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Pride Month: Die Freie Universität Berlin zeigt Flagge

1./2. Juli: Tagung „Queer Contemporary Histories. International and intersectional Perspectives”. Außerdem: Wie sich das Queer Staff Network engagiert

25.06.2024

Zeichen für Diversität und die Akzeptanz von Personen der LGBTINQA++ Community. Die Fahne wird während des Pride Month wieder auf dem Campus der Freien Universität wehen. Das Bild zeigt sie im vergangenen Jahr.

Zeichen für Diversität und die Akzeptanz von Personen der LGBTINQA++ Community. Die Fahne wird während des Pride Month wieder auf dem Campus der Freien Universität wehen. Das Bild zeigt sie im vergangenen Jahr.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Mit dem Hissen der Regenbogenfahne und mit einer Tagung zu queerer Geschichte beteiligt sich die Freie Universität Berlin im Juli am Pride Month. Die Beflaggung auf dem Campus hat schon Tradition, die Initiative, die Fahne diesmal im Rahmen der Tagung zu hissen, kam von Martin Lücke, Professor für Geschichtsdidaktik an der Freien Universität.

Die Regenbogenfahne, die für Diversität und die Akzeptanz von Personen der LGBTINQA++ Community steht und im Juli wieder auf dem Campus in Dahlem weht, soll deutlich machen: An der Freien Universität Berlin sind alle Studierenden und Beschäftigten willkommen – unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität. Am 2. Juli wird die Flagge feierlich von Universitätspräsident Professor Günter M. Ziegler und der für das Thema Diversity zuständigen Ersten Vizepräsidentin der Hochschule, Professorin Verena Blechinger-Talcott, vor dem Henry-Ford-Bau gehisst werden. Die Freie Universität Berlin beteiligt sich damit am diesjährigen Pride Month. Die Fahne wird gehisst im Rahmen einer zweitägigen Tagung zur queeren Geschichte, die allen Interessierten offensteht.
Professorin Verena Blechinger-Talcott ist Erste Vizepräsidentin der Freien Universität und für das Thema Diversity zuständig.

Professorin Verena Blechinger-Talcott ist Erste Vizepräsidentin der Freien Universität und für das Thema Diversity zuständig.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

„Vielfalt und Toleranz sind Werte, denen sich die Freie Universität Berlin nicht nur während des Pride Month verpflichtet fühlt“, sagt Verena Blechinger-Talcott. „Wir begrüßen auf unserem Campus Studierende und Beschäftigte aller Geschlechter und wollen für alle Universitätsangehörigen ein offenes, wertschätzendes und sicheres Umfeld zum Lernen, Lehren und Arbeiten schaffen und bewahren.“

Eine informelle Anlaufstelle für queere Beschäftigte der Universität ist das Queer Staff Network. Es setzt sich für mehr Sichtbarkeit der LGBTINQA++ Community auf dem Campus ein. Neben der im vergangenen Jahr eingerichteten, inhaltlich breit aufgestellten Stabsstelle Diversity und Antidiskriminierung tritt das Netzwerk für eine offene und sichere Universität ein, indem es allen Beschäftigten der Freien Universität, die sich als queer identifizieren, einen inoffiziellen Austausch, das Teilen von Erfahrungen und gemeinsame Aktivitäten ermöglicht.

Dr. Japhet Johnstone, Leiter des Zentralen Übersetzungsbüros in der Stabsstelle Kommunikation und Marketing der Freien Universität Berlin.

Dr. Japhet Johnstone, Leiter des Zentralen Übersetzungsbüros in der Stabsstelle Kommunikation und Marketing der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Ein Ziel sei es zudem, „für mehr Sichtbarkeit einer unterrepräsentierten Gruppe zu sorgen“, erklärt Japhet Johnstone, der im Zentralen Übersetzungsbüro der Freien Universität, einem Referat der Stabsstelle Kommunikation und Marketing, arbeitet und sich im Queer Staff Network als Ko-Koordinator engagiert. Er ist bereits seit der Eröffnung des Netzwerks im November 2022 dabei und sagt: „Ich bin in der privilegierten Position, am Arbeitsplatz ganz selbstverständlich „out“ sein zu können, aber mir ist klar, dass viele diese Chance nicht haben. Als Ko-Koordinator versuche ich, dieses Privileg weiterzugeben, damit mehr Kolleg*innen an der Freien Universität sich trauen, sich am Arbeitsplatz zu outen.“

Matthew Emery, Lektor im Sprachbereich Englisch der Zentraleinrichtung Sprachenzentrum.

