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„Wie möchte ich leben?“ – die Hochschultage Nachhaltigkeit & Klimaschutz der Freien Universität

Vom 20. bis 22. Juni zeigte die studentische Initiative SUSTAIN IT! mit Aktionen und Workshops einmal mehr, wie nachhaltige Entwicklung auf dem Campus und in ganz Berlin besser gelingen kann

20.07.2023

Philipp und Teresa beantworten am Infostand alle Fragen rund um die Initiative Sustain It! und verschenken Tomatenpflanzen aus dem Uni-Garten.

Philipp und Teresa beantworten am Infostand alle Fragen rund um die Initiative Sustain It! und verschenken Tomatenpflanzen aus dem Uni-Garten.
Bildquelle: Anne Kostrzewa

In den üblichen Mittagstrubel vor der Mensa II in der Otto-von-Simson-Straße mischen sich am 22. Juni 2023 zusätzlich zahlreiche Tische und Infostände. Es ist der letzte von insgesamt drei Hochschultagen der Mitmach- und Vernetzungsinitiative SUSTAIN IT!: „Wir wollen der Angst vor der Klimakrise etwas entgegensetzen und mögliche Antworten auf die Frage geben: Was kann ich tun?“, erklärt Philipp, der im vierten Semester Politikwissenschaft studiert und sich bei Sustain It! engagiert. Neben ihm sitzt Teresa, Biologie-Studentin im sechsten Semester. Beide betreuen an diesem Nachmittag den Infostand der Initiative, an dem nicht nur Flyer verteilt, sondern auch Tomatenpflänzchen verschenkt werden.

Die Botschaft für alle Interessierten: An der Freien Universität wird bereits viel für eine nachhaltige Entwicklung getan – und alle können mithelfen. Auf ihrem „Markt der nachhaltigen Möglichkeiten“ informiert die Initiative über die Vielzahl ihrer eigenen und weiterer Angebote in Berlin.

Wo es summt und brummt: Am Stand des Uni-Gardening zeigt Andrea Richter-Reichhelm Interessierten verschiedene in Berlin heimische Bienenarten.

Wo es summt und brummt: Am Stand des Uni-Gardening zeigt Andrea Richter-Reichhelm Interessierten verschiedene in Berlin heimische Bienenarten.
Bildquelle: Anne Kostrzewa

Das FUdsharing@SUSTAIN IT! beispielsweise: Gerettete Lebensmittel können im Studierendencafé Galilea (über dem Uni-Shop im 1. OG der Silberlaube) abgegeben und kostenfrei mitgenommen werden. Gegenüber liegt die Blätterlaube, der Gemeinschaftsgarten der Freien Universität an der Otto-von-Simson-Straße. Holzstäbe, wie ein Riesen-Mikado, säumen den Eingang. Neben Workshops und Fortbildungen rund um das Thema Biodiversität lädt der Garten auch einfach zum Verweilen und Entspannen ein.

Und auch Mitgärtnern ist über SUSTAIN IT! möglich: Auf dem Gelände des Botanischen Gartens kultiviert das UniGardening@SUSTAIN IT!-Team Obst, Gemüse, Kräuter, Arznei- und Färberpflanzen, imkert und kocht gemeinsam. Den Infostand des Universitätsgartens betreut an diesem Nachmittag Andrea Richter-Reichhelm. Sie ist als Pharmazeutisch-Technische Assistentin in einer Apotheke beschäftigt, dazu begeisterte Imkerin und Hobby-Gärtnerin und engagiert sich in ihrer freien Zeit auch beim UniGardening. Auf Fotos und in kleinen Glasbehältern zeigt sie verschiedene Bienen- und Wespenarten und erklärt, wie man diese im eigenen Garten oder auf dem Balkon schützen kann.

Mitnehmen, was passt: Am Kleidertausch-Stand finden ausgediente Anziehsachen neue Besitzer*innen.

Mitnehmen, was passt: Am Kleidertausch-Stand finden ausgediente Anziehsachen neue Besitzer*innen.
Bildquelle: Anne Kostrzewa

„Insektenhotels sind eine tolle und einfach umsetzbare Möglichkeit, bedrohten Insektenarten Unterschlupf zu bieten“, sagt Andrea Richter-Reichhelm. „Ganz wichtig dabei ist aber, dass die Löcher sauber gebohrt werden, damit die Insekten ihre feinen Flügel nicht verletzen.“ Und noch einen Tipp hat sie: Wer Bienen und Co. helfen möchte, sollte Kräuter auch mal blühen lassen und eher Wildblumen statt gefüllter Blumen pflanzen, weil so ein pollenreiches Insektenbuffet entstehe.

Am Tisch nebenan können Interessierte Kräutersalz herstellen. In Schraubgläsern und Vorratsdosen steht eine Vielzahl getrockneter Kräuter zum individuellen Vermischen mit Meersalz zur Verfügung – und alle sind im Unigarten ökologisch gewachsen.

Wer selbst aktiv werden möchte, kann sich an zahlreichen Ständen Inspirationen holen: Wie wäre es mit Origami aus nicht mehr gebrauchten Büchern? Mit essbaren Blüten? Einer selbst gebauten Wurmkiste, die Küchenabfälle in Erde umwandelt?

