Wissen ist Macht
Umweltpolitologin Lena Partzsch, Freie Universität
04.04.2025
Unabhängige Wissenschaft ist unverzichtbar für die Demokratie. Trotz mehr als drei Jahrzehnten internationaler Klimapolitik hat die Menschheit bereits die planetare Grenze überschritten, und die weltweiten Treibhausgasemissionen steigen weiter an. In einer zunehmend polarisierten Gesellschaft fordern Aktivist*innen die Regierungen daher auf, „die Wahrheit zu sagen“ und vorherrschende (falsche) Erzählungen „richtig“ zu stellen. Gleichzeitig wird der Klimawandel insbesondere im rechten Parteienspektrum geleugnet. Die (Politik-)Wissenschaft muss den schwierigen Spagat hinbekommen, sich nicht vereinnahmen zu lassen und dennoch vorhandene Beobachtungen und Argumente ernst zu nehmen.
In autoritären Staaten dient Wissen in Form simpler Narrative den Eliten zur Manipulation und Ausübung von Macht über die Bürger*innen. Wer nicht einverstanden ist, sagt einfach etwas „Falsches“. Dies gilt nicht nur für Fakten, sondern auch für die Wahl politischer Maßnahmen – von Glühbirnen über Ernährungsweisen bis hin zur Geburtenkontrolle. Es wird als „egoistisch“ konstruiert, wenn Einzelne die Kosten und den Nutzen des Gehorsams für sich abwägen. In der Demokratie dagegen sind Wissensansprüche nicht binär im Sinne von „entweder/oder“. Überzeugungen konkurrieren in einer pluralistischen Gesellschaft miteinander, um Macht für ein gemeinsames Ziel wie den Klimaschutz auszuüben, so variieren beispielsweise Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen von Land zu Land.
Auch die Forschungs- und Bildungspolitik trägt zur Polarisierung der Klimadebatte bei. Bisher wird das Thema vor allem aus der Perspektive der Naturwissenschaften und Technik betrachtet, während die Wirtschaftswissenschaften den gesellschaftlichen Diskurs dominieren. Doch mehr Daten, bessere Modelle und genauere Informationen haben nicht dazu geführt, dass wir die notwendigen Veränderungen erreichen, um innerhalb der ökologischen Grenzen des Planeten zu bleiben. Wissen ist immer auch eine Machtfrage. Wenn vereinfacht oder polarisiert wird, kommt das partikularen Interessen zugute. Gefährlich wird es, wenn Wissen als absolut wahr angesehen und nicht mehr hinterfragt wird. Diese Zusammenhänge besser zu verstehen, ist Aufgabe der Gesellschaftswissenschaften. Sie sind daher essenziell für die Demokratie.