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Gemeinsam für die Freie Universität

Dialogorientiert und kollegial: Im campus.leben-Interview erläutern der Universitätspräsident sowie die Vizepräsidentinnen und -präsidenten, welche Schwerpunkte sie in ihrer Amtszeit legen wollen

19.12.2022

Nach der ersten Präsidiumssitzung: (v.r.n.l.) Verena Blechinger-Talcott, Petra Knaus, Universitätspräsident Günter M. Ziegler, Sven Chojnacki und Georg Bertram.

Nach der ersten Präsidiumssitzung: (v.r.n.l.) Verena Blechinger-Talcott, Petra Knaus, Universitätspräsident Günter M. Ziegler, Sven Chojnacki und Georg Bertram.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Seit dem Spätsommer ist das neue Präsidium der Freien Universität Berlin im Amt. Welche Pläne haben der Präsident, die Vizepräsidentinnen und -präsidenten, welche Schwerpunkte setzen sie? campus.leben hat nachgefragt.

Herr Professor Ziegler, was ist Ihnen für die Amtszeit besonders wichtig – welches sind die wichtigsten Vorhaben für Ihren Bereich?

Mathematik-Professor Günter M. Ziegler ist in zweiter Amtszeit Präsident der Freien Universität Berlin.

Mathematik-Professor Günter M. Ziegler ist in zweiter Amtszeit Präsident der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: David Ausserhofer

Günter M. Ziegler: Eine zentrale Aufgabe ist die Positionierung der Freien Universität lokal, national und international. In Berlin bezieht sich das auf die Weiterentwicklung der BUA und die Rolle der Freien Universität darin, gleichzeitig geht es um die großen Themen Energie, Haushalt und Autonomie, gegenüber der Senatsverwaltung und der Politik insgesamt. 

National steht der Exzellenzwettbewerb mit den Clusterprojekten auf der Tagesordnung, aber auch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz und die Rahmenbedingungen für die Wissenschaft in Deutschland überhaupt; international geht es um die Entwicklung und Zusammenarbeit in Europa, für uns besonders im Rahmen von Una Europa.

Aber Sie hatten ja nach „besonders wichtig” gefragt, und das ist nicht immer dasselbe wie „besonders dringend”. Besonders wichtig ist mir, dass wir unter den Belastungen und Herausforderungen gemeinsam unterwegs sind. Dafür tritt das neue Präsidium dialogorientiert und kollegial an. Das heißt, dass die Vizepräsidentinnen und -präsidenten, Andrea Güttner als Kanzlerin in Vertretung und ich ansprechbar sind, dass wir einzeln und gemeinsam sehr viele Gespräche führen, auch in neuen Formaten, und wir von den Gesprächen in gemeinsames Handeln gehen.

Welches der genannten Themen werden Sie zuerst angehen?

Günter M. Ziegler: Bei den „dringenden” Themen bin ich, und sind wir, ja schon mittendrin. Was den Dialog angeht, werden Einladungen und Gesprächsangebote kommen, zusätzlich zu Gremienterminen und auch Veranstaltungen.

Mit dem Ernst-Reuter-Tag, dem Gründungstag der Freien Universität Berlin, den wir in diesem Jahr am 2. Dezember gefeiert haben, gehen wir in das Jubiläumsjahr 2023: 75 Jahre Freie Universität, das wollen wir als Gemeinschaft feiern. Wir nehmen es auch zum Anlass, an unserem gemeinsamen Bild von der Freien Universität zu arbeiten, zu zeigen, was sie tut, will und kann.

Zum Stichwort „Themen zuerst angehen“: Das zeigt sich auch in zwei Funktionen, die nun im Präsidium angesiedelt sind: Für den wichtigen Bereich Digitalisierung wurde Jochen Schiller, Informatikprofessor und ehemaliger Vizepräsident, zum „Chief Information Officer“ (CIO) ernannt; die Kommunikation koordiniert Karin Bauer-Leppin, die Leiterin der Stabsstelle Kommunikation und Marketing, als „Chief Communication Officer“ (CCO). Auch wenn die amerikanischen Titel Geschmackssache sind – damit bündeln wir die Themen Digitalisierung und Kommunikation, geben ihnen Gesicht und Gewicht.

