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In neue Sphären eintauchen

Das erste MINT EC Camp am Fachbereich Physik bot 20 Schüler*innen aus dem In- und Ausland Einblicke in die Forschung und Inspiration für eine berufliche Zukunft in der Physik

20.06.2023

Auch der Besuch eines Reinraums stand für die Teilnehmer*innen des MINT EC Camps auf dem Programm.

Auch der Besuch eines Reinraums stand für die Teilnehmer*innen des MINT EC Camps auf dem Programm.
Bildquelle: Fachbereich Physik

Leif, Paula, Valerie, Tim und Janne sind konzentriert bei der Sache. Die Schüler*innen fertigen im Labor des Physikprofessors Holger Dau Elektrodenfilme an und spalten damit Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff. Wenn die Elektroden mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen gespeist werden, entsteht „grüner Wasserstoff“, der eine wichtige Rolle in der Energieversorgung der Zukunft spielen soll.

Das Physik-Camp von MINT-EC, dem Exzellenz-Netzwerk der naturwissenschaftlich orientierten Schulen in Deutschland und deutschen Schulen im Ausland, ist in vollem Gang. Rund 100 Schüler*innen im Alter von 16 bis 18 Jahren haben sich für das einwöchige Camp an der Freien Universität Berlin beworben, 20 wurden ausgewählt. Die Teilnehmenden kommen aus Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, aber auch von deutschen Schulen in den USA und Ecuador. Junge Frauen und Männer sind zu gleichen Teilen vertreten. Ihre Anreise haben sie selbst organisiert, für das Programm sowie für die Unterbringung und Verpflegung vor Ort sind MINT-EC und der Fachbereich Physik der Freien Universität verantwortlich

In der Laborhalle des Physikprofessors Karsten Heyne ist eine andere Gruppe dabei, unter Anleitung des wissenschaftlichen Mitarbeiters Gerome Weiland ein Spektroskop zu bauen, Haare zu vermessen und die Geschmacksstoffe aus Gummibärchen in Atemgasen zu identifizieren.

Nach dem Mittagessen in der Mensa fahren die Schüler*innen gemeinsam nach Berlin-Adlershof und lernen im Helmholtz-Zentrum Berlin, wie neue Solarzellentechnologien für eine klimafreundliche Energieversorgung entwickelt werden. Klaus Lips, Professor für Experimentalphysik, zeigt ihnen das Synchrotron BESSY II, eine Forschungsanlage, die extrem brillantes Röntgenlicht für die Energie- und Materialforschung erzeugt. „Die Forschenden kommen schnell mit den jungen Leuten ins Gespräch“, berichtet Olga Jarugski, die das Camp-Programm für den Fachbereich organisiert hat. „Die Schüler*innen sind neugierig und gut vorbereitet – sie könnten eigentlich sofort anfangen, bei uns zu studieren.“

Jugendliche für MINT-Ausbildung oder -Studium gewinnen

Dass sich diese Begeisterung für Naturwissenschaften später auf die Berufswahl auswirkt, hofft auch Ulrike Sweetwood, stellvertretende Geschäftsführerin des MINT-EC-Netzwerks, die das Camp begleitet. „Um sie für eine MINT-Ausbildung oder ein Studium zu gewinnen, holen wir Jugendliche aus der Schule und zeigen ihnen, wie toll es ist, in diesen Bereichen zu arbeiten“, erläutert sie.

Mitglieder und Partner des Netzwerks sind Arbeitgeberverbände, Stiftungen, Forschungseinrichtungen, Universitäten und 338 zertifizierte Schulen mit MINT-Schwerpunkt. Das Physik-Camp konnte dank Unterstützung des Fachbereichs Physik der Freien Universität nun zum ersten Mal angeboten werden.

Olga Jarugski hat dafür gesorgt, dass auch übergeordnete Themen wie „Gute wissenschaftliche Praxis“ oder „Frauen in der Physik“ nicht im Programm fehlen. Auf einer Führung durch das Harnack-Haus der Max-Planck-Gesellschaft erfahren die Teilnehmenden außerdem, dass berühmte Physiker*innen, etwa Albert Einstein oder Lise Meitner, einst in Berlin-Dahlem geforscht haben.

Bei aller Begeisterung für optische Mikrophone oder die Theorie der Kinetik biologischer Soft-Matter-Systeme – beides stand am nächsten Tag auf dem Programm – wollen die Jugendlichen aber auch mal abschalten, sich Berlin ansehen und sich untereinander kennenlernen. Deshalb stehen auch eine Stadttour, ein Besuch der East Side Gallery und ein Spieleabend auf dem Programm. „WhatsApp-Gruppen und Freundschaften bleiben oft auch nach der Reise noch bestehen“, sagt Ulrike Sweetwood.

Physik kann begeistern

Auf der Heimfahrt mit der U-Bahn ist die Physik aber doch wieder Thema. Es wird debattiert, ob mittels Infrarotspektroskopie eines Tages Leben im All entdeckt wird. Wenn es gelänge, Aminosäuren, die Bausteine des Lebens, in den Atmosphären-Gasen fremder Planeten nachzuweisen, wäre zumindest eine der Grundvoraussetzungen für extraterrestrisches Leben erfüllt – das haben die Teilnehmenden am Vortag an der Freien Universität in einem Workshop der Arbeitsgruppe von Andreas Elsäßer für experimentelle Biophysik und Weltraumwissenschaften gelernt.

„Innerhalb weniger Tage konnte ich komplett in die Welt der Physik eintauchen und hatte die seltene Chance, in hochmoderne und teils unglaublich große Labore wie BESSY II zu sehen“, fasst Imke Brakebusch nach dem Camp ihre Erlebnisse zusammen. Die Schülerin der Jahrgangsstufe 12 des Wilhelm-Gymnasiums in Braunschweig fand es besonders gut, dass sie nicht nur Promovierenden und Professor*innen zuhören durfte, sondern auch selbst eingebunden war. „Aus dieser Woche habe ich neue Begeisterung für Physik, viel Wissen, schöne Erinnerungen und tolle Kontakte mit nach Hause genommen.“