Reparieren statt neu kaufen: Politikstudentin Anthea schraubt mit Jeremias am Stand von FURad an ihrem Fahrrad.

Reparieren statt neu kaufen: Politikstudentin Anthea schraubt mit Jeremias am Stand von FURad an ihrem Fahrrad.
Bildquelle: Anne Kostrzewa

Das Fahrrad reparieren lernen, können nicht nur Studierende am Stand von FURad. Gerade ist Antheas Rad in die Halterung eingespannt. Samuel und Jeremias von FURad schrauben am Rad der Politikwissenschaftsstudentin herum, erklären viel und lassen sie selbst mithelfen. Samuel hat seinen Bachelor in Physik an der Freien Universität abgeschlossen, ist aber weiter in der Fahrradwerkstatt aktiv: „Alles, was man selbst reparieren kann, spart Geld und Ressourcen.“

Politikstudent Philipp und Biologiestudentin Teresa kommen gerade von einer Mensatour zurück. Dort hat der Leiter Thomas Jarocki erläutert, wie die nachhaltige Großküche des Studierendenwerks funktioniert und hat Einblicke hinter die Kulissen gewährt. „Ich war positiv überrascht“, sagt Teresa. „Etwa davon, dass hier alles selbst gekocht wird. Das hatte ich mir gewünscht, aber nicht erwartet.“ Philipp ergänzt: „Sogar die Nudeln werden selbst hergestellt, und alle Gewürze sind bio.“ Er meint: „So kann ich an der Uni mit gutem Gefühl essen gehen und weiß, dass es gesund ist, auch wenn ich nicht selber koche.“

Selbst gekocht, noch dazu aus geretteten Lebensmitteln, wird auf einer kleinen Elektro-Kochplatte in einem rot angemalten Pavillon einige Meter weiter. Auf Sofas und in Liegestühlen sitzen Studierende dort zusammen und trinken Kaffee aus Thermoskannen. Ein stetes Kommen und Gehen, alle kennen sich. Die „Changemaker Projektwerkstatt“ findet im ABV-Bereich „Nachhaltigkeit konkret gestalten“ statt.

Marshall, Laurenz und Maxi (v. l.) begegnen Sorgen um den Klimakollaps mit Kaffee und Gesprächen in der „Gemütlichen Zukunft/Vulva“.

Marshall, Laurenz und Maxi (v. l.) begegnen Sorgen um den Klimakollaps mit Kaffee und Gesprächen in der „Gemütlichen Zukunft/Vulva“.
Bildquelle: Anne Kostrzewa

Die Station heißt „Gemütliche Zukunft/Vulva“. „Hier können alle über alles reden, umsonst etwas essen, sich ausruhen“, sagt Marshall, sechstes Semester Chinastudien. Viele kämen mit Klimaängsten, mit der Frage, was sie selbst tun könnten, um der Erde zu helfen. „Hinter allem stehen die Fragen: Wie möchte ich leben? Wie ginge es besser?“, sagt Marshall. Aus Marshalls Sicht sei „Klimaaktivismus divers und nichts ist dabei wichtiger als das andere. Man muss zusammenarbeiten, um etwas zu verändern.“

Mit dabei sitzt Maxi, der im sechsten Semester BWL studiert. Er sagt: „Klimaschutz fängt beim Individuum an, aber es muss eben auch bezahlbare Alternativen geben, um etwas besser zu machen, also ist die Politik ebenso gefragt.“ Marshall ergänzt: „Unsere Sicht auf die Dinge muss sich ändern. Statussymbole dürfen nicht mehr große Autos sein, sondern zum Beispiel ein gesunder Wald.“

Im „Mitmachlabor Apfelwiese“ werden Klimaresilienz und Biodiversität erforscht – und damit Blaupausen für andere Grünflächen auf dem Campus und in ganz Berlin erarbeitet.

Im „Mitmachlabor Apfelwiese“ werden Klimaresilienz und Biodiversität erforscht – und damit Blaupausen für andere Grünflächen auf dem Campus und in ganz Berlin erarbeitet.
Bildquelle: Anne Kostrzewa

Wie wertvoll gesunde Bäume sind, wird am anderen Ende des Marktes klar. Hinter einem Kleidertausch-Stand und einer Station mit selbstgemachten veganen Brotaufstrichen, direkt an der vielbefahrenen Thielallee, befindet sich das „Mitmachlabor: Wir retten die Apfelwiese“, ein Forschungsseminar im ABV Bereich „Nachhaltigkeit erforschen“.

Alle Apfelbäume dort haben Namen, auf ihnen umgehängten Schildern erzählen sie ihre Geschichte. „Rosa“ geht es vergleichsweise gut. Der Apfelbaum steht windgeschützt, der Boden um den Stamm ist nicht allzu festgetreten. Baum „Oliver“, zwischen „Brandon“ und „Waldemar“, ist von einer Flechte befallen, sein Stamm ist rostrot verfärbt. „Liliane“ wächst ganz schräg. Neben allen Bäumen stehen große orangefarbene Gießkannen, um ihnen im heißen und trockenen Sommer eine Erfrischung zu gönnen.

Denn auch das kann eine von vielen Antworten auf die Frage sein, wie man leben möchte: wertschätzend im Umgang mit der Natur.