Frau Professorin Blechinger-Talcott, was ist Ihnen für die Amtszeit besonders wichtig – welches sind die wichtigsten Vorhaben für Ihren Bereich?

Die Japanologie-Professorin Verena Blechinger-Talcott ist Erste Vizepräsidentin der Freien Universität Berlin.

Die Japanologie-Professorin Verena Blechinger-Talcott ist Erste Vizepräsidentin der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Verena Blechinger-Talcott: Als Erste Vizepräsidentin bin ich zuständig für die Themen Internationales, Gleichstellung, Diversity, Nachhaltigkeit und Personalentwicklung.

All diese Themen sind eng mit den Werten und dem Selbstverständnis der Freien Universität verbunden. Es geht darum, unsere Universität im Kontext ihrer sozialen und globalen Verantwortung weiterzuentwickeln und ihr Profil zu schärfen. Ich bin dafür verantwortlich, die in unseren Strategiepapieren formulierten Werte und Leitbilder in die Praxis umzusetzen und miteinander in Beziehung zu bringen, Blockaden zu erkennen und im Dialog mit der Universität Lösungen zu entwickeln.

Konkrete Vorhaben im Bereich des Internationalen sind dabei die Weiterentwicklung der internationalen Strategie und der Ausbau unserer europäischen Allianz Una Europa genauso wie die Übernahme globaler Verantwortung, etwa im Rahmen unserer Programme für Geflüchtete und verfolgte Wissenschaftler*innen oder der Kooperation mit dem Globalen Süden.

Mit dem Blick in die Universität ist es mir ein Anliegen, die Gemeinschaft zu stärken und Diskriminierung abzubauen, sodass alle Mitglieder der Universität gleichermaßen teilhaben können. Dazu gehört für mich auch eine klare und transparente Kommunikation nach innen wie außen.

Welches dieser Themen werden Sie zuerst angehen?

Verena Blechinger-Talcott: Bei den meisten Themen sind wir bereits aktiv an der Arbeit. Im Bereich Diversity werden wir Anfang 2023 das vom Stifterverband begleitete Audit abschließen und haben somit einen ersten wichtigen Meilenstein erreicht. Der nächste Schritt wird dann sein, ein aktives Beschwerdemanagement aufzubauen, um Diskriminierung an der Freien Universität frühzeitig erkennen und engagiert entgegentreten zu können.

Im Bereich Gleichstellung wollen wir gemeinsam mit den relevanten Akteur*innen an der Freien Universität unsere Strukturen stärken, um Chancengleichheit für Wissenschaftlerinnen zu sichern.

Im Bereich Nachhaltigkeit ist mir die Verankerung von Nachhaltigkeit und Klimaschutz in den Studienprogrammen, aber auch im täglichen Handeln auf dem Campus ein zentrales Anliegen.

Und im Internationalen wird es vorrangig darum gehen, Una Europa zu einem guten Start in die gerade bewilligte zweite Phase der EU-Förderung zu verhelfen und die vielen Möglichkeiten, die dieses Netzwerk Studierenden, Lehrenden, Forschenden und Mitarbeitenden der Universität bietet, noch besser sichtbar zu machen.

Herr Professor Bertram, was ist Ihnen in Ihrer Amtszeit besonders wichtig – welches sind die wichtigsten Vorhaben für Ihren Bereich?

Philosophie-Professor Georg Bertram ist Vizepräsident und seit 2022 Teilprojektleiter in dem von ihm mitbegründeten Sonderforschungsbereich „Intervenierende Künste“.

