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Smart im Alter

Life Science Day am 15. Oktober an der Freien Universität / Ein Gespräch mit Psychiatrieprofessorin Isabella Heuser über die Herausforderungen in der Altersmedizin

13.10.2015

Alt werden und dabei gesund bleiben - das wünscht sich wohl jeder. Um die besonderen Herausforderungen der Altersmedizin geht es beim diesjährigen Life Science Day am 15. Oktober an der Freien Universität.

Alt werden und dabei gesund bleiben - das wünscht sich wohl jeder. Um die besonderen Herausforderungen der Altersmedizin geht es beim diesjährigen Life Science Day am 15. Oktober an der Freien Universität.
Bildquelle: hotblack-morguefile

Professorin Isabella Heuser ist Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité - Universitätsmedizin Berlin.

Professorin Isabella Heuser ist Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité - Universitätsmedizin Berlin.
Bildquelle: Charles Yunck

Menschen werden heute so alt wie nie zuvor. Und das auf gesündere Weise als früher. So weit, so gut. Für die Medizin birgt diese Entwicklung große Herausforderungen. Deshalb steht der Life Science Day, der wieder an der Freien Universität stattfindet, in diesem Jahr unter der Überschrift „Zukunft Altersmedizin“. Welche psychiatrischen Aspekte eine Rolle spielen, weiß Isabella Heuser, Professorin an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Die Psychiaterin ist Direktorin der dortigen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie und spricht auf der Fachtagung im Henry-Ford-Bau über Alterskrankheiten, Therapiemöglichkeiten und technische Entwicklungen.

Frau Professorin Heuser, Sie sprechen über die Herausforderungen der Altersmedizin aus Sicht der Psychiaterin. Worum wird es in Ihrem Vortrag gehen?

Hauptsächlich um die neurodegenerativen Erkrankungen des Gehirns, die häufigste ist die Alzheimer-Demenz. Aber auch Depressionen und Angsterkrankungen stehen im Fokus. Diese zeigen sich bei Älteren schon rein phänomenologisch anders als bei Menschen im jüngeren und mittleren Lebensabschnitt. Wenn Ältere über körperliche Symptome klagen, stellt sich häufig heraus, dass eine depressive Erkrankung dahinter steckt.

Gerade in der Psychiatrie nehmen sogenannte delirante Syndrome zu. Das heißt, dass alte Menschen wegen einer akuten Verwirrtheit in die Erste Hilfe gebracht werden. Diese Verwirrtheit kann im Sommer daran liegen, dass nicht ausreichend getrunken wurde und die Patienten quasi „austrocknen“, oder ganz grundsätzlich daran, dass sie viele Medikamente gleichzeitig nehmen. Ich plädiere dafür, spezielle Delir-Stationen einzurichten mit entsprechend ausgebildeten Ärzten und Pflegern, die im Umgang mit verwirrten Patienten besser geschult sind als es in der allgemeinen Notaufnahme der Fall ist.

Dass Krankheiten wie Demenz insgesamt zunehmen, verändert die Gesellschaft. Wie kann man darauf reagieren?

Der Anteil der über 80-Jährigen in der Bevölkerung wächst deutlich, darauf muss unser Gesundheitssystem reagieren. Eines der Probleme im Alter ist, dass man immer weniger mobil ist, vor allem außerhalb des Hauses. Gleichzeitig machen Ärzte seltener Hausbesuche. Da helfen technologische Innovationen: In Smart Homes – also Wohnungen, in denen Küchengeräte und andere Einrichtungsgegenstände mit dem Internet verbunden sind und intelligent reagieren – können Patienten aus der Ferne betreut werden. Sogenannte Wearables, also am Körper befindliche Messstationen (Armbänder, Brustgurte, Stirnbänder, vernetzte T-Shirts), sind ebenfalls wichtig. Bislang statten sich vornehmlich Jüngere damit aus – beim Sport oder aus einem Selbstoptimierungswunsch heraus. Wir müssen aber auch Ältere und Alte an elektronische Medien und diese Technologien heranführen.

Was kann eine Veranstaltung wie der Life Science Day hier leisten?

Um Ideen wie die von Delir-Stationen und Wearables umzusetzen, braucht es eine entsprechende technische Ausstattung – es geht also vor allem um die Frage: Wie lässt sich das machen? Dafür müssen geeignete digitale Tools entwickelt werden. Beim Life Science Day kommen alle wichtigen Akteure zusammen: Ärzte und Pfleger, Erfinder und Techniker. Ich verspreche mir, dass wir uns gegenseitig anregen können.

Vielen macht die Aussicht, alt zu werden und krank, Angst. Gibt es auch Entwicklungen, die Mut machen?

Grundsätzlich werden wir heute älter und das auf gesündere Weise als früher. Krankheiten, die einmal tödlich waren, kriegen wir heute in den Griff – und das bei guter Lebensqualität für den Patienten. Das ist natürlich positiv. Das muss aber letztlich auch zu einem Umdenken bei Politikern führen: Wenn sie wollen – natürlich nur dann –, sollten Menschen im Pensionsalter nicht in die Rente gezwungen werden, sondern weiterarbeiten dürfen. Früher mag man mit 65 Jahren ausgelaugt gewesen sein. Heute sind viele in dem Alter in der Lage und motiviert, weiterzuarbeiten. Das zeigt, wie viel die Medizin erreicht hat.

Die Fragen stellte Jonas Huggins