Förderung für Legastheniker
Zentrum an der Freien Universität betreut lese- und rechtschreibschwache Kinder und Erwachsene
16.12.2008
Vier bis acht Prozent der deutschen Kinder und Erwachsenen leiden unter einer Lese- und bzw. oder Rechtschreibschwäche. „Die Dunkelziffer dürfte bei den Erwachsenen erheblich höher sein als bei den Kindern“, schätzt Verena Thaler. Im Zentrum für Förderung und Beratung (ZFB) an der Freien Universität betreut die Wissenschaftlerin Legastheniker.
15 Legastheniker konnten seit dem vergangenen Jahr abschließend therapiert werden. Derzeit werden zehn Kinder und Erwachsene zwischen acht und 31 Jahren im Förderungszentrum betreut. Der Förderunterricht findet in der Habelschwerdter Allee 45 statt, in einem kleinen Büro am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie.
Spielerisch schreiben lernen
Eines der jüngsten Förderkinder ist Anton. Anton ist acht Jahre alt und ist heute zum 8. Mal im Förderunterricht. Gleich als er zur Tür hereinkommt, rückt er mit dem Lesemaskottchen „Gucko“ ein Feld weiter auf einem Papier-Pfad. Auf einer bunten Wegstrecke kann er jetzt abzählen, wie oft er schon da war, und wie oft er noch kommen darf.
Heute lernt Anton etwas über die Laute „St“ und „Sp“. „Auch wenn man bei „Stecker“ oder „Sport“ ein „Sch“ spricht, schreibt man im Deutschen keines der Wörter „Scht“ oder „Schp“, erklärt ihm Verena Engl. Sie zeigt dem Jungen Karten mit bunten Bildern, und Anton muss blitzschnell entscheiden, wie er welches Bild in Schriftsprache umsetzt. Bei einer Karte mit einem Spiegel drauf gerät Anton ins Stocken: „Schpiegel“, schreibt er, denkt aber dann an die neue Regel und korrigiert sich selbst.
Verhaltensauffälligkeiten als Folge von Legasthenie
„Legastheniker tun sich oft schwer damit, das, was sie hören, in Schriftsprache umzusetzen“, erklärt Verena Thaler, „deshalb werden die gleichen Wörter innerhalb eines Textes manchmal unterschiedlich falsch geschrieben.“ Wer unter Legasthenie leidet, hat oft auch Probleme in der Schule. „Manchmal gibt es Verhaltensauffälligkeiten, die aus der Legasthenie resultieren, deshalb bieten wir nicht nur eine klassische Lese- und bzw. oder Rechtschreibtherapie an, sondern berücksichtigen auch psychotherapeutische Aspekte.“
Vor Beginn jeder Therapie wird eine Diagnose erstellt und auf deren Basis ein individueller Plan zur Förderung ausgearbeitet. Nach jeder Sitzung bekommen Kinder und Erwachsene kleine Hausaufgaben. Je nach Schweregrad der Lese- und bzw. oder Rechtschreibstörung ist eine Förderung nach 30 bis 70 Stunden beendet. Nach Abschluss der Sitzungen wird erneut eine Diagnose erstellt, die mit den Eingangsbefunden verglichen wird. So kann der Fortschritt jedes Schülers festgestellt werden.
„Eine Heilung kann die Therapie zwar nicht versprechen, dafür aber eine deutliche Verbesserung“, sagt Verena Thaler. Bei allen Schülern hätte man bisher positive Ergebnisse erzielt.