Philosophie-Professor Georg Bertram ist Vizepräsident und seit 2022 Teilprojektleiter in dem von ihm mitbegründeten Sonderforschungsbereich „Intervenierende Künste“.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Georg Bertram: Als Vizepräsident für Berufungen ist es mir wichtig, die Struktur der Professor*innenschaft an der Freien Universität mit allen Beteiligten so weiterzuentwickeln, dass wir den Kolleg*innen größere Entwicklungsmöglichkeiten an unserer Universität eröffnen.

Dies setzt unter anderem voraus, dass wir die Unterscheidung zwischen W2- und W3-Professuren überdenken, da sie zumindest für W2-Professuren bedeutet, sich nur aufgrund externer Rufe an der Freien Universität verbessern zu können. Es bedeutet auch, dass wir „Tenure Track“ – also die Berufung auf eine Professur auf Zeit mit der Möglichkeit der anschließenden Entfristung – nutzen, um Kolleg*innen in einer frühen Karrierephase an die Freie Universität zu holen und ihnen langfristige Karriereperspektiven zu bieten.

Zudem würde ich gerne Impulse dafür geben, dass wir das Gendergleichgewicht in der Professor*innenschaft weiter verbessern und das Kollegium internationaler sowie diverser aufstellen.

Welches dieser Themen werden Sie zuerst angehen?

Georg Bertram: Die genannten Themen sind alle wichtig und miteinander verbunden, deshalb müssen sie auch in einem zusammenhängenden Prozess angegangen werden. Dafür bedarf es passender Gesprächsformate.

Ich habe bereits ein Treffen mit Vertreter*innen aller Fachbereiche im Rahmen der von uns initiierten „Kleinen Dekanate-Runde“ durchgeführt. Zudem sind wir mit allen Dekanaten über die Berufungsplanung für die Strukturplanstellen, die bis 2029 frei werden, im Austausch – besonders auch mit Blick auf Gendergleichgewicht und Internationalisierung. Als nächstes werden wir mit den Beteiligten über Veränderungsmöglichkeiten bei den Formen der Honorierung und Wertschätzung diskutieren.

Herr Professor Chojnacki, was ist Ihnen für die Amtszeit besonders wichtig – welches sind die wichtigsten Vorhaben für Ihren Bereich?

Politikwissenschaftsprofessor Sven Chojnacki leitet den Arbeitsbereich Friedens- und Konfliktforschung am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft.

Politikwissenschaftsprofessor Sven Chojnacki leitet den Arbeitsbereich Friedens- und Konfliktforschung am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Sven Chojnacki: Studium und Lehre sowie Forschung sind die zentralen Aufgaben, die die Freie Universität für die Gesellschaft erfüllt: Wissen zu vermitteln und Erkenntnis zu fördern, kritisches Denken bei Studierenden auszubilden – das leitet unser Wirken und Handeln. Das Leitbild Studium und Lehre bietet uns hierbei Orientierung und soll in den kommenden Jahren umgesetzt und weiter verankert werden.

Konkrete Handlungsfelder sind etwa die zukunftsfähige Weiterentwicklung des Studienangebots: Die Qualität unserer Forschung muss sich noch deutlicher in unserem Lehrangebot widerspiegeln, das gilt nicht zuletzt auch für die Lehrkräftebildung und die Lehrformate der Freien Universität im Rahmen der Berlin University Alliance, aber auch in Formaten für die Stadtgesellschaft. Konkret bedeutet dies die konzeptionelle Weiterentwicklung des Lehrangebots, aber auch eine bessere Sichtbarkeit und Kommunikation des Guten, das bereits da ist.

Und: Da es die Grundlage von all dem – von Forschung und Lehre – ist, liegt mir persönlich die stärkere Verankerung von guter wissenschaftlicher Praxis sehr am Herzen – nicht zuletzt im Sinne der stärkeren Einbettung wissenschaftsethischer Fragen.

Was wollen Sie noch angehen? Welche Termine stehen an?