Matthew Emery, Lektor im Sprachbereich Englisch der Zentraleinrichtung Sprachenzentrum.
Bildquelle: Privat

Matt Emery nickt. Er ist Lehrkraft für besondere Aufgaben für Englisch am Sprachenzentrum und ebenfalls Mitglied im Queer Staff Network. „Ich habe schon an vier Universitäten gearbeitet, aber die Freie Universität ist die einzige, die nicht nur queeren Studierenden eine Anlaufstelle bietet, sondern auch Angestellten diesen Austausch ermöglicht“, sagt Emery. „Das ist schön und sehr besonders.“

Sein Kollege Darren Paul Foster, ebenfalls Lehrkraft für besondere Aufgaben für Englisch am Sprachenzentrum der Freien Universität, empfindet das Netzwerk als „bereichernd“: „Im Arbeitsalltag ist es schwierig, sich über queere Themen auszutauschen, deshalb ist das Netzwerk ein wertvoller Ort für mich.“ Er betont aber auch: „Am Sprachenzentrum sind die Studierenden dem Thema gegenüber insgesamt sehr aufgeschlossen. Sie öffnen sich uns Lehrkräften gegenüber auch zunehmend mehr, wenn wir zu Beginn der Kurse anbieten, uns oder der Gruppe die eigenen Pronomen mitzuteilen.“

Dr. Darren Paul Foster, Lektor am Sprachbereich Englisch der Zentraleinrichtung Sprachenzentrum.

Dr. Darren Paul Foster, Lektor am Sprachbereich Englisch der Zentraleinrichtung Sprachenzentrum.
Bildquelle: Privat

Für Darren Paul Foster zeigt diese Erfahrung, dass immer mehr Universitätsangehörige sich an der Hochschule sicher genug fühlten, sich Studierenden, Lehrkräften und Kolleg*innen gegenüber offen zu ihrer Geschlechtsidentität zu bekennen. Er wirft aber auch die Frage in den Raum, ob dies schon für alle Universitätsbereiche gleichermaßen gelte: „Ans Sprachenzentrum kommen vor allem Studierende aus den Geistes- und Sozialwissenschaften, die sich auch in anderen Kursen häufiger mit der Genderthematik auseinandersetzen und deshalb sicher mehr dafür sensibilisiert sind als Studierende anderer Fachbereiche“, sagt Darren Paul Foster.

Kristina Lewandowski, Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Strafrechtsprofessorin Dr. Kirstin Drenkhahn.

Kristina Lewandowski, Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Strafrechtsprofessorin Dr. Kirstin Drenkhahn.
Bildquelle: Nigar Asadullayeva

Kristina Lewandowski ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Rechtswissenschaft und ebenfalls im Queer Staff Network. Sie sagt: „Es hilft, sich mit anderen über den Alltag als queere Person auszutauschen, mit Menschen, die im Alltag mit den gleichen Schwierigkeiten kämpfen.“ In bestimmten Fachbereichen erfahre sie weniger Akzeptanz als in anderen, sagt Kristina Lewandowski, wobei das meist einzelne Menschen betreffe und weniger ganze Institute. Auch gebe es im Netzwerk Beschäftigte, die zwar beim Stammtisch offen über ihr Privatleben sprächen, sich aber im Arbeitsumfeld aus Sorge vor negativen Reaktionen noch nicht geoutet hätten. „Insgesamt erlebe ich den Campus aber als willkommen heißend“, sagt Lewandowski.

Prof. Dr. Martin Lücke, Geschichtsdidaktiker am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin.

Prof. Dr. Martin Lücke, Geschichtsdidaktiker am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: Freie Universität Berlin

Akzeptanz, Unterstützung, Sichtbarkeit

Das sagt auch Martin Lücke. Er ist Professor für Geschichtsdidaktik am Friedrich-Meinecke-Institut und forscht zu queerer Geschichte. Lücke ist einer der Organisatoren der Tagung „Queer Contemporary Histories. International and intersectional Perspectives“, die am 1. und 2. Juli 2024 auf dem Dahlemer Campus stattfinden wird. Martin Lücke sagt: „Queere Themen finden auch im Präsidium Zustimmung, und wir bekommen für Projektideen wie unsere Tagung fast immer positives Feedback.“ Auch in der Studierendenschaft müsse er, anders als noch vor zehn Jahren, niemanden von der Relevanz pluraler Geschlechteridentitäten überzeugen, etwa wenn es um das Thema einer Abschlussarbeit gehe.

