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Über den Renaissance-Gelehrten Pico della Mirandola und das Fingerwachstum bei Säugetieren

Biologe und Judaistin der Freien Universität erhalten den Tiburtius-Anerkennungspreis für ihre Dissertation

13.12.2010

Die Judaistin Annett Martini widmete sich in ihrer Doktorarbeit dem Thema der „Kabbalistischen Bibliothek des Renaissance-Gelehrten Pico della Mirandola“.

Die Judaistin Annett Martini widmete sich in ihrer Doktorarbeit dem Thema der „Kabbalistischen Bibliothek des Renaissance-Gelehrten Pico della Mirandola“.
Bildquelle: Privat

Welche genetischen und molekularen Mechanismen das Wachstum von Fingern bei Säugetieren beeinflussen, analysierte der Biologe Florian Witte.

Welche genetischen und molekularen Mechanismen das Wachstum von Fingern bei Säugetieren beeinflussen, analysierte der Biologe Florian Witte.
Bildquelle: MPI / Ullrich

Welche genetischen und molekularen Fehlinformationen sind verantwortlich dafür, dass Embryonen in seltenen Fällen verkürzte Finger ausbilden? Wie ist die kabbalistische Bibliothek des Renaissance-Gelehrten Pico della Mirandola kulturhistorisch einzuordnen? Der Biologe Florian Witte und die Judaistin Annett Martini erhalten heute für ihre Dissertationen den Tiburtius-Anerkennungspreis.

Es war einiges an Pionier- und Vorarbeit zu leisten, bevor sich Annett Martini dem eigentlichen Thema ihrer Doktorarbeit widmen konnte: der „Kabbalistischen Bibliothek des Renaissance-Gelehrten Pico della Mirandola“. Zunächst einmal gab sie eine kritische Edition der sprachmystischen Schrift Sefer ha-niqqud des spanischen Kabbalisten Josef Gikatilla heraus – und zwar in zwei Versionen: in der ursprünglichen hebräischen Fassung und in der lateinischen Übersetzung des zum Christentum konvertierten Juden Flavius Mithridates.

Buch der Vokale

Die lateinische Übersetzung wiederum übertrug die Judaistin ins Englische: „Die kritische Edition des „Buches der Vokale“ macht zum ersten Mal diesen wichtigen Text des einflussreichen spanischen Kabbalisten Gikatilla zugänglich. Dafür war es nötig, aus den unterschiedlichen überlieferten Varianten eine Fassung zu erarbeiten, die dem Original möglichst nahe kommt. Die in der Vatikanischen Bibliothek aufbewahrte Handschrift der lateinischen Übersetzung wiederum gibt Aufschluss darüber, wie dieser mittelalterliche Text in der sogenannten „christlichen Kabbala“ in der Renaissance rezipiert wurde“, sagt Annett Martini.

Der italienische Humanist Pico della Mirandola war der erste christliche Gelehrte, der hebräische Literatur in diesem Umfang in sein Gedankengebäude aufgenommen hat. Die 40jährige Judaistin legt mit Ihrer Arbeit den Grundstein für einen differenzierteren Blick sowohl auf die Entwicklung der frühen jüdischen Mystik im mittelalterlichen Spanien als auch auf die Entstehung der christlichen Kabbala.

Grundlage für weitere Forschung in der Knochen- und Knorpelentwicklung

Der Biologe Florian Witte analysierte in seiner Doktorarbeit, welche genetischen und molekularen Mechanismen das Wachstum von Fingern bei Säugetieren beeinflussen. Anhand sogenannter Mausmodelle untersuchte er die Entstehung von  Fehlbildungen und konnte schließlich ein Signalzentrum an der Spitze eines auswachsenden Fingers des Mausembryos identifizieren: „Die zeitlich und räumlich exakte Steuerung dieses Signalzentrums ist wichtig für das Längenwachstum eines Fingers. Abweichungen in beteiligten Komponenten können in erblichen Verkürzungen der Finger resultieren“, sagt Florian Witte.

Das Ergebnis der Arbeit des 31-jährigen Biologen wird Grundlage sein für weiterführende Studien im Bereich der Knochen- und Knorpelentwicklung.

Tiburtius-Preis

Der Tiburtius-Preis wird jährlich von der Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten der Berliner Hochschulen für herausragende Abschluss- und Promotionsarbeiten verliehen. Mit ihm wird an den ehemaligen, von 1951 bis 1963 amtierenden, Berliner Bildungs- und Wirtschaftsenator Joachim Tiburtius erinnert.

In diesem Jahr werden Preise für drei Abschlussarbeiten, drei Dissertationen, sowie drei Anerkennungspreise vergeben. Der heutige Festakt findet in den Räumen des Exzellenzclusters TOPOI, in der Hittorfstraße 18, statt. Die Preise werden durch den Präsidenten der Freien Universität, Professor Peter-André Alt, verliehen, der zurzeit den Vorsitz der Berliner Landeskonferenz der Präsidenten und Rektoren (LKRP) innehat.