Sven Chojnacki: Zu guter Lehre gehören auch didaktische Lehrinnovationen und ein zukunftsfähiges Qualitätsmanagementsystem. Ehrlicherweise muss man aber einräumen: Im Handlungsfeld Studium und Lehre trifft die hohe Motivation der Beteiligten leider stellenweise auf ungünstige Rahmenbedingungen. Daher ist es mir ein großes Anliegen, mit den Mitgliedern der Universität geeignete Anreize für gute Lehre zu schaffen, für bessere Rahmenbedingungen einzutreten und synergiestiftende Vernetzung zu unterstützen, beispielsweise in einem Austausch über Methoden und Ansätze, die sich bewährt haben und über gewonnene Erkenntnisse. Am Ende meiner Amtszeit soll die Freie Universität als Lehr-und-Lern-Community gestärkt sein. Vom 22. bis 25. Mai 2023 wird es daher wieder eine Themenwoche zu Studium und Lehre mit vielfältigen Formaten für Input, Reflexion und Partizipation geben.

Frau Professorin Knaus, was ist Ihnen für die Amtszeit besonders wichtig – welches sind die wichtigsten Vorhaben für Ihren Bereich?

Biochemie-Professorin Petra Knaus ist als Vizepräsidentin zuständig für Forschung, gute wissenschaftliche Praxis in der Forschung und Nachwuchsförderung.

Biochemie-Professorin Petra Knaus ist als Vizepräsidentin zuständig für Forschung, gute wissenschaftliche Praxis in der Forschung und Nachwuchsförderung.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Petra Knaus: Als für Forschung zuständige Vizepräsidentin ist mir die Weiterentwicklung unserer Universität als Exzellenzuniversität ein besonderes Anliegen – sowohl in Hinblick auf die Forschung in Verbünden (Exzellenzcluster, Sonderforschungsbereiche, internationale Kooperationen) als auch darüber hinaus. Zudem möchte ich die für unsere Universität wichtige Zusammenarbeit mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin ausbauen und intensivieren. Wichtig ist dafür auch, die Campus-Entwicklung und die wissenschaftliche Vernetzung unserer Universität, insbesondere hier im Südwesten Berlins, voranzubringen und zu stärken.

Mit einem Schwerpunkt auf dem Thema Gesundheit lässt sich in meinen Augen an unserer Universität ein noch größeres Potenzial entwickeln: Ich denke hier an Mental Health, gesundes Altern, KI und Nachhaltigkeitsforschung – Themen, bei denen wir an der Freien Universität in wegweisende Richtungen gehen können. Auch der Gruppe der Postdocs, ihren Bedarfen und Wünschen hinsichtlich Karrierewege Planung, möchte ich mich eingehend widmen, mit dem klaren Ziel, die Rahmenbedingungen zu verbessern.

Welches dieser Themen werden Sie zuerst angehen?

Petra Knaus: An vielen dieser Themen bin ich und sind wir als Präsidium natürlich schon dran. Aktuell liegt mein besonderer Fokus auf dem laufenden Prozess für die Exzellenzcluster ab dem Jahr 2026. Uns ist wichtig, dass unsere bestehenden Exzellenzcluster, die sich sehr gut entwickelt haben, erfolgreich in eine zweite Phase starten, und auch, dass die neuen Initiativen erfolgreich sind.

Dazu sind wir aktuell in einem intensiven Austausch, bei dem ich die starke Motivation spüre, das gemeinsame Ziel zu erreichen. Geplant sind bereits erste Gespräche, in denen wir prüfen, wie wir das Berliner Hochschulgesetz passend umsetzen können, um die Situation der Postdocs zu verbessern. Ich freue mich darauf. Ich verschaffe mir derzeit einen Überblick darüber, wo welche forschungsstarken Projekte initiiert werden beziehungsweise bereits laufen und wie diese gegebenenfalls in weitere Standortentwicklungen einbezogen werden können.