Die Förderlandschaft sei dem Thema gegenüber ebenfalls recht aufgeschlossen, Drittmittelförderungen für queere Projekte gebe es mittlerweile einige. Die Tagung zum Beispiel wird durch das DFG-Forschungsnetzwerk „Queere Zeitgeschichten“ gefördert, das Martin Lücke gemeinsam mit den Historiker*innen Andrea Rottmann (FU Berlin) und Benno Gammerl (Europäisches Hochschulinstitut Florenz) koordiniert.

Tagung „Queer Contemporary Histories. International and intersectional Perspectives“

„Was ich mir langfristig wünsche, ist eine Verstetigung und Institutionalisierung queerer Forschung, um langfristig ohne die Abhängigkeit von Drittmitteln forschen und lehren zu können“, sagt Geschichtsdidaktiker Martin Lücke. Denn so könne das Thema auch in der Öffentlichkeit sichtbarer gemacht werden: „Menschen für Queerness zu sensibilisieren ist immer noch eine gesellschaftliche Herausforderung.“

Die Tagung „Queer Contemporary Histories. International and intersectional Perspectives” soll dazu einen Beitrag leisten. Mit fünf Panels will sie in zwei Tagen alle Interessierten in einen Dialog bringen, auf gegenwärtig virulente Forschungsthemen queerer Geschichte aufmerksam machen und auf diese Weise auch für mehr Verständnis für die Vielfalt der Geschlechter in unserer Gegenwart werben.

Am ersten Tag behandeln die Podien queere Kunst, Kriminalisierung und Pathologisierung im zeithistorischen Ägypten, in der Ukraine der Sowjetzeit und in Nachkriegsdeutschland sowie queere Bündnisse im New York der 1990er Jahre, die Geschichte männlicher Sexarbeiter sowie Menschenrechtspolitik und Gesundheitsaktivismus in den 1980er und 90er Jahren. Die Keynote wird die Historikerin Tiffany N. Florvil von der University of New Mexico in Albuquerque zum Thema „From San Francisco to Berlin: Transnational Black Queer Connections” halten.

Tag zwei umfasst die Panels „Memory and Public History“ sowie „Klasse“, nachmittags wird die Regenbogenfahne gehisst. Abschließend gibt es eine Podiumsdiskussion zum Thema „How bright or bleak are the histories and future prospects of queer topics in research and education?" mit Esther Newton, der Begründerin und prominenten Kulturanthropologin der LGBTQ-Forschung, sowie Mike Laufenberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter für Politische Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, und Tiffany N. Florvil.

Japhet Johnstone, Kristina Lewandowski, Darren Paul Foster und Matt Emery vom Queer Staff Network sehen der Tagung und dem Hissen der Fahne mit Vorfreude entgegen. Zum monatlichen Stammtisch des Queer Staff Networks kämen meist zwischen fünf und zwanzig Menschen, sagen Japhet Johnstone und Kristina Lewandowski. Für sie alle sei es ein wichtiges Zeichen, die Regenbogenflagge im Juli an der Universität wehen zu sehen.

Darren Paul Foster sagt: „Mir gibt es das Gefühl, ernst genommen zu werden.“

Kristina Lewandowski sagt: „Am Arbeitsort hat die Regenbogenflagge noch eine andere Dimension als beispielsweise vor einem Supermarkt. Jeden Tag hierherzukommen und zu spüren: Ich bin hier gewollt und akzeptiert, hat auf mich eine sehr positive Wirkung.“

Japhet Johnstone sagt: „Die Regenbogenfahne zeigt, dass die Universität ein offener Ort ist, und das ist ein super Gefühl.“

Weitere Informationen

Tagung

Die Tagung „Queer Contemporary Histories. International and intersectional Perspectives“ findet am

  • 1. Juli 2024 (9 bis 20 Uhr) und am 2. Juli 2024 (10 bis 18.30 Uhr) im Henry-Ford-Bau (Garystraße 35, 14195 Berlin) statt. 
  • Der Eintritt ist frei um Anmeldung wird gebeten: j.reimann@fu-berlin.de

Film

Als Vorprogramm wird der Film „Esther Newton Made Me Gay“

  • am 30. Juni 2024 ab 16 Uhr im Kino Central gezeigt (Rosenthaler Straße 39, 10178 Berlin). 
  • Die Kulturanthropologin und Begründerin der Queer Studies Esther Newton soll im Anschluss im Video-Call für Fragen zur Verfügung stehen

Hissen der Regenbogenfahne

Universitätspräsident Günter M. Ziegler und Erste Vizepräsidentin Verena Blechinger-Talcott hissen

  • am 2. Juli 2024 um 15.45 Uhr die Regenbogenfahne vor dem Henry-Ford-Bau (Garystraße 35)
  • Anschließend gibt es einen kleinen Empfang