, um einen Tag gegen geschlechtsspezifische Gewalt zu etablieren. Seitdem organisieren Frauen- und Menschenrechtsorganisation weltweit jährlich Aktionen gegen Gewalt an Frauen.